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Der Kaiser des Abendlandes

Der Kaiser des Abendlandes

Titel: Der Kaiser des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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Straße durch kleine Dünen zu der Siedlung. Der Ort blieb, wenn man sich von Askalon aus näherte und nichts von ihm wusste und auch nicht nach einer Siedlung Ausschau hielt, wahrscheinlich von vielen Wanderern unentdeckt. Über den Gebäuden und zwischen einigen Rauchsäulen, die fast senkrecht aufstiegen, kreiste ein großer Taubenschwarm. Suleiman hob, als sie die Kreuzung erreichten, die Hand und lenkte sein Pferd nach rechts.
    »Der Sohn des Freundes von Uthmans Vater, dem diese Oase gehört, heißt Husain«, sagte Sean.
    Suleiman nickte. »Uthman hat mir bereits von ihm erzählt«, antwortete er. »Ein Golddinar meines Vaters wird ihm die Gastfreundschaft erleichtern.«
    Sean wartete, bis Layla und das Lastpferd abgebogen waren, und folgte ihnen. Layla ging ihm nicht mehr aus dem Sinn, seit er sie unverschleiert im Mondlicht gesehen hatte. Während des schweigenden Ritts hatte er mit seinen Erinnerungen an Guinivevre kämpfen müssen, die ihn alles gelehrt hatte, was er von der Minne wusste und kannte. Aber Guinivevre war so weit entfernt wie die Sterne am Himmel, und die schöne Layla ritt ein paar Ellen vor oder neben ihm.
    Der Sandweg schlängelte sich zwischen staubigen Grasbüscheln, Disteln und wuchtigen Felsblöcken auf die Häuser zu. Bald ritten die drei im Schatten der Palmen. Hühner liefen gackernd vor den Hufen der Pferde im Staub hin und her. Suleiman trabte auf das lang gestreckte Haus aus Bruchstein zu, sprang davor aus dem Sattel und rief nach Husain, »dem Fürsten der Oase«, der aus dem Eingang kam, noch bevor Suleiman das Haus erreicht hatte.
    »As-Salaam aleykum«, rief Suleiman. »Wir sind die Reisenden, die unser Bruder Uthman ibn Umar ibn al-Mustansir dir angekündigt hat, und erbitten deine Gastfreundschaft.«
    Husain trug einen weißen Burnus, ein ebensolches Kopftuch und ein Tuch um die Stirn, das mit Silberfäden durchwirkt war. Sein frisches, dunkles und von einem kurzen Bart umrahmtes Gesicht ließ vermuten, dass er kaum älter als dreißig Sommer sein konnte. Er verbeugte sich kurz, legte die Hand aufs Herz und entgegnete: »Wa aleykum as-Salaam. Der Freund meines Freundes ist mein Freund. Seid willkommen.«
    Sean ritt näher, stieg ab und reichte Layla die Hand, um ihr zu helfen. Während sie sich an seinem Handgelenk festhielt, streichelte ihr Daumen seine Haut, und leise sagte sie: »Danke, Sean. Sind alle Christen so aufmerksam und liebenswürdig?«
    »Nicht alle«, antwortete Sean und fühlte einen wohligen Schauer über seinen Rücken streichen, als sie sich an seiner Schulter abstützte. »Es fällt allerdings so manchem von uns sicher leichter, so zu sein, wenn eine schöne Frau Hilfe braucht.«
    »Ich werde dir später gebührend danken«, flüsterte sie mit ihrer verführerischen Stimme.
    Suleiman unterhielt sich leise mit Husain. Der Kamelzüchter steckte zwei Finger zwischen die Lippen und stieß einen lauten Pfiff aus. Zwei Jungen von vielleicht zehn Jahren kamen herbeigerannt und packten die Zügel der Pferde. Husain zeigte auf ein kleines, mit Palmwedeln gedecktes Haus, das in der hintersten Reihe stand, nahe an dem breiten Spalt zwischen den Felsen.
    »Eure Pferde kommen in den Pferch. Die Jungen werden sie gut versorgen. Fühlt euch in dem Haus wohl. Das Wasser im Teich ist gut, und ihr werdet hier nirgendwo Schlangen und nur wenige Skorpione finden. Willkommen im Dorf des Sandes.«
    Sean nahm die Satteltaschen ab und folgte den jungen Helfern, während sich Suleiman weiter mit Husain unterhielt.
    »Nur zwei oder drei Tage lang dürfen wir deine Gäste sein, o Husain«, sagte er. »Ich habe dir ein Gastgeschenk mitgebracht, aber es befindet sich noch in den Tiefen meines Gepäcks.«
    Husain lächelte knapp und wies auf die verschleierte Frau.
    »Ich sehe, dass eine Sklavin euch bedienen wird. Sie findet alles, was sie braucht, im Haus. Wenn du Fragen hast, kannst du jederzeit zu mir kommen.«
    Vor dem Haus sattelten Sean und Suleiman die Pferde ab und nahmen das Zaumzeug aus den Mäulern. Die Jungen führten die Reittiere zu einem Kanal, der an einem Pferch voller junger Kamele vorbei vom Teich zu den Häusern führte, und begannen die Pferde zu waschen und zu striegeln. Im Gras unter den Palmen und Obstbäumen weideten Schafe. Suleiman und Sean halfen Layla, das Gepäck ins Haus zu tragen. Das kleine Haus bestand aus vier Räumen, die hintereinander lagen und nur durch dünne Lehmziegelwände voneinander abgetrennt waren; die Durchgänge waren mit

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