Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters
der Straße von Taiwan patrouillierte, um Peking von der Invasion der Republik China abzuhalten, ins Südchinesische Meer zu entsenden. Tatsächlich eskalierte in Südostasien die militärische Lage sichtbar. Vor allem in dem Vietnam benachbarten Königreich Laos, in dem die Sowjets die kommunistischen Partisanen der Pathet Lao unterstützten, schien ein gegnerischer Sieg unmittelbar bevorzustehen, was wiederum andere nichtkommunistische Nachbarstaaten - vor allem Thailand - zutiefst beunruhigte. Auch hier engagierten sich die USA nun in größerem Umfang. Mit Zustimmung der SEATO entsandten die USA Truppen, die nun in Thailand Luftwaffenbasen aufbauten, von denen aus nicht nur die geheimen Operationen gegen die Pathet Lao geführt, sondern vier Jahre später auch die Angriffe auf Vietnam und auf Kambodscha geflogen wurden. Aber nicht nur in Südostasien eskalierte die Lage. Vor allem der Konflikt um Kuba erreichte unter Kennedys Präsidentschaft 1961 und 1962 seinen Höhepunkt. Die 1961 von Exilkubanern und der CIA durchgeführte Invasion in der Schweinebucht war allerdings noch unter Eisenhower geplant worden.
Wie man in Europa weiter verfahren sollte, hatte Kennedy bereits in seiner zentralen Rede vor dem US-Senat im Juni 1960 deutlich gemacht, wo er über den gezielten Ausbau der «Keime der Freiheit» im kommunistischen Machtbereich gesprochen hatte. Kennedy war dabei von einschlägigen Militärexperten und vor allem von den Fachleuten der Psychologischen Kriegsführung unterstützt worden. Ein Mauerbau, so hatte einen Monat nach der Abriegelung der DDR Edmond Taylor, ein damals vielgefragter Spezialist für Psychologische Kriegsführung in der US-Zeitschrift The Reporter vermerkt, sei angesichts der schon 1948 begonnenen «Transistor-Revolution» nichts weiter als ein Anachronismus. 35 «Der Westen hat unzweifelhaft die Fähigkeiten und die professionellen Mittel, Radiopropaganda hinter dem Eisernen Vorhang in einem Umfang auszustrahlen, der erforderlich ist, um eine beträchtliche revolutionäre Widerstandsbewegung zu schaffen.» Man müsse damit fortfahren, die Idee der Freiheit im Osten vor allem über die elektronischen Medien zu stärken.
Drei Jahre nach seiner Senatsrede 1960 führte Kennedy diese Überlegungen in einer ungleich mehr beachteten Ansprache an dev American University in Washington am 10. Juni 1963 noch einmal im Zusammenhang aus. Sie wurde als «Strategie des Friedens» zu einer der folgenreichsten amerikanischen Leitlinien für den Kalten Krieg. 36 «Wir Amerikaner empfinden den Kommunismus als Verneinung der persönlichen Freiheit und Würde im tiefsten abstoßend», hatte Kennedy begonnen. «Dennoch können wir das russische Volk wegen vieler seiner Leistungen - sei es in der Wissenschaft und Raumfahrt, in der wirtschaftlichen und industriellen Entwicklung, in der Kultur und in seiner mutigen Haltung - rühmen. [...] Sollte heute - wie auch immer - ein totaler Krieg ausbrechen, dann würden unsere beiden Länder die Haupt-
«ICH bin ein berliner» Der Besuch John F. Kennedys in Westberlin während seiner Europareise am 26.Juni 1963 war nicht nur eine demonstrative Geste, daß die USA gewillt seien, die «Freie Stadt» Westberlin zu halten. Er war auch ein ausdrückliches Zeichen der Unterstützung für den sozialliberalen Senat unter Willy Brandt, dessen Entspannungsbemühungen in Berlin sich gegen die politische Linie der Bundesregierung unter Adenauer richteten, mit der DDR nicht zu verhandeln. Kennedy hielt hier seine berühmte Rede, die mit dem Satz schloß: «Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen, sind Bürger der Stadt Westberlin, und deshalb bin ich als freier Mann stolz darauf, sagen zu können: Ich bin ein Berliner.»
ziele darstellen. Es ist eine Ironie, aber auch eine harte Tatsache, daß die beiden stärksten Mächte zugleich auch die beiden Länder sind, die in der größten Gefahr einer Zerstörung schweben. Alles, was wir aufgebaut haben, alles, wofür wir gearbeitet haben, würde vernichtet werden. Und selbst im Kalten Kriege - der für so viele Länder, unter ihnen die engsten Verbündeten der Vereinigten Staaten, Lasten und Gefahren bringt - tragen unsere beiden Länder die schwersten Lasten. Denn wir werfen beide für gigantische Waffen riesige Beträge hinaus - Beträge, die besser für den Kampf gegen Unwissenheit, Armut und Krankheit aufgewandt werden sollten. Wir sind beide in einem unheilvollen und gefährlichen
Kreislauf gefangen, in dem Argwohn
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