Der kalte Hauch der Angst
Dann packte ich sie an den Schultern und presste sie an mich, wie um sie zu beruhigen. Sie lieà es mit sich geschehen, zweifellos hoffte sie, dass diese Phase, die einfach nur schmerzhaft gewesen war, nun zu Ende wäre.
Ich ging zum Fenster, machte es weit auf, als wollte ich Luft schnappen, und wartete. Ich wusste, dass sie kommen würde. Es dauerte keine zwei Minuten. Sie schniefte lächerlich hinter mir. Dann hörte ich sie näher kommen, ihr Parfüm hüllte mich ein letztes Mal ein. Ich atmete durch, drehte mich um, zog sie an den Schultern zu mir, drückte sie, sie jaulte wie ein kleiner Hund, dann drehte ich mich leicht um, als wollte ich sie küssen, und gab ihr mit beiden Händen an den Schultern einen heftigen StoÃ. Ich sah ihren verstörten Blick, als sie aus dem Fenster fiel. Sie hat nicht mal geschrien. Zwei, drei Sekunden später hörte ich einen fürchterlichen Aufprall. Ich begann zu weinen. Ich zitterteam ganzen Körper und wollte verhindern, dass ich Mama wieder vor mir sah. Doch ich muss ausreichend klaren Verstand bewahrt haben, denn innerhalb weniger Sekunden hatte ich meine Jacke genommen und war die Treppen hinuntergerannt.
24. Februar
Andrées Sturz war natürlich eine Prüfung für mich. Nicht allzu sehr wegen ihres Todes an sich, versteht sich, sondern wegen der Art und Weise, wie diese Kuh gestorben ist. In der Rückschau erstaunt es mich, dass ich nach dem Tod von Vincents Mutter nichts gespürt hatte. Sicherlich ist eine Treppe nicht dasselbe. In dieser Nacht flog nicht Andrée davon, sondern natürlich Mama. Es war jedoch nicht ganz so schmerzlich wie in so vielen anderen Träumen vergangener Jahre. Als würde etwas in mir langsam Frieden finden. Ich glaube, das verdanke ich Sophie. Es muss sich um eine Art Ãbertragung oder so etwas Ãhnliches handeln.
26. Februar
Heute Morgen ging Sophie zur Beerdigung ihrer geschätzten Kollegin. Sie war ganz in Schwarz gekleidet. Ich fand sie schön als eine künftige Tote, wie sie so ganz in Schwarz das Haus verlieÃ. Zwei Bestattungen in so kurzer Zeit, das wühltauf. Ich kann nicht verhehlen, dass ich selbst auch sehr aufgewühlt bin. Andrée und dann auch noch wie sie gestorben ist! Ich finde das gotteslästerlich. Eine Beleidigung für meine Mutter. Mir sind quälende Bilder aus der Kindheit gekommen, gegen die ich mich mit Händen und FüÃen gewehrt habe. Vielleicht sind alle Frauen, die mich lieben, dazu bestimmt, aus dem Fenster zu fallen.
Ich fasste die Situation zusammen. Sie ist nicht gerade brillant, aber es ist auch keine Katastrophe. Ich muss noch viel vorsichtiger sein. Wenn ich keine dummen Fehler mache, wird wohl alles gut gehen. Bei Percyâs hatte mich niemand gesehen. Nach meinem Zusammentreffen mit der fetten Kuh bin ich dort nie wieder gewesen.
Ich habe natürlich einen Haufen Fingerabdrücke in Andrées Wohnung hinterlassen, aber ich bin nicht im Polizeicomputer registriert, und es besteht kaum eine Chance, dass ich in die Lage komme, der Polizei einen Abgleich zu ermöglichen, es sei denn, ein dummer Zufall will es. Dennoch: Ich muss gröÃte Vorsicht walten lassen und darf nie wieder einen solchen Schnitzer machen, wenn ich nicht das ganze Projekt gefährden will.
28. Februar
Was Sophie betrifft â nichts Dramatisches. Sie zieht weg aus Paris, damit muss ich mich eben abfinden. Mich belastet lediglich, dass meine ganze technische Organisation nun nutzlos geworden ist. Gut, das ist nun mal so. Ich werde selbstverständlich keinen so günstigen Beobachtungspostenmehr finden wie diesen hier, aber irgendetwas wird sich schon ergeben.
Das Kind müsste im Sommer kommen. Ich beginne, dies in meine Strategie für die kommenden Monate mit einzubeziehen.
5. März
Klar zum Gefecht: Heute Morgen kreuzte der Umzugswagen vor dem Haus auf. Es war noch nicht mal sieben Uhr, doch in der Wohnung brannte seit fünf Uhr Licht, und ich konnte die Umrisse von Sophie und ihrem Mann erkennen, die sich dort zu schaffen machten. Gegen 8 Uhr 30 ging Vincent zur Arbeit und überlieà alles Weitere seiner Frau. Dieser Typ ist echt ein Kotzbrocken.
Ich sehe keinen Grund, dieses Zimmer länger zu behalten; es würde mich ständig an die wundervollen Augenblicke erinnern, als ich direkt neben Sophie gewohnt habe und jederzeit durchs Fenster blicken, sie sehen, fotografieren konnte â¦Â Ich habe nun
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