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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Frank
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Weihnachten«, konnte sich Matthew Palmer nicht verkneifen.
    »Das ist maurischer Baustil, Sie junger Banause«, korrigierte ihn schmunzelnd der Schiffsarzt.
    Das Achterdeck war wieder mit schaulustigen Offizieren und Kadetten besetzt. Man merkte Kapitän Brisbane an, wie wenig ihm das Gewimmel paßte.
    »Mr. Lenthall«, bat er den Schiffsarzt, »Sie sind doch ein studierter Mann. Gehen Sie mit den jungen Herren bitte an die Backbordreling und erzählen Sie ihnen etwas von Lissabon. Wir haben noch einige Meilen vor uns und werden unterhalb des Kastells von Sao Jorge ankern.«
    Der Schiffsarzt sammelte seine Schäfchen um sich und erzählte von der schönen Stadt, von der man auch sagte, sie sei auf sieben Hügeln erbaut und öffne sich wie ein Theaterhalbrund zum Tejo hin.
    David beeindruckte am stärksten sein Bericht über die Erdbebenkatastrophe vor zwanzig Jahren. Dreißig- bis vierzigtausend Menschen fanden während der Gottesdienste an Allerheiligen den Tod, als die Erde bebte und einhundert Kirchen und etwa fünftausend Paläste und Häuser einstürzten. Fast ein Viertel der Bevölkerung starb, erschlagen von den Trümmern, ertränkt von den Flutwellen oder verkohlt in den Bränden.
    »Dort auf der rechten Seite seht ihr die Burg mit der Altstadt, links die obere Stadt und hier in der Mitte«, er wies mit ausgestrecktem Arm in die Richtung, »war fast alles zerstört. Aber nun ist praktisch alles wieder aufgebaut mit breiteren, zum Teil schnurgeraden Straßen.«
    Seine Erklärungen fanden ein Ende, als alle auf ihre Stationen zum Ankern mußten.
    Die Shannon sollte etwa vier Tage in Lissabon liegen, und auch die Servants durften in kleinen Gruppen unter Führung eines älteren Midshipman an Land. Palmer, Greg, Simmons und David vertrauten sich der Obhut von Charles Haddington an, der sich beim Schiffsarzt und beim Master nach Sehenswürdigkeiten erkundigt hatte.
    Ein Hafenboot brachte sie an den Kai in der Nähe des Praco do Comercio, eines großen Platzes, an dem der im Erdbeben zerstörte Königspalast gestanden hatte. Er wurde jetzt an drei Seiten von Ministerien eingerahmt. In der Mitte legten Künstler letzte Hand an das überlebensgroße Reiterstandbild José I. das von Darstellungen eingerahmt wurde, die die Armee, die Flotte und die Kolonien Portugals symbolisieren sollten.
    Das kunsthistorische Interesse der jungen Herren erlahmte bald, und sie riefen einen Kutscher herbei, der sie die Uferstraße entlang nach Belem fahren sollte. Das Kloster do Jeronimos müsse man gesehen haben, hatte ihnen Mr. Lenthall gesagt, und das Aquädukt in der Nähe sei eines der modernen Weltwunder.
    Zunächst einmal genossen sie den schönen Frühlingstag, den gemütlichen Zuckeltrab und winkten den Mädchen und jungen Frauen am Straßenrand zu.
    Das Kloster do Jeronimos, vor fast fünfhundert Jahren begonnen, beeindruckte sie. Der Prunk der Kirche Santa Maria, der Duft des Weihrauches, die Andacht der Betenden ließen sie verstummen und ein wenig unsicher die häufig von Elefantennachbildungen getragenen Sarkophage der Herrscherfamilien bestaunen.
    Der Kreuzgang mit seiner filigranen Steinornamentik und den Ausblicken auf den blühenden Garten munterte sie wieder auf, und unternehmenslustig wanderten sie weiter zum Aquädukt. An einer kleinen Gartenschenke stärkten sie sich mit süßem Gebäck und kaum weniger süßem Portwein, wobei Matthew Palmer schnell sehr lustig wurde. Am liebsten wäre er wohl dort geblieben, aber Charles Haddington drängte voran zum Aquädukt.
    In großen Bogen – sechsundsiebzig wie ihnen ein stolzer Portugiese erzählte – überspannte die neue Wasserleitung das Tal von Alcantara. Man konnte oben auf dem Aquädukt entlanggehen, er war fast fünfzehn Meter breit. Nach der Zahl der flanierenden Besucher zu urteilen, mußte es ein beliebtes Ausflugsziel sein.
    Matthew Palmer und Nesbit Greg suchten Kontakt mit den jungen Mädchen, warfen ihnen zunächst muntere Blicke zu, schnalzten mit der Zunge und und führten sich auf wie die Gockel
    Mr. Haddington, der mit David gerade versuchte, die Höhe des größten Tragepfeilers zu schätzen, wurde erst darauf aufmerksam, als ein vornehm gekleideter älterer Herr zornig auf sie zutrat und sich das Benehmen verbat.
    Haddington beruhigte ihn, wies jede kränkende Absicht weit von sich, entschuldigte sich, und man trennte sich in gutem Einvernehmen.
    »Ihr verdammten Rotznasen!« fauchte Haddington in gespieltem Zorn die beiden an. »Könnt ihr

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