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Der Junge

Der Junge

Titel: Der Junge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. M. Coetzee
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die beste Qualität ein Pfund pro Pfund. Schaffarmer kaufen neue Autos und leisten sich Urlaub am Meer. »Du mußt uns etwas von deinem Geld abgeben, wo du jetzt so reich bist«, sagt sie zu Onkel Son bei einem ihrer Besuche auf Voelfontein. Sie lächelt, als sie das sagt, und tut so, als sei es ein Scherz, aber es ist nicht lustig. Onkel Son sieht verlegen aus und erwidert leise etwas, das er nicht versteht.
      Die Farm sollte eigentlich nicht an Onkel Son allein vererbt werden, erzählt ihm die Mutter; sie wurde allen zwölf Söhnen und Töchtern zu gleichen Teilen vermacht. Damit sie nicht versteigert werden mußte, kamen die Geschwister überein, ihre Anteile an Son zu verkaufen; von diesem Verkauf blieben allen Schuldscheine über ein paar Pfund. Nun ist die Farm wegen der Japaner Tausende Pfund wert. Son sollte sein Geld teilen.
      Er schämt sich für seine Mutter wegen der Taktlosigkeit, mit der sie über Geld spricht.
      »Du mußt Arzt oder Rechtsanwalt werden«, sagt sie zu ihm.
      »Das sind die Leute, die Geld machen.« Bei anderen Gelegenheiten erzählt sie ihm jedoch, daß alle Anwälte Gauner sind. Er fragt nicht, wie sein Vater in dieses Bild paßt, sein Vater, der Anwalt, der kein Geld gemacht hat.
      Den Ärzten sind ihre Patienten gleichgültig, sagt sie. Sie verschreiben einfach Pillen. Die Afrikaans-Ärzte sind die schlimmsten, weil sie noch dazu inkompetent sind.
      Sie macht zu verschiedenen Gelegenheiten so verschiedene Äußerungen, daß er nicht weiß, was sie wirklich denkt. Er und sein Bruder diskutieren mit ihr, sie weisen sie auf die Widersprüche hin. Wenn sie glaubt, daß Farmer besser als Rechtsanwälte sind, warum hat sie dann einen Rechtsanwalt geheiratet? Wenn sie findet, daß Schulwissen nichts taugt, warum ist sie dann Lehrerin geworden? Je mehr sie mit ihr diskutieren, desto mehr lächelt sie. Das Geschick ihrer Kinder, mit Worten umzugehen, macht ihr so viel Freude, daß sie alles zugibt, sich kaum verteidigt, weil sie ihnen den Sieg gönnt.
      Er versteht ihre Freude nicht. Er findet diese Diskussionen nicht lustig. Ihm wäre lieber, wenn sie an etwas glauben würde. Ihre Pauschalurteile, aus vorübergehenden Launen geboren, regen ihn auf.
      Er seinerseits wird wahrscheinlich Lehrer werden. Das wird sein Leben sein, wenn er erwachsen ist. Scheint eine ziemlich langweilige Sache zu sein, aber was gibt es sonst? Ziemlich lange wollte er Lokführer werden. »Was willst du einmal werden?« fragten seine Tanten und Onkel immer. »Lokführer!« krähte er, und alle nickten und lächelten. Jetzt begreift er, daß man von allen kleinen Jungen erwartet, daß sie »Lokführer« sagen, wie man von kleinen Mädchen erwartet, daß sie »Krankenschwester« sagen. Er ist nicht mehr klein, er gehört zur Welt der Großen; er wird sich vom Traum, ein großes Dampfroß zu fahren, verabschieden und sich der Realität anpassen müssen. Seine schulischen Leistungen sind gut, er weiß sonst nichts, was er gut kann, deshalb wird er bei der Schule bleiben und sich hocharbeiten. Vielleicht wird er eines Tages sogar Schulrat. Jedenfalls wird er keine Büroarbeit machen; von früh bis spät zu arbeiten, mit nur zwei Wochen Urlaub im Jahr, hält er nicht aus.
      Was für eine Art Lehrer wird er werden? Er kann sich nur ein verschwommenes Bild von sich selbst machen. Er sieht eine Gestalt im sportlichen Sakko und in grauer Flanellhose (das ist offenbar die Lehrertracht) mit Büchern unterm Arm einen Korridor entlanggehen. Es ist nur ein flüchtiges Bild, das gleich wieder verblaßt. Das Gesicht sieht er nicht.
      Er hofft, daß er, wenn es soweit ist, nicht als Lehrer an einen Ort wie Worcester geschickt wird. Aber vielleicht ist Worcester ein Fegefeuer, durch das man hindurchmuß. Vielleicht schickt man Leute nach Worcester, um sie zu testen.
      Eines Tages müssen sie in der Schule einen Aufsatz schreiben: »Was ich am Morgen mache.« Sie sollen beschreiben, was sie machen, ehe sie zur Schule gehen. Er weiß, was erwartet wird: Wie er sein Bett macht, wie er das Frühstücksgeschirr abwäscht, wie er sich Pausenbrote abschneidet. Obwohl er in Wirklichkeit nichts dergleichen tut – das alles macht seine Mutter für ihn –, lügt er gut genug, um nicht entdeckt zu werden. Doch er geht zu weit, als er beschreibt, wie er seine Schuhe putzt. Er hat noch nie im Leben seine Schuhe geputzt. Im Aufsatz schreibt er, daß man die Bürste benutzt, um den Dreck abzubürsten, und danach trägt man die

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