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Der Kalte

Der Kalte

Titel: Der Kalte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Schindel
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Rudolfspital.«
    Während er das tat, berichtete ich.
    »Vater ist dort?«, fragte er mit rauer Stimme.
    »Wo sollte er sonst sein?«
    Wie früher ging ich neben ihm die Stiegen hinab, sperrte ihm das Auto auf, ging um es herum. Auf der Fahrt zurück roch ich seine Ausdünstung, während er schwieg, gelegentlich zu mir herschaute. Als wir auf das Spital zugingen, nahm er meinen rechten Arm und sagte:
    »Es ist hirnrissig, aber bitte, verzeih mir.«
    »Was?«
    »Ich bin ein arrogantes Arschloch, damit hat sichs. Du verdienst wen ganz anderen.«
    »Das geht dich einen Dreck an.«
    »So ist es, Margit.«
    Und ich sah mir zu, wie ich mit Karl zur Station kam. Davor saß sein Vater und blickte uns mit unbewegter Miene entgegen.
    Karl gab ihm die Hand und setzte sich neben ihn.
    »Schön, dass du gekommen bist«, sagte der Vater.
    »Schön, dass du gekommen bist«, sagte der Sohn.
    Ich setzte mich neben Karl und schwieg genauso wie die
beiden. Wir warteten darauf, dass endlich Inge herauskäme und mitteilte, was nun Sache sei.
    31.
    (Aus dem Tagebuch des jungen Keyntz)
14. 12. 1985
    Schreib ich zu wenig hinein? Wenn der Mann gefordert ist, hat er keine Zeit, sich mit Schreibereien abzugeben. Da kommt doch die Dolly angetanzt, glupscht mich an, dass mir anders wird, sagt mir, der Tschurtschi geht ihr sowas von auf die Nerven. Das ist doch bloß ein Südtiroler Bauer ohne Feeling für irgendwas. Zwar kommt der Tschurtschi gar nicht aus Südtirol, sondern aus Maria Enzersdorf, aber zugegeben, der Name weist auf seine Urahnen hin oder nicht? Jedenfalls fragt sie mich gestern, ob ich auf unseren Platz kommen möchte, sie hätte mir irgendwas anzuvertrauen. Jetzt bin ich nicht so heiß auf tiefsinniges Gerede, aber nach dem Gerede könnte ja noch was folgen. Bevor ich abends dann hingehen konnte, musste ich mir wieder das Gejammer meiner Mutter anhören. Ich kaute an der Pizza und hörte ihr ungeduldig zu. Abgesehen davon, dass sie wieder von Vater redete und wie sehr er ihr abgeht, als ob sie die Einzige auf der Welt wär, die das spürt. Ich war bei seinem Tod erst zwölf, aber mir gibts jetzt noch einen Stich, wenn ich an die Hiobsbotschaft denke, die damals per Telefon von Direktor Nürnberger gekommen war. Dann breitete sie ihre Sorgen um Margit vor mir aus, als ob ich was dafür kann, dass sie sich diesen Karl angelacht hatte. Ich sagte meiner Mutter, ich kann da auch nichts machen, ich hab auch Liebesunglück, aber mach kein so ein Aufsehen. Drauf steht sie glatt auf, kommt um den Tisch
herum und will mir ins Haar und mit Trösten beginnen. Ich wehrte das ab und sagte ihr, ich lass die Katzen ums Haus streichen, das heißt, ihr hab ich gesagt, ich werde mich deshalb nicht aufhängen, das sind die gar nicht wert. Ich ärgerte mich gründlich über meinen eigenen Schwachsinn, wollte schon auf mein Zimmer gehen, da jammerte sie, dass Margit sich vielleicht was antun könnte, so herzzerreißend sei ihr zumute. Jetzt ging ich zu ihr, nahm sie in den Arm, obwohl mir das peinlich war, und beschwichtigte sie so gut ich eben konnte. Hernach hörte ich, wie sie bei Margit anrief, ohne sie zu erreichen.
    Als ich zu unserem Platz kam, stand dort Dolly und stieg von einem Fuß auf den anderen. Sie bat mich, »In the Ghetto« zu singen. Als ich das tat und natürlich wieder ohne Klampfen, verschränkte sie beim Sitzen die Hände über ihren Knien. Es war ziemlich warm für Dezember und in mir sogar noch wärmer, heiß wurde mir. Wir begannen zu knutschen, sie griff mir in die Hosentasche und schon wars passiert. Das wird langsam ein Problem, dass es mir gleich kommt. Sie hat das natürlich bemerkt, aber das hat ihr gar nichts ausgemacht, im Gegenteil, ein irgendwie geiler Ausdruck war in ihrem Gesicht. Ohne große Lust knetete ich ihre Brüste, küsste sie oberhalb des Davidsterns in die Grube ihres Halses. Dann standen wir von der Bank auf, kamen aus dem Versteck, also hinter dem Sichtschutz unseres Platzes hervor. Sie musste eiligst heim und ging. Was sie mir erzählen wollte, weiß ich nicht, wohl aber weiß ich, dass ich ab jetzt mit ihr gehe.
    Als ich heimkam, berichtete mir Mutter, dass Margit im Spital sei und damit beschäftigt, sich um die Mutter von Karl zu kümmern, weil die einen Herzkasperl bekommen hat.
    15. 12. 1985
    Heute mittags zwang mich meine Mutter, mit ihr zu Margit in die Hardtgasse zu fahren. Sie packte ein paar Sachen zum Essen ein, und wir fuhren hinaus. Margit machte wohl die Tür auf, ging dann aber sofort

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