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Der Kannibalenclan

Der Kannibalenclan

Titel: Der Kannibalenclan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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versprachen die Eltern, sie sofort nach Nowosibirsk zu holen, sobald sie Arbeit und eine Wohnung gefunden hätten. Aber nach drei Jahren hatte sie noch immer nichts von ihnen gehört.«
    »Und was macht sie jetzt, ist sie hier?«
    »Nein schon lange nicht mehr. Sie ist mit einem Freund ihres Onkels nach Petersburg gezogen. Natürlich war er viel älter als sie, aber dafür hatte er Geld. Viel Geld – und ich glaube, er verdient mit ihr noch mehr.«
    Nach einer kurzen Pause fährt sie mit ihren Erzählungen fort, nicht ohne ein wenig Wehmut.
    »Sie war wirklich eine gute Freundin, sie hat uns alles so hinterlassen, wie Sie es heute sehen. Uns genügt das, wir sind zufrieden. Wir haben alle unser eigenes Bett, wer hat das schon in dieser Stadt?«

    Sie sieht sich im Zimmer um und stellt mit Stolz fest:
    »Immer noch besser als bei den Jungs, oder? Unser Mobiliar besteht zwar nur aus Sperrmüll, aber das genügt uns, wir sind zufrieden. Was will man machen? Immer mehr Mädchen kommen hierher. Alle wissen, was auf sie zukommt. Natürlich versuche ich, die Kleinsten vor den Übergriffen der Männer zu bewahren, doch das gelingt mir leider viel zu selten.«

    Die Bewunderung angesichts der Lebenseinstellung dieses Mädchens macht den Besucher sprachlos, ja betroffen. Wie kann ein so junges Mädchen versuchen, andere Kinder zu schützen vor menschlichen Angriffen, vor denen sie selbst geschützt werden müsste? Wer dieses Haus, ohne Kunde zu sein, betreten hat, weiß, dass dies ein Haus der stummen Laute, ein Haus des wehrlosen, unschuldigen Lebens ist.
    Ihre abgenutzten Uniformen abgelegt, um nicht erkannt zu werden, kommen die Männer hierher und holen sich, was sie wollen. Sie benutzen Kinder, die auch in Russland Schutz und Würde zu erwarten hätten und doch nur weggeworfen werden wie lästiger Müll. Unrat, das sind die kindlichen Körper, ausgenutzt von geilen alten Männern, die zur Elite dieser Stadt zählen wollen. Nur hinter vorgehaltener Hand erzählt man darüber, was in diesem Haus des Schreckens passiert. Das Leben, die Menschenwürde der Kinder zählt nichts in diesem Haus, in dem niedere Triebe befriedigt und Kinderleben für immer ausgelöscht werden.
    Plötzlich ertönt ein lautes Poltern an der Eingangstür. »Jetzt müssen Sie aber gehen, jetzt kommt wieder einer«, sagt Ludmilla.
    Während sie ihre Gäste zur Türe begleitet, wird das Pochen immer lauter. Die Tür öffnet sich, und ein etwa sechzigjähriger, verwahrloster Mann stürzt in das Haus. Er kann kaum mehr laufen, so betrunken ist er. Er schimpft unaufhörlich, während sich die kleineren Mädchen aus dem Staube machen.

    »Kommen Sie uns mal wieder besuchen.« Mit diesen Worten verschwindet das Mädchen im Haus.
    Selbst Nikolajew scheint es die Sprache verschlagen zu haben. Als die beiden wieder zurück am Auto sind, sagt er:
    »Leicht haben die es auch nicht.«
    »Aber warum macht da die Polizei kein Ende, das sind doch noch Kinder?«, will man von ihm wissen.
    »Die Polizisten gehen doch selbst zu den Mädchen«, lautet seine Antwort.
    »Und was macht die Polizei, wenn sie mal einen von euch Jungs erwischt?«
    »Die kümmern sich doch nicht um uns, die haben anderes zu tun. Außer vor zwei Monaten«, fährt er fort. »Da hat man einen Jungen aus unserer Clique mit Benzin übergossen und angezündet. Er war ganz allein in einer alten, verlassenen Garage und schlief in einem Autowrack. Tagelang hatte er nichts zu essen. Wenn wir ihm nicht ab und zu etwas gebracht hätten, wäre er sowieso verhungert. Ständig rief er nach seiner Mutter. Wir gingen zu ihr, und wir erzählten ihr, dass es ihm so schlecht geht. Aber sie hat ihn nie besucht. Er hatte sehr stark abgenommen und hustete unentwegt. Eines Tages muss ein Mann vorbeigegangen sein und den Jungen gesehen haben.
    Vielleicht war er betrunken, jedenfalls goss er Benzin über das Auto und zündete es an. So ist unser Freund ums Leben gekommen. Da war die Polizei gleich da, weil sie wahrscheinlich Angst hatte, das Nachbarhaus würde mit abbrennen. Aber sonst sieht man von denen nichts. Zum Glück.« Es scheint ihn nicht sonderlich mitzunehmen, wie er von dem kleinen Jungen erzählt Er geht ein paar Schritte weiter, und damit ist für ihn das Thema erledigt. Dabei lässt er einen spüren, dass er nicht weiter darüber berichten will. Er zieht seinen Plastikbeutel mit Klebstoff aus der Tasche, inhaliert einmal kräftig und lächelt wieder.

    Saschas erstes Opfer: seine Verlobte In der breiten,

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