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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf
Autoren: Adam Frank
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der erste Salutschuß losdonnerte, griff David an seine Ohren.
    »Mach den Mund auf, du Dummkopf!« stieß ihn Richard an, »oder willst du taub werden?«
    David schüttelte sich die Ohren frei und sah mit Verwunderung, wie Jonathan Toller, der Stückmeister, vor sich hinbrabbelte.
    »Was redet er denn?« fragte er Richard.
    »Was alle Stückmeister sagen, wenn sie den Takt der Salutschüsse messen: Wär' ich nicht ein Kanonier, dann wär' ich heute auch nicht hier, – Feuer!«
    Heimlich zeigte Richard auf Mr. Grant, dessen Lippen sich bewegten. »Er murmelt denselben Spruch, um das Tempo zu kontrollieren, und auf den anderen Schiffen und im Hafen tun viele das gleiche.«
    In peinlich beachtetem Gleichtakt hallten die Salutschüsse weiter über die Bay, als sich der Konvoi mit gekürzten Segeln dem Hafen näherte.

Vor der afrikanischen Küste
    Glühend heiße Luft trieb von der afrikanischen Küste westwärts zu der Fregatte, die etwa auf dem 24. Breitengrad 15 Meilen vor der Küste in der schwachen Brise lag. Segeldrill war angesetzt, und David schwitzte, als er auf seiner Segelstation, dem Großmarssegel, damit beschäftigt war, zu heißen, zu fieren, Reffs einzustecken und was sonst an Kommandos durch das Sprachrohr gebrüllt wurde.
    Die Muskeln verkrampften, die Fingerkuppen bluteten, als er anpacken mußte, die Leesegelbäume aufzustecken, um das Großmarsleesegel zu setzen.
    Als er mit einem Bein vom Fußpferd abrutschte und sich den Kopf an der Rah stieß, schimpfte er auf deutsch: »Verdammte Schinder mit ihrem blöden Segeldrill!«
    »Nicht so laut, junger Herr! Hier verstehen noch mehr Deutsch.«
    David blickte überrascht auf und sah einen muskulösen, gebräunten Mann von etwa zwanzig Jahren, der die blonden Haare mit geteertem Band in einen Zopf geflochten hatte.
    »Wo bist du her?«
    »Aus Dithmarschen im dänischen Holstein. Meine Station ist sonst am Großbramsegel.«
    Neue Befehle unterbrachen das Geflüster, der Maat trieb zur Eile an, und als der Drill beendet und zum Essen gepfiffen wurde, fühlte sich David wie gerädert.
    »Wir werden Ihnen die Schluderei schon wieder austreiben, die die Bande sich im Hafen angewöhnt hat, Mr. Grant«, sagte der Kapitän zur selben Zeit auf dem Achterdeck.
    »Aye, aye, Sir. Auch im Geschützexerzieren sind sie lahm wie eine Bande Laskaren. Bitte um Erlaubnis, morgen drei Runden mit Kartuschen feuern zu dürfen«, antwortete der Erste Offizier.
    Der Kapitän war einverstanden und nahm sich vor, den Stückmeister zu befragen, wie lange ihr ›schwarzer‹ Pulvervorrat noch reiche.
    Die ›Schluderei‹ bezog sich auf den Landgang in Gibraltar während der drei Tage Liegezeit, sofern der Dienst es erlaubt hatte. Die ›Jungen Herren‹, die noch nicht fünfzehn Jahre alt waren, hatten allerdings nur in einer Gruppe unter Führung eines Steuermannsmaaten einen Nachmittag die Stadt besichtigt, waren am anderen Tag auf den Fels gestiegen, hatten den Turm gesehen und die Affen bestaunt.
    David hatte kleine Andenken für die Verwandten gekauft, auch ein Turbantuch für Henry. Sie könnten sich jetzt eine ›Miss Taylor‹ genehmigen, hatte der Maat dann gnädig verkündet. Und als Gläser mit Rotwein auf den Tisch gestellt wurden, hatte er mit dem Stolz des erfahrenen Seemannes erklärt, die Sorte heiße ›mistela‹, aber ein englischer Seemann nenne den Wein nun mal ›Miss Taylor‹.
    Die Offiziere hätten mehr abzubüßen gehabt, denn grinsend wurde im Schiff geraunt, daß es bei der Rückkehr vom Abendessen beim Gouverneur laut hergegangen sei, daß mancher Schwierigkeiten mit dem Fallreep gehabt habe und der Zweite Leutnant der Seesoldaten sogar mit dem Bootsmannsstuhl an Bord gehievt werden mußte.
    Mochte den Offizieren am nächsten Tag auch der Schädel gebrummt haben, heute schienen sie munterer denn je. Sie brüllten beim Waffenappell nach dem Abendessen herum und fanden noch dies und jenes auszusetzen, bis die Mannschaft endlich zur Freizeit entlassen wurde.
    David ging mit Matthew und Richard wieder zum Vorderdeck, wo sie noch ihre Navigationsaufgaben für den nächsten Vormittag erledigen mußten. Sie hockten sich nieder, schlugen in den Büchern nach und einigten sich auf Lösungen, die sie in ihre Schiefertafeln eintrugen.
    David hatte schon eine Weile den jungen Seemann aus Dithmarschen in der Nähe herumlungern und zu ihm herüberschauen sehen. Als sie ihre Aufgaben beendet hatten, bat er Matthew, seine Sachen mit nach unten zu nehmen und ging auf
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