Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters
der ersten Wasserstoffbombe der UdSSR statt.
In den USA war bereits seit 1942 eine Atomindustrie entstanden, die auch hier geheime militärische Produktionsstätten und Testgelände umfaßte. Dazu gehörten die erste Plutoniumfabrik der Welt in Hanford (Seattle) und vor allem «Site Y», das LosAlamos National Laboratory, bei Las Vegas. Ab 1947 erhöhte sich auch hier das Tempo. Von den bis zur ersten sowjetischen Kernexplosion 1949 gebauten zehn neuen Produktions- und Testanlagen für Atomwaffen eröffneten allein in diesem Jahr sechs. 5 Auch der Aufbau des pazifischen Testgeländes Eniwetok, dessen Inseln in den folgenden Jahren zum Teil völlig vernichtet wurden, begann 1947. Bereits kurz vor dem Jahreswechsel 1946/47 hatte der US-Kongreß zugestimmt, auch den Umfang der Streitkräfte wieder zu erhöhen. In den USA war es ebenfalls vor allem die Luftwaffe, die zunächst von der Aufrüstung für den Kalten Krieg profitierte und dafür grundlegend umstrukturiert wurde. Auch hier erhöhte sich das Rüstungstempo drei Jahre später mit dem Beginn des Koreakrieges noch einmal drastisch. Für die US-Streitkräfte brachte es das größte jemals gestartete Aufrüstungsprogramm. 6
Es waren damit vor allem die Nuklearwaffen, die militärische Strukturänderungen notwendig machten und schließlich auch auf die zivilen Bereiche wirkten. Nachdem in den USA im März
1946 bereits die Grundsatzentscheidung gefallen war, ein Strategisches Luftkommando, das Strategie Air Command (SAC), aufzubauen, wuchs es unter seinem ersten Kommandeur, Curtis LeMay, binnen zehn Jahren von 70 auf 2711 (1957) Bomber an. 7 Erst nach dem Kalten Krieg löste man es 1992 im Zuge der erneuten Umstrukturierung der amerikanischen Streitkräfte auf. Da «das SAC» zwangsläufig zu den bevorzugten Zielen eines gegnerischen Angriffs gehörte, wurde seine Zentrale bereits 1948 aus der unmittelbaren Umgebung Washingtons (Andrews AFB) in den Mittleren Westen der USA verlegt (Offutt AFB). Doch selbst die tief verbunkerte Führungsstelle wurde bald nicht mehr als sicher angesehen. Seit 1961 bis zum Ende des Kalten Krieges gab es zusätzlich ein fliegendes Operationszentrum (Looking Glass). Außer dem Strategischen wurden nun auch ein Taktisches (TAC) sowie ein Luftverteidigungskommando (ADC) eingerichtet. In dieser «Strategischen Triade» blieb das SAC bis zum Ende des Kalten Krieges für die Interkontinentalbomber und -raketen verantwortlich. Mit der Entwicklung von seegestützten Strategischen Atomwaffen (SLBM) übernahm später auch die US-Marine Verantwortung für Interkontinentalraketen. Seit 1957 bestand zusätzlich ein gemeinsames amerikanisch-kanadisches Luftverteidigungskommando (NORAD).
In der Sowjetunion waren diese Verantwortlichkeiten vergleichbar in zwei Strategischen Kommandos der Luftwaffe und einem Marinekommando organisiert. 8 Die Aufgaben, die in den USA das SAC wahrnahm, teilten sich in der UdSSR die schließlich im Dezember 1959 gegründeten Strategischen Raketentruppen (RWSN) und das Kommando für die Interkontinentalbomber (DA/ ADD). In den Hoch-Zeiten des Kalten Krieges konnten die drei sowjetischen «Luftarmeen» - zwei an der Front gegenüber den NATO-Staaten, eine gegenüber dem seit den sechziger Jahren verfeindeten China - etwa 600 Strategische Bomber mobilisieren und befanden sich damit immer deutlich im Hintertreffen. 9 Wie in den USA waren auch hier die Kommandozentralen, so das Gegenstück zur Zentrale der nordamerikanischen Luftverteidigung NORAD, das AWPWO Strany, tief in der Erde verbunlcert.
Nachdem die USA über Japan die ersten zwei Atombomben eingesetzt hatten, war die UdSSR seit dem 29. August 1949 (Code-Name: Perwaya Molniya/Morgenröte) im Besitz eines eigenen nuklearen Sprengsatzes. Die Plutoniumbombe, die die Sowjets Tatjana und die Amerikaner Joe 1 nannten, war im wesentlichen eine Kopie der US-Bombe Fat Man und entsprach mit 22 Kilotonnen Sprengkraft in etwa der damals bereits veralteten amerikanischen Mark-III, die ihrerseits schon 1950 wieder ausgemustert wurde. Wie in den USA wurden auch in der UdSSR erst allmählich Stückzahlen erreicht, mit denen nach offizieller Einschätzung ein Krieg führbar war. Die Sowjetunion besaß 1950 fünf Atombomben, ein
Jahr später 25 und 1952 immerhin fünfzig. 10 Die USA besaßen zwischen Kriegsende 1945 und 1947 insgesamt 13 nukleare Sprengsätze des Hiroshima-Typs Little Boy und des Nagasaki-Typs Fat Man. 1949 standen allerdings bereits 700 Exemplare der Typen Mark-III
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