Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11

Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11

Titel: Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
Vom Netzwerk:
Besucher der Stadt mit dem Gefühl wieder weg, dass sie deren innerste Antriebskräfte nicht recht verstanden haben. Die Stadt Deacon Brodies, in der man den gezügelten Leidenschaften nur am Abend freien Lauf lässt. Die Stadt eines John Knox mit seiner strengen, unerbittlichen Rechtschaffenheit. In dieser Stadt muss man vielleicht eine halbe Million Pfund für ein besseres Haus hinblättern, doch jede Form der Protzerei ist verpönt. Eine Stadt der Saabs und Volvos, nicht der Bentleys oder Ferraris. Den Glasgowern – die sich selbst für leidenschaftlicher, keltischer halten – erscheint Edinburgh deshalb gesetzt und konventionell, ja bisweilen sogar spießig.
    Verborgene Stadt. Schon die Geschichte beweist es: Wenn früher Invasoren Einzug hielten, verdrückte sich die Bevölkerung in den Höhlen und Tunneln unter der Altstadt. Mochten die Häuser der Leute auch geplündert werden, irgendwann zogen die Soldaten wieder ab – was war ein Sieg schon wert, wenn es keine Besiegten gab? –, und die Einheimischen kamen wieder ans Licht und bauten alles wieder auf.
    Aus der Dunkelheit zurück ans Licht.
    Das presbyterianische Ethos befreite die Kirchen der Stadt zwar von allem weltlichem Tand, ließ sie aber auch merkwürdig leer und kalt zurück. Die Schäfchen, die sich in ihnen versammelten, hatten von Kindesbeinen an gelernt, dass am Ende die Verdammnis ihrer harrte. All dies hatte im Laufe der Zeit im Bewusstsein der Menschen natürlich seine Spuren hinterlassen. Die Bewohner Edinburghs waren tüchtige Bankiers und Anwälte, schließlich hatten sie gelernt, ihre Gefühle zu zügeln und ihre Geheimnisse für sich zu behalten. Und so erwarb sich die Stadt allmählich den Ruf eines Finanzzentrums. Es gab eine Zeit, da der Charlotte Square, an dem etliche große Banken und Versicherungen ihre Hauptniederlassungen hatten, als reichste Straße in Europa galt. Später wuchs dann die Nachfrage nach effizienten Büroflächen und nach Parkmöglichkeiten, und so nahmen die Banken und Versicherungsgesellschaften ein großes Gelände zwischen Morrison Street und Western Approach Road in Besitz. Hier befand sich jetzt Edinburghs neues Finanzviertel – ein Labyrinth aus Beton und Glas, dessen Mittelpunkt das International Convention Centre bildete.
    Alle waren sich einig, dass die Gegend vor der Errichtung der neuen Gebäude ein Schandfleck gewesen war. Trotzdem war umstritten, ob das neu entstandene Labyrinth als besonders besucherfreundlich gelten konnte. Fast schien es, als ob die Planer bei ihren Erwägungen an die Menschen zuallerletzt gedacht hätten. Jedenfalls kam niemand auf die Idee, aus Freude an der Architektur in dem neuen Finanzdistrikt spazieren zu gehen.
    Genau genommen waren dort Fußgänger überhaupt nicht anzutreffen.
    An diesem Montagmorgen allerdings stolperten Ellen Wylie und Grant Hood durch das Neubauviertel. Sie hatten den Fehler begangen, den Wagen zu früh auf einem bequemen Parkplatz in der Morrison Street abzustellen. Hood war nämlich der Meinung gewesen, dass es nicht mehr weit sein könne. Doch da ein Gebäude wie das andere aussah und die Gehsteige wegen Bauarbeiten aufgerissen waren, verliefen sie sich und landeten schließlich irgendwo hinter dem Sheraton an der Lothian Road. Zu guter Letzt aktivierte Wylie deshalb ihr Handy und ließ sich von einer Rezeptionistin fernmündlich durch das Viertel lotsen, bis die beiden schließlich vor dem Eingang eines zwölfstöckigen Gebäudes aus getöntem Glas und rosa Sandstein standen. Als sie durch die Lobby marschierten, lächelte ihnen die Rezeptionistin schon entgegen.
    »Da sind Sie ja«, sagte sie und legte den Telefonhörer beiseite.
    »Ja, da wären wir«, sagte Wylie genervt.
    Im Hutton Tower legten noch die Handwerker letzte Hand an: Elektriker in blauen Kombianzügen mit Werkzeuggürteln; Maler in weißen Overalls mit Farbflecken. Einige von ihnen standen – von Farbeimern umstellt – pfeifend unten vor dem Lift.
    »Wird bestimmt mal sehr schön hier, wenn es fertig ist«, sagte Hood zu der Rezeptionistin.
    »Oberste Etage«, sagte sie. »Mr. Graham erwartet Sie bereits.«
    Im Aufzug stand neben ihnen ein grau beanzugter Angestellter, der verzweifelt einen Stapel Papier an sich presste. Er stieg drei Etagen vor ihnen aus und wäre fast gegen eine Trittleiter gerannt, die direkt vor der Aufzugtür stand. Als sich die Lifttüren dann im zwölften Stock öffneten, standen sie plötzlich in einem großen Raum. Hinter einem Schreibtisch saß

Weitere Kostenlose Bücher