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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Frank
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übernehmen. Ich hörte munkeln, daß er Sekretär des Geheimen Beratungskomitees werden soll, das die Politik des Rates der Direktoren ausführt und beeinflußt. Der Mann kann Admirale stürzen lassen.«
    »Ob sie es glauben oder nicht, Paul, das konnte man ihm nicht anmerken. Wie ein kleiner Bürodiener wirkte er selbstverständlich nicht, aber er war sehr natürlich, ohne Sonderwünsche, ohne sich in den Vordergrund zu stellen.«
    »Er hat es auch gar nicht nötig, sich aufzuspielen. Dazu ist er viel zu klug, und die Leute, auf die es ankommt, kennen seine Bedeutung. Sehen Sie nur, wie zuvorkommend der Gouverneur mit Mr. MacMillan plaudert.«
    Der Gouverneur sprach gerade von der wachsenden Gefahr, die von den maurischen Piraten ausging. Er werde die Gefangenen öffentlich auf dem Markt hängen lassen, das werde die Bande hoffentlich einschüchtern.
    Mr. MacMillan stimmte der Notwendigkeit harter Bestrafung zu, gab aber zu bedenken, daß die öffentliche Meinung in England günstiger erregt werden könne, wenn es gelänge, Christensklaven im Austausch gegen die Gefangenen freizubekommen. Bei dem Fanatismus der Mauren dürfe man von der abschreckenden Wirkung nicht viel erwarten, aber der Befreier christlicher Sklaven werde die Herzen der Engländer bewegen.
    »Verteufelt guter Rat, mein Lieber«, knarrte der Gouverneur, »werde sehen, was sich erreichen läßt. Sie sollten die Krone beraten, dann würde die auch so gute Politik betreiben wie die Ehrenwerte Ostindische Kompanie.«
    Gar nicht so gut wurde diese Politik von Admiral Brighton beurteilt. Er erklärte Kapitän Brisbane seine Auffassung von der Lage in den amerikanischen Kolonien. Die Ostindische Kompanie habe mit der Durchsetzung ihrer Teeprivilegien ein Feuer entfacht, das zum Großbrand werden könne. Als überzeugter Anhänger der Wigh-Partei ließ er an der Tory-Regierung kein gutes Haar.
    Dem erstaunten Brisbane konnte er als neueste Nachricht mitteilen, daß Anfang September 1774 in Philadelphia fünfundfünfzig Delegierte aus zwölf Kolonien zu einem illegalen Kongreß zusammengetreten seien, um über gemeinsame Maßnahmen gegen die Übergriffe der Londoner Regierung zu beraten.
    Einige Kolonien hätten sich mit dem blockierten Boston solidarisiert. Die Radikalen gewännen die Überhand. Anhänger des Königs seien bereits geschlagen und beraubt worden.
    Er segele nach Westindien und solle die Unterbindung des Handels zwischen den westindischen und amerikanischen Kolonien vorbereiten, ein Plan, der nicht minder verrückt sei wie der des kolonialen Mobs, der nach Unabhängigkeit schreie.
    »Stellen Sie sich vor, Edward, man will eine Küste von rund zweitausend Meilen, ungerechnet die Buchten, Flußmündungen und ähnliche Schlupfwinkel, kontrollieren. Und was haben wir an der gesamten Nordamerika-Station? Drei Linienschiffe der dritten Klasse, die alte Preston mit ihren fünfzig Kanonen, eine Fregatte, neun Sloops und zehn Kutter und ähnliches Zeug mit sechs bis acht Kanonen. Und auf den Westindischen Inseln ist noch weniger. Wer da etwas blockieren will, kann auch versuchen, einen Bienenschwarm mit dem Teesieb zu fangen. In dem Geschäft ist keine Ehre zu gewinnen, lieber Edward, abgesehen davon, daß ich etwas dagegen habe, Landsleute zu blockieren und zu schikanieren. Ich kann nur hoffen, daß ich Kapitäne wie Sie in meinem Geschwader haben werde. Dann wird man auch mit dem Schlimmsten fertig.«
    »Es wäre mir nicht nur eine Ehre, sondern eine aufrichtige Freude, unter Ihnen zu dienen.«
    Im Kristallsaal kümmerten Susan und David weder Politik noch Flottenkrise. In ihrer zweiten Contredanse schritten sie dahin, gingen aufeinander zu, trennten sich, führten einander in der Quadrille und glaubten in allem ein Gleichnis für ihre Zuneigung und schwärmerische Jugendliebe zu sehen.
    Als die Musik endete, lenkte Susan David hinaus in den Vorsaal. Hinter einer der großen Säulen, Überbleibsel des alten Kirchengebäudes, legte sie ihm ein Kettchen um den Hals.
    »Ein Medaillon, lieber David. Es soll dich immer an mich erinnern, bis wir uns wiedersehen.«
    Ehe er reagieren konnte, küßte sie ihn leicht auf die Wange und eilte davon.
    David wurde nur langsam bewußt, daß das ein Abschied war. Für wie lange?
    Benommen ging er in den Saal zurück, sah, wie Gilbert Marsh sich Susan näherte, anscheinend um den nächsten Tanz bat und hochmütig unter Hinweis auf einen jungen Adjutanten zurückgewiesen wurde, der als nächster Tänzer schon

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