Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11
Farmer von Ihnen verlangt, falls er Sie ansprechen sollte.«
»Für den ist mein Fall schon erledigt«, klagte sie.
»Wir werden ihm diese Auffassung schon noch austreiben«, versprach ihr Rebus. »So – und jetzt trinken Sie bitte aus. Die nächste Runde geht auf mich.«
Während Rebus an der Bar die Getränke besorgte, ging Siobhan nach draußen, um per Handy ihren Anrufbeantworter abzuhören. Sie hatte zwei Nachrichten – beide von Derek Linford, der sich umständlich entschuldigte und sie um ein Treffen bat.
»Hat auch lange genug gedauert«, murmelte sie vor sich hin. Er hatte zwar seine Privatnummer hinterlassen, doch sie hatte nicht richtig hingehört.
Wylie und Hood saßen inzwischen alleine an dem Tisch und nippten stumm an ihren Getränken. Dann brach Wylie das Schweigen.
»Was hältst du von der Sache?«
Hood schüttelte den Kopf. »Der Inspektor liebt nun mal Alleingänge. Die Frage ist nur, ob wir uns von ihm vereinnahmen lassen.«
»Wieso sollten wir? Was hat denn unser – oder auch Siobhans
– Fall mit dem toten Politiker zu tun?«»Und wie schätzt du die Situation ein?« »Ich hab das Gefühl, dass Rebus gerne unsere Ermittlungen
an sich ziehen möchte, weil er mit seinem eigenen Fall nicht weiterkommt.«
Hood schüttelte den Kopf. »Ich hab dir schon mal gesagt, so ist er nicht.«
Wylie saß nachdenklich da. »Hm. Falls er Recht hat, ist die Sache, an der wir arbeiten, natürlich viel größer, als wir bisher gedacht haben.« Sie verzog den Mund zu einem Lächeln. »Und wenn er sich täuscht, dann bezieht er natürlich die Prügel.«
Rebus kam mit den Getränken zurück. Gin, Limone und Soda für Wylie, ein Bier für Hood. Er ging nochmals an die Bar und kehrte mit einem Whisky für sich selbst und einer Cola für Siobhan zurück.
» Slainte «, sagte er, als Siobhan wieder auf der engen Bank neben ihm Platz nahm.
»Und wie gehen wir jetzt weiter vor?«, fragte Wylie.
»Das müssen Sie nicht mich fragen«, sagte Rebus. »Sie halten sich einfach an die Vorschriften.«
»Also zunächst mit Barry Hutton sprechen?«, fragte Hood.
Rebus nickte. »Vielleicht sollten Sie sich vorher ein bisschen
über den Mann informieren, falls es etwas gibt, was wir noch nicht über ihn wissen.«
»Und der Supertramp?«, fragte Siobhan.
Rebus sah sie an. »Zufällig habe ich da eine Idee…«
Jemand steckte neugierig den Kopf zur Tür herein. Rebus erkannte das Gesicht: Gordon, ein Stammgast. Er hatte noch seinen Anzug an. War offenbar mit seinen Kollegen noch einen trinken gewesen. Als er Rebus sah, trat er zunächst den Rückzug an, überlegte es sich dann aber plötzlich anders und kam an den Tisch. Rebus wusste sofort, dass er gefeiert hatte.
»Na, Sie sind mir ja einer«, sagte Gordon. »Dann haben Sie also neulich tatsächlich Lorna abgeschleppt.« Er bemühte sich, lustig zu klingen, doch in Wahrheit wollte er Rebus vor dessen Freunden blamieren. »Ehemaliges Supermodel, und dann lässt sie sich ausgerechnet mit Ihnen ein.« Er schüttelte den Kopf, so dass ihm der Blick auf Rebus' Gesicht völlig entging.
»Danke, Gordon«, sagte Rebus. Der Tonfall in seiner Stimme brachte den jungen Mann wieder zur Besinnung. Er sah Rebus an und legte dann eine Hand auf den Mund.
»Tut mir Leid, dass ich hier so einen Schwachsinn daherrede«, murmelte er und hatte es ganz eilig, wieder an die Bar zu kommen. Rebus sah seine jungen Kollegen an. Alle drei beschäftigten sich plötzlich intensiv mit ihren Drinks.
»Nehmen Sie das nicht weiter ernst«, sagte er. »Manchmal kriegt Gordon die Dinge in den falschen Hals.«
»Hat er Lorna Grieve gemeint?«, fragte Siobhan. »Kommt die öfter hier in das Lokal?«
Rebus sah sie an und verzichtete auf eine Antwort.
»Aber sie ist doch die Schwester von Roddy Grieve«, sagte Siobhan leise.
»Vor ein paar Tagen ist sie zufällig abends hier mal reingeschneit.« Rebus wusste, dass seine Körpersprache ihn verriet. Als er in Wylies und Hoods Richtung blickte, fiel ihm wieder ein, dass die beiden Lorna an dem Abend gesehen hatten. Er wollte einen Schluck Whisky nehmen, musste aber feststellen, dass sein Glas schon leer war. »Gordon redet dummes Zeug«, murmelte er. Dabei wusste er selbst, dass er nicht sehr überzeugend klang.
23
Für manche Leute ist Edinburgh eine unsichtbare Stadt, die ihre wahren Gefühle und Absichten verbirgt: mit äußerlich respektablen Bürgern und Straßen, in denen die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Auch gehen viele
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