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Der Kaefig - Roman

Der Kaefig - Roman

Titel: Der Kaefig - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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keine Autos. Er konnte keine Häuser erkennen. Nur die Straße, staubige Bergrücken, Sterne, den Mond. Und Eddie Lake. Der gerade von dem Mädchen, das er liebte, abserviert worden war.
    Aua. Allein der Gedanke verletzte ihn.
    Tut das weh, Eddie? Die Zurückweisung? Fallengelassen zu werden?
    »Nenn mich nicht Eddie«, murmelte er vor sich hin.
    Und ging weiter.
    Er schritt schnell aus. Wütend. Wütend, weil er abserviert worden war. Wütend auf Pamela, Janeys sogenannte beste Freundin, die diese Lügen verbreitet hatte. Diese verdammten Lügen, die Janey so bereitwillig geschluckt hatte.
    Verflucht.

    Es tat so weh. Und es war so ungerecht. Er konnte es kaum glauben.
    Vorhin war Janey noch nett zu ihm gewesen, nett und sexy. Hatte ihm ins Ohr geflüstert, dass sie hier rausfahren sollten, wo sie ungestört waren. Das hatte sie schon öfter vorgeschlagen. Dann hatten sie immer in ihrem offenen Wagen rumgemacht. Sie hatte ihre langen Beine um seinen Rücken geschlungen. Ihre weichen Lippen suchten in der Dunkelheit die seinen, drückten sich leidenschaftlich darauf; ihre Zunge spielte mit ihm, während er ihre nackten Brüste streichelte, mit den Fingerspitzen über die Nippel fuhr, spürte, wie ihr Körper ihn umschloss …
    Nein, denk jetzt nicht daran. Konzentrier dich auf die Straße. Geh einfach nach Hause. Er schritt weiter wütend aus. Sie hatte ihn hier rausgelockt, nur um ihn außerhalb der Stadt sitzenzulassen.
    Ed hatte gerade sein zweites Studienjahr an der Riverside High beendet. Er war stolzer Besitzer eines VW-Käfers, den er in der Garage seiner Eltern Schraube für Schraube restaurierte. Und ja: zum ersten Mal richtig verliebt. Jetzt war die Schlampe abgehauen … hatte ihn hier draußen abserviert …
    He, hallo. Was ist das denn?
    Er blieb stehen. Starrte in die Nacht.
    Das konnte nicht sein. Der Bergrücken war mit großen Felsbrocken übersät. Zwei davon bewegten sich.
    Er versuchte angestrengt, zwischen den bleichen Hügeln und den im Schatten liegenden Senken etwas zu erkennen. Doch im Mondlicht sah er nur die künstliche Linie der Straße und das Wirrwarr der Konturen zu beiden Seiten.

    Er hätte schwören können, dass die beiden Felsen sich gerührt hatten. Sie waren nicht gerollt wie bei einem Erdrutsch, sondern den Hang entlanggeglitten … beinahe geschlichen.
    Felsen schleichen nicht.
    Menschen schleichen. Mörder schleichen.
    Eddie, pass auf, dass deine Fantasie nicht mit dir durchgeht.
    »Nenn mich nicht Eddie.« Er bemühte sich vergeblich, lässig zu klingen und so die Schauder von seinem Rücken zu verjagen.
    Er bekam eine Gänsehaut. Sein Magen ballte sich zu einem Klumpen zusammen.
    Janey kam ihm nun nicht mehr so wichtig vor.
    Plötzlich fiel ihm auf, dass es mehr als nur ärgerlich war, in der Wildnis sitzengelassen zu werden.
    Verdammt, es war gefährlich. Er trug teure Kleidung. Die Uhr an seinem Handgelenk blitzte im Mondlicht.
    Ein Straßenräuber könnte sich ansehen wollen, ob es eine Rolex war oder nicht.
    Ed ging weiter.
    Die geduckten felsförmigen Umrisse bewegten sich ebenfalls. Jetzt war er überzeugt, dass es zwei Räuber waren.
    Aber Räuber treiben sich nicht auf einem öden Berghang rum, oder? Sie lauern in dunklen Gassen in der Stadt oder suchen die Parkplätze vor Kinos heim, wo es genug Leute gibt, über die man herfallen kann.
    Hier konnte man höchstens Kaninchen ausrauben.
    Er ging schneller … musste sich beherrschen, um nicht loszurennen. Wenn du rennst, wissen sie, dass sie dir
Angst eingejagt haben. Dann laufen sie auch los. Um sich auf ihr Opfer zu stürzen.
    Und das Opfer bist du, Eddie. Das war die Stimme in seinem Inneren, die das Offensichtliche aussprach.
    Die Straße führte nun bergab. Vor ihm wich der karge Berghang einem tiefer liegenden Geröllfeld. Dahinter befanden sich Bäume, der Beginn eines Waldes.
    Ed spürte, wie ihm unter seinem Hemd die Schweißtropfen herabliefen. Er öffnete ein paar Knöpfe. Aber die Nacht war zu warm, um ihm Erleichterung zu verschaffen.
    Verflucht, Janey kann sich auf was gefasst machen. Und Pamela kriegt auch ihr Fett weg. Das zahle ich den beiden heim.
    Wenn ich jemals die Gelegenheit dazu bekomme.
    Er warf einen Blick nach rechts den Berg hinauf, wo die beiden geduckten Gestalten auf ihn zukamen. Sie bewegten sich nun schneller, wollten ihm den Weg abschneiden.
    Wahrscheinlich nicht nur den Weg.
    Jetzt begann er doch zu rennen, seine Füße klatschten auf den Asphalt, die Arme ruderten durch die Luft.

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