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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf
Autoren: Adam Frank
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er noch einen Zwieback herunterwürgen, denn heute nahm er zum erstenmal am Unterricht für die jüngsten ›Servants‹ teil.
    Josuah Hope, der von allen Ozeanen gegerbte Master, der sie in die Geheimnisse der Navigation einführen sollte, schüttelte mißbilligend den Kopf, als sich David meldete. »Mr. Winter, Ihr zweiter Hemdknopf ist offen, Ihre Hosen sind naß an den Knien, und Sie stinken. Wenn Sie nicht in fünf Minuten mit trockenen Hosen vor mir stehen, wird Sie der Teufel holen!«
    David raste den Niedergang hinunter, riß eine andere Hose aus seiner Seekiste, zog sich um und stürzte wieder hinaus. Mr. Morrison, der Freiwache hatte, murmelte, daß der Bengel toll und dies eher italienischer Karneval als der Dienst des Königs sei.
    David stolperte auf dem Niedergang, stieß sich furchtbar am Knie und meldete sich humpelnd und keuchend wieder beim Master.
    »Mr. Winter, können Sie nur richtig gehen, wenn Ihre Hosen naß sind?«
    Davids Kameraden grienten schadenfroh um die Wette. David setzte sich schweigend und ließ sich in die Techniken des Mitkoppelns einführen.
    Danach hatten sie Unterricht im Degenfechten beim Zweiten Leutnant der Seesoldaten. David hatte noch nie einen Degen in der Hand gehabt, und nachdem der Leutnant ihm die Handhaltung und Grundstellung gezeigt hatte, wurde Mr. Marsh beauftragt, mit David einige elementare Bewegungen zu üben.
    Sie standen sich mit Haselnußstöcken gegenüber, die nur einen provisorischen Handschutz hatten, und Mr. Marsh, der die ›Dusche‹ nicht vergessen hatte, grinste boshaft und gab David schmerzende Hiebe auf Unterarm und Hände.
    »Fühlst du dich mit dem Pißpott wohler, du Milchbaby?« stichelte er.
    Als die Qual beendet war, eilte David mit tränenden Augen unter Deck und traf am Niedergang Mrs. Toller, die Frau des Stückmeisters.
    »Junger Herr!« Sie winkte ihn heran. »Wenn Sie weinen müssen, zeigen Sie es nie. Seeleute sind grausam, wenn sie bei Männern Schwäche sehen.«
    Nach dem Mittagessen wurde der Wind unstetig. Augenblicke war es windstill, dann bockte er von verschiedenen Seiten nacheinander heran. See und Horizont gingen bleiern ineinander über. Nur achteraus war der Himmel schwarz. Mr. Hope, der Master, nahm wie ein Hund die Witterung, sah immer wieder auf das Barometer und schickte einen Läufer, um den Kapitän zu holen.
    »Sir, Gewittersturm aus Nordost!« Der Kapitän sah umher, schnüffelte im Wind, prüfte das Glas und die Eintragungen an der Schiefertafel neben dem Ruder und wandte sich dem wachhabenden Offizier zu: »Alle Mann, Mr. Bates. Lassen Sie bitte Außenklüver, Royals und Bramsegel festmachen, doppelte Reffs in die anderen Segel. Und ein bißchen plötzlich, wenn es recht ist.«
    »Aye, aye, Sir!« rief Leutnant Bates und brüllte die Befehle.
    Die Bootsmannspfeifen schrillten, die Mannschaften enterten auf.
    »Signale an den Konvoi« wandte sich der Kapitän an den Signal-Midshipman. »Sturmsegel setzen, Abstände vergrößern und Rendezvous zwei ansteuern, wenn sie den Kontakt verlieren.« Die Signalflaggen stiegen empor, entfalteten sich knallend und wurden bestätigt.
    Charles Haddington rief David, damit er ihm half, Geschütze für den Sturm festzulaschen. Als das Schiff krängte, wurde er an eine Lafette geschleudert und konnte sich zunächst nicht erheben, so schmerzte die Brust.
    »Aufpassen, David! Wir sind nicht länger im Hafen. Eine Hand für das Schiff, eine Hand für dich!«
    Dann war der Sturm heran. Die Freiwache verzog sich unter Deck, die anderen schützten sich an Masten und Vorbauten, so gut es ging, gegen Hagel und peitschenden Regen.
    Das Abendbrot brachte David nicht mehr herunter. Sein Magen stülpte sich um. Er stürzte an Deck und erbrach sich wieder und wieder, während er sich krampfhaft an der Reling festklammerte und apathisch die Schaumkronen der Wellen sah, die mit dem Himmel zu verschmelzen schienen. Er war sicher, daß das Schiff sinken müsse.
    »Unter Deck mit dir!« brüllte der Bootsmann, »kotz in den Zuber. Hier gehst du nur über Bord, Landratte!«
    Im Halbdunkel des Cockpits kniete David über dem Zuber, würgte, weil nichts mehr zu erbrechen war, und hörte den beißenden Spott der ›Alten‹.
    Mr. Haddington richtete ihn schließlich auf und setzte ihm einen Becher an den Mund, so daß David einige Schlucke vom Grog trinken mußte, der in der Kehle und der Speiseröhre brannte. Er kletterte in seine Hängematte, und obwohl sich die Welt und sein Magen noch drehten,
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