Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
Vom Netzwerk:
und Mark-IV zur Verfügung. 11 Insgesamt besaßen allerdings auch die Amerikaner in diesen Anfangsjahren des Kalten Krieges immer weitaus weniger Atomwaffen als in der Öffentlichkeit angenommen. So schätzten die in den Westzonen Deutschlands erscheinenden Frankfurter Hefte das «Arsenal der Apokalypse» bereits auf dem Höhepunkt der Ersten Berlinkrise 1948 auf vierhundert Atombomben, während es in Wirklichkeit deutlich weniger waren. 12
    In der Nuklearwaffenproduktion bildete das Jahr 1949 nicht nur wegen der erfolgreichen Zündung der ersten sowjetischen Bombe eine wichtige Zäsur. In den USA gingen im selben Jahr Atombomben zum ersten Mal in die Serienproduktion. Wenig später gelang unter der Leitung der Physiker Edward Teller und Enrico Fermi am 1. November 1952 (Serie Iyy, Test Mike ) nach mehreren Vorversuchen (Serie Greenhouse, Test George ) die Zündung der ersten genuinen thermonuklearen Bombe - der seit 1942 immer wieder angekündigten «Super». Die etwa 7 Meter lange Wasserstoffbombe entwik-kelte eine Sprengkraft von 10,4 Megatonnen - das war eintausendmal mehr, als die Hiroshimabombe Little Boy entfaltet hatte. Sie vernichtete die Südseeinsel Elugelab spurlos, an deren Stelle sich danach ein Krater von 70 Meter Tiefe und anderthalb Kilometer Breite auftat. 13 Ein Dreivierteljahr später folgten die Sowjets, die am 12. August 1953 ihre erste, allerdings noch nicht genuine Wasserstoffbombe Slioka (Schichttorte) zündeten. Am 22. November
    1955 folgte hier die erste wirkliche H-Bombe mit 1,6 Megatonnen.
    Die Versuche waren auf beiden Seiten niemals gleichbedeutend mit der militärischen Einsetzbarkeit der jeweiligen Waffe, da die Indienststellung in den Streitkräften in der Regel noch wesentlich länger dauerte (H-Bombe USA: 1955/UdSSR: 1956). Dennoch zeigte sich, daß ein Wettlauf begonnen hatte, der sich von selbst fortsetzte. Massiv erhöhte sich nicht nur die Anzahl der Versuche, sondern auch die Zerstörungskraft der Sprengsätze. Der größte westliche Versuch in der Atmosphäre fand am l.März 1954 auf dem Bikini-Atoll statt. Der Test Bravo setzte, anstelle von berechneten sechs, mit 15 Megatonnen mehr als die doppelte Sprengkraft frei. Er wurde nicht zuletzt deshalb so bekannt, weil er entgegen den Berechnungen Tausende von Quadratkilometern radioaktiv verseuchte, die als sicher eingestuft worden waren. Die größte jemals durchgeführte Explosion einer Nuklearwaffe fand am 30. Oktober 1961 statt - bezeichnenderweise nur etwa zehn Wochen nach dem Höhepunkt der Zweiten Berlinkrise. Eine sowjetische H-Bombe mit dem Namen Zar brachte auf dem sowjetischen Testgelände Nowaja Semlja geschätzte 58 Megatonnen zur Explosion. Geplant waren zunächst Größen bis 100 Megatonnen. Die USA allerdings hatten darauf schon nach dem verunglückten Bravo -Test 1954 verzichtet. Auch bei den Sowjets wurden nach 1961 keine stärkeren Sprengsätze mehr gezündet. Für solche Größen fehlte mit der Entwicklung von zielgenaueren Interkontinentalraketen auch auf seiten des Warschauer Paktes schließlich die militärische Notwendigkeit. Ein Ende der Testreihen war das natürlich nicht. Zwischen 1945 und 1990 wurden insgesamt 1871 Nuklearversuche durchgeführt. Dabei entfielen auf die USA 929, auf die UdSSR 671 und auf China 36 Tests. 14
    Die rasante Dynamik des Rüstungswettlaufs erklärt sich jedoch nicht nur aus den Bedrohungsszenarien des Kalten Krieges, sondern auch daraus, daß Nuklearwaffen als prestigeträchtig galten. Dies betraf nicht nur die Konkurrenz der Blöcke oder eben auch der Bündnisstaaten untereinander, sondern auch die internen Rivalitäten der einzelnen Waffengattungen innerhalb einer Armee. Die für die Zukunft folgenreichste Entwicklung waren aber die U-Boote, die in der Lage waren, Atomwaffen einzusetzen. Die USA, die ihre erste, von einem U-Boot abgeschossene Rakete bereits 1947 gestartet hatten, stellten diese Waffengattung 1955 mit der Regulus offiziell in Dienst. Ab 1956 wurde mit der Planung der ersten seegestützten Interkontinentalrakete begonnen. Die extrem treffgenaue Polaris mit einer Reichweite von zunächst 2600, später 4800 km wurde 1962 in Dienst gestellt. 1955 gelang auch der Sowjetunion mit der R-ll (DIA/NATO-Code: SS-N-1 Scud) der erste Start einer von einem U-Boot abgeschossenen Rakete. Eine der amerikanischen Polaris vergleichbare seegestützte Rakete, die R-21 (SS-N-5 Sark), war seit 1963 einsatzfähig. Die Beteiligung an den Strategischen Waffen stärkte nicht nur die

Weitere Kostenlose Bücher