Der Kaiser des Abendlandes
Schnürvorhängen aus gefärbten Knochen, Steinen, Holzperlen und Hornscheiben verhangen.
Im ersten Raum gab es eine Feuerstelle und einen Abzug, der zum Dach hinausführte; außerdem zogen sich gemauerte und mit Kissen gepolsterte Bänke an den Wänden entlang. Im Moment klebte ein großer Gecko unter der Decke, und in einer Ecke standen gefüllte Wasserkrüge. Auf ihrer tönernen Oberfläche verdunstete Wasser in winzigen Perlen und hielt den Inhalt kühl.
Die Wände und der Boden aus gestampftem Lehm waren sauber, es gab hier weder Spinnweben noch Skorpione. Auf kleinen, niedrigen Tischen standen gefüllte Öllampen. Vier winzige, mit dünnem Pergament bespannte Fenster waren von außen mit Holzläden verschlossen. Suleiman umrundete das Haus, betrachtete lange das Innere der Oase und öffnete die Holzläden.
»Hier haben wir alles, was wir brauchen, wenn wir den Kaiser des Abendlandes erwarten«, sagte Sean lachend und deutete auf all die Dinge, die herumlagen und die sie bereits aus ihren Taschen gepackt hatten. »Decken, Nüsse, Töpfe und Körner. Gewürze fürs Essen und natürlich Kräutersud.«
Layla kam aus dem hintersten Zimmer, das sie sich ausgesucht hatte. Suleiman hatte ihre beiden Satteltaschen und zwei Säcke, die das Packpferd getragen hatte, dort hineingetragen. Als Sean von der Feuerstelle aufblickte, sah er, dass sie keinen Schleier trug und sich des bodenlangen Gewandes entledigt hatte.
»Suleiman kennt mein Gesicht«, erklärte sie mit einem selbstbewussten Lächeln, »und ihr Christen versteckt eure Frauen nicht und erschreckt daher auch nicht, wenn sie sich ohne Schleier zeigen.« Suleiman grinste breit.
»Dein Anblick wird uns unsere Zeit hier versüßen.« Er öffnete eine schwere Ledertasche, richtete seinen Blick zur Tür und fuhr fort: »Aber du solltest Husain nicht erschrecken.« – »Sei unbesorgt. Ich werde mich rechtzeitig bedecken.«
Suleiman nickte langsam, blickte zwischen Sean und Layla hin und her und nahm das umwickelte Schwert aus der Tasche.
Dann sagte er: »Es ist oft von Vorteil, mehr als ein Eisen in der Glut zu haben.« Er zog das Schwert aus der Scheide, betrachtete es prüfend und schob es zurück. »Ein Geschenk von Abu Lahab. So ist Husain zuerst mir, dann meinem Vater verpflichtet.«
»Deine Großzügigkeit übertrifft jedes Maß«, sagte Sean und riss sich mühsam von Laylas Anblick los. »Eines Tages werden wir wissen, ob es sich gelohnt hat.«
Suleiman wickelte das Schwert wieder in das Samttuch ein und verließ das Haus. Sean setzte sich auf die Bank und sah zu, wie Layla einen Kessel mit Wasser füllte und in den Dreifuß über den kleinen Holzstapel stellte.
»Ich glaube, zusammen mit dir und Suleiman wird die Wartezeit nicht langweilig.« Sean kramte Feuerstein und Werg aus seiner Satteltasche und kauerte sich neben der Feuerstelle nieder. Er schlug Funken aus dem Feuerstein und begann auf das glimmende Werg zu blasen. Bald züngelten Flammen aus den dürren Palmwedelstücken und den Holzspänen. Plötzlich bedauerte er, dass er seine Flöte in Jerusalem zurückgelassen hatte. Ein fröhliches Lied würde jetzt gut passen.
»Bist du schon lange in Abu Lahabs Haus?«, fragte er Layla.
»Lange genug«, antwortete sie und packte das Säckchen mit den Sudkräutern aus, »um zu wissen, was im Harem und im Garten geschieht.«
»Dann weißt du mehr als ich«, erwiderte Sean.
»Das hoffe ich.«
Laylas Lächeln machte Sean unruhig; es schien ihm auf unbestimmte Weise verheißungsvoll. Dann dachte er, dass er nur ein Trugbild seines eigenen Verlangens sah. »Es wird sehr schwer sein, Abu Lahab zu täuschen. Heute Abend werdet ihr mir erzählen, wie euer Plan aussieht.«
»Ja«, sagte er. »Du sollst alles erfahren. Wahrscheinlich kannst du uns helfen.«
Sie fuhr fort, die Satteltaschen zu leeren. Sean sah eine Weile lang dem Spiel ihrer flinken Finger zu, dann ging er hinaus und setzte sich neben den Eingang auf einen dicken Baumstumpf, in dem eine Axt steckte. Er zog die Stiefel aus und wühlte mit den Zehen im kühlen Sand. Bald würde die Sonne über dem fernen Meer untergegangen sein. Am Himmel kreiste ein Falkenpärchen; der Taubenschwarm zerstreute sich und flüchtete in den Schutz unter den Baumkronen.
Aus dem Inneren der Oase kamen etwa ein Dutzend Männer und sieben Esel, die große Bündel Heu und frisch geschnittenes Gras in Netzen trugen. Am Rand des Kanals, zu dem Stufen hinunterführten, wuschen sich einige Arbeiter. Ein halbes Dutzend
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