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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Frank
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    Die Tage nach der Schreckensnachricht blieben blaß und leer in Davids Erinnerung. Das Unfaßbare wurde langsam Wirklichkeit, der man nicht entgehen konnte. Einzelheiten von der Todesfahrt, von der Beisetzung in dem kleinen böhmischen Städtchen teilte Davids Hamburger Onkel mit. Dieser war älter als Davids Vater und lebte als Junggeselle zurückgezogen mit seinen Büchern von den Einkünften eines Gutes bei Bremerhaven.
    Er erklärte sich bereit, das Haus und Grundstück in Stade zu vermieten, auf die Einhaltung der Verträge zu achten und außerdem alle Pflichten eines Nachlaßverwalters zu erfüllen. Er ließ auch Mitgefühl für David erkennen, der nun sein einziger Blutsverwandter war.
    Aber zu sich nehmen könne er David nicht, sein Junggesellenhaushalt, sein Alter, seine Gewohnheiten, nein, das sei weder gut für ihn noch für den Jungen. Einen Brief, den Davids Mutter an den Sohn begonnen hatte, legte er bei und fragte, was der Junge sonst noch an persönlichem Besitz nach England geschickt haben wolle. Ein kleines monatliches Kostgeld werde ja auch die Vermietung des Hauses einbringen.
    »David kann doch bei uns leben wie eines unserer Kinder, meinst du nicht auch, William?« sagte die Tante einige Tage später im Schlafzimmer.
    Der Onkel, der gerade seine Bettdecke bequem zurechtgeschüttelt hatte, überlegte ein wenig. »Sally, meine Liebe, du weißt, wie mir David ans Herz gewachsen ist. Aber wir müssen auch an seine Zukunft denken. Was soll aus ihm werden, wenn er bei uns bleibt? Mein Handel ist gesund und wird sicher Henry als meinen Nachfolger und uns im Altenteil ernähren sowie Julie eine gute Mitgift einbringen. Aber wo soll David da ein eigenes Einkommen und eine eigene Zukunft finden? Ich weiß, da ist noch das Gut des Hamburger Onkels. Aber wann er über das Erbe verfügen kann, steht in den Sternen. Und hätte David Lust zu diesem Leben?«
    In seiner etwas pedantischen Art handelte Onkel William dann die Zukunftsmöglichkeiten für einen Jungen von Davids Herkunft ab. Geistlicher könne er werden, aber ob ihm das liege? Und nach dem Studium folge meist eine Pfarrei, die ihren Mann kaum ernähre. Zu einem Schreiber sei der Junge zu schade, zu einem höheren Beamten des Königs fehle ihm in England die Beziehung. Das Studium eines Arztes sei lang, und das könne er nicht bezahlen. Zum Beruf des Feldschers, der doch nur ein besserer Barbier sei, hätte Davids Vater nie die Zustimmung gegeben.
    »Die beste Lösung, liebe Sally, ist die, daß David zur Königlichen Flotte geht, um Fähnrich und mit etwas Glück Offizier zu werden. Für einen Jungen aus guter Familie, der nicht genug Geld hat, um davon zu leben oder lange Jahre zu studieren, ist das der Weg mit der besten Zukunft. Du hast auch bemerkt, wie David von der See und der Marine begeistert ist. Das Leben an Bord wird zunächst hart für ihn sein, aber ihm steht die Welt offen.«
    Tante Sally war nicht überzeugt und fand David zu jung für dieses Leben voller Gefahren. Sie wollte ihn nicht brutalen Kapitänen und Maaten ausliefern.
    Aber Onkel William hatte viele Gegenargumente. David werde im Oktober dreizehn Jahre alt. Viele gingen jünger zur See. Ein gutes Schiff mit einem fähigen Kapitän sei für die erste Zeit entscheidend, und da wolle er sich schon umsehen. Er kenne nicht umsonst viele Kapitäne als Kunden, die er reell beliefert habe. Man müsse das alles überschlafen und mit David bereden.
    Vor dem Tag, an dem David zum erstenmal wieder in die Schule gehen sollte, rief ihn der Onkel nach dem Abendessen noch in sein Büro. Sein Neffe war blaß und ernst geworden. Seine lebhafte, zupackende Art konnte man hinter der mutlosen Lethargie kaum erkennen.
    »Komm, setz dich, mein Junge. Ich mache mir Gedanken über deine Zukunft. Was möchtest du einmal werden?«
    »Ich weiß nicht, Onkel William. Vater hätte es wohl gern gesehen, wenn ich Arzt geworden wäre«, und er mußte einige Zeit den Schmerz niederringen, ehe er weitersprechen konnte, »aber ich habe mich immer zu sehr vor den Beulen, dem Ausschlag, dem Eiter, den Wunden und dem Blut geekelt, womit er ständig zu tun hatte. Deichhauptmann wollte ich auch werden, weil der so oft am Strand entlangritt. Am liebsten wäre ich ein Entdecker wie die, von denen Mr. Bell uns erzählt hat.«
    »Entdecker müssen aber ein Schiff führen und gut navigieren können, lieber David.«
    »Das würde ich schon gerne lernen. Du weißt, ich mag die Schiffe, und ich habe oft geträumt,

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