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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf
Autoren: Adam Frank
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zeigte David an diesem Vormittag das untere Deck und die darunterliegenden Stauräume. Er sah, wo die Kombüse lag und ging mit Haddington zum Magazin und Pulverraum, dem Reich des Stückmeisters. Aber eintreten durften sie nicht. Nur wer dienstlich in den Raum mußte, durfte ihn – natürlich ohne Schuhe – betreten und mußte alle metallenen Gegenstände aus den Taschen entfernen. David sah Ruder, Kompaß und Stundenglas zum erstenmal bewußt.
    Nach dem Mittagessen, Haferbrei diesmal, enterte Mr. Haddington mit ihm zum Großmast auf und ließ ihn über die Püttingswanten klettern, wo der Körper nach hinten hängt und Hände und Füße sich an die Taue krallen. Um vier Glasen der Nachmittagswache rundeten sie Start Point, und drei Stunden oder sechs Glasen später ankerten sie auf der Reede von Plymouth.
    Wieder stand David neben Haddington auf dem Vorderdeck und sah diesmal zu, wie sich das Schiff vor Anker legte. Er verstand schon ein bißchen mehr von den Aktivitäten um sich herum.
    Haddington zeigte ihm vier Schiffe im Hafen: »Das sind die Transporter, die wir mit Truppen und Material nach Gibraltar bringen sollen.«
    Der Kapitän ließ sich unmittelbar nach dem Ankern an Land pullen, und als er nach zwei Stunden wieder an Bord kam, ging es wie ein Lauffeuer durch das Schiff: »Kein Landgang. Wir laufen morgen um zwei Glasen der Nachmittagswache mit dem Konvoi aus.«
    Am nächsten Vormittag sah David, wie die Kapitäne der Transporter an Bord erschienen sowie einige Offiziere in den rotgoldenen Uniformen der Infanterie. Die Kapitäne trugen keine Marineuniformen. Sie waren Zivilisten, denn das Transportamt hatte die Schiffe gechartert, wie ihm Haddington erklärte. Kapitän Brisbane werde ihnen jetzt seine Signale, die geplanten Kurse, die Treffpunkte, falls ein Sturm sie auseinandertriebe, und anderes mehr mitteilen.
    »Aber tun werden sie doch nur, was sie wollen. Du wirst schon sehen.«
    Warum die Transporter nicht alleine segeln könnten, wollte David wissen und erfuhr, daß die maurischen Seeräuber immer häufiger aus dem Mittelmeer vorstießen und sogar schon bei Kap Finisterre gesichtet worden seien. Bei so vielen Menschen und Waffen könne man kein Risiko eingehen.
    Die Transporter setzten sich am Nachmittag schwerfällig in Bewegung und nahmen nach vielen Signalen und einem mahnenden Kanonenschuß schließlich etwas wie eine Kielline in Lee der Fregatte ein.
    Am Sonntagmorgen waren die vier Schiffe verstreut über eine weite Fläche, aber Signale riefen sie wieder zusammen. Die Scilly-Inseln lagen in sicherem Abstand Steuerbord voraus unter dem Horizont. Die Besatzung trat divisionsweise an Deck an. Nach der Musterung verlas der Kapitän die Kriegsartikel, von denen David nur der häufige Schlußsatz: »… wird mit dem Tode bestraft« im Gedächtnis blieb.
    Der Nachmittag war frei. Die Seeleute saßen an dem warmen Herbsttag an Deck, schnitzten, besserten ihre Sachen aus, spielten oder sangen. David hatte sich mit zwei ›jungen Herren‹ auf dem Vordeck niedergelassen, mit Matthew und Richard. Sie erzählten von ihrer Kindheit, ihren Erfahrungen an Bord, und eine Freundschaft bahnte sich an.
    David war zum erstenmal glücklich an Bord der Fregatte und dachte nicht mehr mit Sehnsucht an Stade zurück, sondern freute sich auf seinen morgigen Geburtstag. Dann wäre er so alt wie Richard und ein Jahr jünger als Matthew. In zwei Jahren könnte er zum Midshipman ernannt werden.
    Das war ein böses Erwachen! Als die Pfeifen morgens schrillten, sprang David schnell aus seiner Hängematte und wollte zu den Ständern mit den Waschschüsseln. Dabei stieß er den Zuber um, der nachts als Pissoir diente. Der stinkende Urin schwappte Mr. Marsh über die Füße.
    Der dickliche, ohne Grog meist mißgelaunte Midshipman fluchte, verabreichte David rechts und links eine schallende Ohrfeige und brüllte: »Die Schweinerei wischst du sofort auf, du dämliches Trampeltier!«
    Er stieß David zu der Ecke, wo Wischtücher und Putzwolle lagen. Da half kein Lamentieren, daß der Zuber sonst immer in der anderen Ecke stehe. Das brachte ihm nur einen Fußtritt ein. Mit schmerzenden Wangen rutschte der ›Junge Herr‹ an seinem Geburtstag auf den Knien herum und wischte die stinkende Brühe auf.
    Ungewaschen mußte er dann schnell und dennoch als letzter die Hängematte verstauen, was ihm Beschimpfungen des Wachhabenden eintrug. Während die anderen ihr Frühstück herunterschlangen, wusch er sich schnell. Dann konnte
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