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Der Kammerjäger

Der Kammerjäger

Titel: Der Kammerjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Fitzhugh
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kleinerer Aufnäher, daß dieser Angestellte BOB hieß. Derselbe fand das alles geschmacklos, aber er hatte eine Familie zu ernähren und nahm diese Verantwortung sehr ernst, und so schluckte er jeden Tag seinen Stolz, zog die Uniform an und ging zur Arbeit. Und heute hatte seine Arbeit ihn in den Keller des Hauses 536, 8th Street, geführt, in der Park-Slope-Gegend von Brooklyn.
    Bob zog sich so weit von der Wand zurück, daß er seinen Tötungsapparat ergreifen konnte. Er führte das Ende des Schlauchs in das Loch ein, und dann, fast verschämt, zog er sich eine weiße Atemschutzmaske über Nase und Mund und legte seinen zitternden Zeigefinger um den Abzug. Der Finger krümmte sich, als wollte er abdrücken, aber bevor er seine tödliche Waffe aktivierte, hielt er inne und entspannte den Finger wieder. In dem Moment näherte sich ein anderer Mann, dessen Aufnäher ihn als RICK und SUPERVISOR auswiesen. Er sprach so, wie es ein Supervisor oft tut.
    «Verdammt noch mal, Dillon, was ist denn jetzt das Scheißproblem?»
    Bob zog die Maske herunter.
    «Kann's nicht machen, Ricb, erwiderte er. «Ich kann's nicht mehr verantworten, das Parathion dreimal zu hoch zu dosieren. Das ist gefährlich. Es gelangt in die Nahrungskette.»
    «Scheiß auf dich und die Nahrungskette, Mr. Greenpeace, du hast hier einen verdammten Job zu erledigen!»
    Das brachte das Faß zum Überlaufen. Bobs Geduld mit Rick und überhaupt mit Käfer-EX war erschöpft. Familie hin oder her, er beschloß, daß es Zeit war, es mit seiner eigenen Idee zu versuchen. Sein lebenslanger Traum würde endlich in die Praxis umgesetzt. Aber zuerst mußte er etwas loswerden.
    Mit kaltem Blick fixierte er Rick.
    «Hey! Was gibt's da zu starren, Doofkopp? An die Arbeit!» Rick wollte sich abwenden, aber die ungewöhnliche Bedrohung in Bobs Blick hypnotisierte ihn derart, daß er hilflos dastand, während Bob seinen Sprühstab Rick in die Nase rammte.
    Er schob den Stab vorwärts, drückte Ricks fleischiges Nasenloch nach oben und drängte ihn an die Wand. Sein Finger zuckte nervös am Abzug.
    Ricks Nasenflügel wichen angsterfüllt zurück. Er wußte, was eine dreifache Dosis Parathion anrichten konnte, selbst bei so einem fettarschigen Scheißkerl wie ihm.
    «Weißt du, Rick, du hast recht», meinte Bob. «Ich habe wirklich eine Arbeit zu erledigen. Zunächst einmal muß .ich einen ausführlichen Brief an die Umweltschutzbehörde schreiben, mit Durchschriften an die Lebensmittelkontrolle, . Gewerbeaufsicht, Verbraucherschutzkommission und, was soll's, vielleicht sogar ans Justizministerium. Ich glaube, die werden sich für einige der esoterischeren Gesetzesverstöße interessieren, die ihr uns jeden Tag begehen laßt.»
    Mit dem Schlauch in der Nase redete Rick mit einem komischen Akzent: «Hey, Vov, wes dur udde Gehaltserheung geht, raust du dur ded Staf aus meider Dase ziehng, ud vir ködd drüber hedn.»
    «Zu spät zum Drüber-Reden, Rick. Bei mir läuft nichts mehr», sagte Bob entschlossen.
    Für Rick hörte sich das gar nicht gut an, und so kniff er die Augen zusammen in Erwartung seiner umgehenden Vertilgung. Doch in einer bemerkenswerten Geste der Mäßigung ließ Bob den Sprühstab fallen und riß den Aufnäher mit dem grinsenden Käfer von seinem Overall.
    «Ich kündige», fügte er dramatisch hinzu.
    Als Bob sich entfernte, fand Rick seine Großspurigkeit wieder.
    Er hob den Sprühstab auf und fuchtelte damit in der Luft herum, während er brüllte: «Das reicht! Ich hab die Nase voll von deiner Scheiße, Dillon! Du bist gefeuert, du Arschloch!»
    Bob winkte zum Abschied mit dem Mittelfinger seiner rechten Hand und ging die 8th Avenue hoch zur Union Street, um den Broadway Express zu nehmen oder vielleicht sogar den Local. Das wäre der längere Weg nach Hause, aber wenigstens würde er nicht umsteigen müssen. Und was Bob am dringendsten brauchte, bevor er Mary mit der guten Nachricht konfrontierte, war etwas ungestörte Zeit zum Nachdenken.
    Die Parade war im Anmarsch, und so achteten die aufgeregten schwarzen Kinder in ihren farbenfrohen traditionellen Gewändern nicht auf den weißen Mann, der bedächtig mit seinem kleinen Koffer den verwahrlosten Bürgersteig entlangging. Außerdem sahen sie täglich eine Menge Männer, die genau wie er aussahen - aber eine Parade, na ja, das war schon was Besonderes. Wenn sie überhaupt einen Gedanken auf ihn verschwendeten, dann nahmen sie wahrscheinlich an, daß er ein Geschäftsmann war - und in einem gewissen

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