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Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
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pakistanisch-indische Krieg 1965 wurde regelrecht ausgetrocknet, als die USA ein allgemeines Waffenembargo aussprachen, die UdSSR vermittelte und China sich zurückhielt.
    Wie stark die übergreifenden politischen Ziele der Bewegung von Eigeninteressen behindert wurden, zeigte sich noch einmal deutlich in der letzten offensiven Phase des Kalten Krieges. Der größte Mitgliedstaat, Indien, verweigerte nach dem sowjetischen Einmarsch in Afghanistan die von den USA gewünschte Verurteilung der UdSSR in der UNO, weil eine sowjetisch orientierte Regierung in Kabul, die gleichzeitig feindlich gegenüber dem westlich ausgerichteten Pakistan sein würde, besser in die indische Außenpolitik paßte. Grundsätzlich zeigte sich am Beginn der neuen Eiszeit des Kalten Krieges aber auch eine gewisse Konsequenz des Bündnisses der Blockfreien. Kuba - offiziell ebenfalls blockfrei und seit dem Sieg Castros in der Revolution 1959 um die Führung in der Bewegung bemüht - konnte sich auf der Konferenz in Havanna 1979 nicht mit dem Vorschlag durchsetzen, die Sowjetunion als offiziellen Verbündeten der Blockfreienbewegung anzuerkennen. Vor allem Jugoslawien, das unter Tito über die Jahre noch am ehesten die ursprünglichen Werte der Bewegung verkörperte, ließ den Vorstoß Fidel Castros scheitern. Das Ende des Kalten Krieges und die Auflösung der Blöcke zerstörten dann einen wesentlichen Teil des Selbstverständnisses der Blockfreienbewegung und ihrer poli-tisch-wirtschaftlichen Möglichkeiten. Aufgelöst wurde sie allerdings nicht. Die von Ägypten auf Druck der USA vorgetragene Forderung wurde von ihren Mitgliedstaaten kategorisch abgelehnt.

4. Eskalation und Stillegung in Europa 1953-1961
Aufstände im Ostblock 1953-1956
    In eine neue Phase der Eskalation trat der Kalte Krieg mit den Aufständen im Ostblock zwischen 1953 und 1956. 1 Im März 1953 löste der Tod des sowjetischen Diktators Stalin, der über Jahrzehnte die Sowjetunion und ab 1944/45 Ostmitteleuropa mit harter Hand regiert hatte, Sorgen, aber auch Hoffnungen auf Entspannung und die Lösung des globalen Konflikts aus. In ähnlicher Weise wirkten die von seinem Nachfolger Chruschtschow im Februar 1956 begonnenen Veröffentlichungen der Verbrechen des Diktators.
    Die insgesamt vier Aufstände in vier Satellitenstaaten des Ostblocks sind ohne den Tod Stalins und dessen nachfolgende Entmy-thologisierung nicht denkbar. Sie waren der Versuch, die Gelegenheit zu nutzen und mehr nationale Unabhängigkeit gegenüber der UdSSR zu erreichen. Der erste, eher kleinere «Pilsener Aufstand» fand Anfang Juni 1953 in der Tschechoslowakei statt. Ihm folgte der weitaus gewalttätigere in der DDR, der am 17. Juni seinen Höhepunkt mit der Niederschlagung durch die Rote Armee erreichte. Fast genau drei Jahre später erhoben sich im Juni 1956 die Polen im sogenannten Posener Aufstand. Auch in diesem Jahr folgte nur wenig später die nächste und im Vergleich mit Abstand blutigste Erhebung. Der Ungarische Aufstand begann im Oktober 1956 und endete im November wiederum mit der Niederschlagung durch die Rote Armee. Von der UdSSR wurden diese Aufstände angesichts der Fronten des Kalten Krieges nicht nur als Infragestellung des sowjetischen Führungsanspruchs interpretiert, sondern als Versuch, zur anderen Seite überzulaufen. Nur so ist auch die Härte zu erklären, die bei der Niederschlagung der Aufstände angewandt wurde.
    Angesichts der allgemein verschärften Rhetorik vor den beiden Aufständen 1953 war es keine Überraschung, daß unmittelbar danach auch die Frage nach der Mitverantwortung des Westens gestellt wurde. Tatsächlich hatte es im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf 1952, aber auch im westdeutschen Bundestagswahlkampf im folgenden Jahr öffentliche Verlautbarungen gegeben, die man als Ermutigung zum Aufstand verstehen konnte. Nachweisbar ist, daß dieser mit Eisenhower und Dulles geführte republikanische Wahlkampf noch Jahre später mit der Vorstellung verbunden blieb, «daß wir helfen werden, die Völker jenseits des Eisernen Vorhangs zu befreien», wie der bekannte CBS-Mode-rator Walter Cronkite im Rückblick feststellte. 2 Dies bestätigten auch andere. Die New York Post erinnerte vor dem Hintergrund des Ungarischen Aufstands 1956 unter der Überschrift Fatal Words daran, daß jede kritische Untersuchung zu den Ursachen der Aufstände 1953 und 1956 auf das Wahlkampfjahr 1952 zurückzugehen habe.
    Im westdeutschen Bundestagswahlkampf 1953, der vor, während und

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