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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Frank
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bereitstand.
    Marsh, rot vor Wut und verletztem Stolz, ging an David vorbei und zischte: »Triumphiere nur nicht zu früh, du Weiberheld!«
    Aber David war so wenig nach Triumph zumute, daß er sich nicht einmal über Marsh ärgern konnte.
    Ziellos wanderte er durch die Räume, wurde hier von Leutnant Grant in ein Gespräch verwickelt, dort von einer halb ertaubten Lady über den Kampf mit den Piraten ausgefragt und konnte schließlich in das Rauchzimmer entwischen. Dort saßen an zwei Tischen die Spieler, Weingläser neben sich, Geld und Karten vor sich.
    An einem Tisch stand gerade Mr. MacMillan auf, und David glaubte, einen Schatten von Ärger in seinem Gesicht zu bemerken. Aber als er David entdeckte, blickte er wieder freundlich und gelassen und winkte ihn zu sich.
    »Sehen Sie sich die Glücksspieler an, lieber Mr. Winter. Dort, der alte Major spielt ein wenig zur Zerstreuung und wird aufstehen, sobald er mehr verliert, als er einsetzen wollte. Bei diesem Commander bin ich nicht sicher, ob er den rettenden Hafen rechtzeitig erreicht. Der hagere Ingenieuroffizier dort und der Zivilist auf der linken Seite sind süchtige Spieler. Sehen Sie nur die marionettenhaften Bewegungen, die krampfhaft unterdrückte Gier im Blick, die Versunkenheit in das Spiel. Sie verpfänden Hab und Gut und ihr Leben. Manchmal glaube ich, sie wollen verlieren.«
    Neben dem Zivilisten saß Gilbert Marsh, das Gesicht vom Wein gerötet, mit heiserer Stimme die Einsätze fordernd und einen Haufen von Guineen vor sich.
    »Und was ist Mr. Marsh für ein Spieler?« fragte David.
    Mr. MacMillan antwortete leise: »Ein Betrüger!«
    Als David ihn entsetzt ansah, wies er ihn unauffällig darauf hin, wie Marsh mit schnellen Handbewegungen Karten in der Manschette oder unter der Achsel versteckte und sich bediente, wenn es Vorteil brachte.
    »Ein stümperhafter Falschspieler, der nur hier Erfolg hat, wo sich jeder unter Ehrenmännern glaubt. Warten Sie hier!«
    Mit leiser und energischer Stimme rief Mr. MacMillan Gilbert Marsh an, der erstaunt aufsah. David bemerkte, wie MacMillan eindringlich auf ihn einredete und dabei unauffällig auf Manschette und Achselhöhle deutete. Gilbert Marsh wurde kreidebleich, stammelte etwas, raffte sein Geld zusammen und stürzte hinaus.
    »Wenn ich Kapitän Brisbane nicht die Schande für sein Schiff ersparen wollte, hätte ich die Ratte bloßgestellt und dafür gesorgt, daß er aus dem Flottendienst gejagt wird. Seien Sie vorsichtig bei diesem Schiffskameraden. Seinesgleichen darf man nie trauen und ihm nie den Rücken zuwenden.«
    Der Abend endete für David enttäuschend. Unauffällig beorderte Leutnant Morsey die ›Jungen Herren‹ der Shannon in den Vorsaal, um sie in der ersten Morgenstunde und in leidlich nüchternem Zustand zum Schiff zu kommandieren.
    Für die MacMillans blieb nur eine formelle Verbeugung in der Gruppe, ein trauriger Blick Susans, ein wehmütiges Lächeln ihrer Mutter, und dann stolperten sie die holprigen Gassen zur Mole hinunter. Erst am nächsten Morgen konnte David unauffällig das Medaillon hervorholen und öffnen.
    Ein kleines Bild seiner Susan und eine Haarlocke ließen ihn vor Sehnsucht und Wonne frösteln. Er war sicher, daß ihm die große Liebe seines Lebens widerfahren war.
    Seinem Dienst bekam die Liebe nicht so gut. Der Bootsmann pfiff ihn gehörig an, als er Brasse und Schot verwechselte, der Master erlitt fast einen Koller, als er den wertvollen Sextanten achtlos an einer Ecke des Kartentisches liegenließ, und Leutnant Morsey ließ ihn unnachsichtig die Anforderungen an das Arsenal dreimal abschreiben, bis sie fehlerlos waren.
    Einige Tage vergingen nur zu schnell mit der Übernahme von Proviant, Munition, mit den üblichen Reparaturen, Inspektionen und Säuberungen. Dann war alles klar zum Auslaufen. An der Pier standen Schaulustige, Freunde und auch die aus Piratenhand Befreiten.
    Die MacMillans winkten, und David, mit Charles Haddington bei der Mannschaft am Buganker, konnte schnell zurückwinken, ehe er wieder Kommandos weitergeben und die Leinen beobachten mußte. Als die Salutschüsse über die Bucht dröhnten, stiegen ihm die Tränen in die Augen. Wie hatte Susan mit ihm gelacht, als sie einliefen.
    »Wär' ich nicht ein Kanonier, dann wär' ich heute auch nicht hier«, murmelte er vor sich hin, und es tat weh.
    Während der Nachmittagswache holte ihn ein Läufer zum Kapitän.
    »Sie scheinen einen einflußreichen Gönner gefunden zu haben, Mr. Winter. Mr. MacMillan

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