Der Kannibalenclan
steinigen Ufern zu trocknen.
Viele große Steinplatten, die in das Flussbett reichen, machen es den Frauen leicht, ihre bunten Teppiche durch das Wasser zu ziehen.
An diesem Tag sehen die Frauen unerklärliche Gegenstände an der Wasseroberfläche treiben. Undefinierbares Treibgut, das in den Wellen auf und ab taucht. Sie treten an die vorderste Platte, die sich im Wasser befindet, und beobachten die merkwürdigen Gegenstände. Sie wollen noch immer nicht wahrhaben, was doch längst jede von ihnen zur Kenntnis genommen hat…
Es sind Knochen, zum Teil noch mit verwestem Fleisch, die der Fluss zum Ufer treibt. Im ersten Moment denken sie an tote Tiere, vermuten, dass dieses Treibgut aus einer Großschlächterei stammt. Immer näher rücken die Frauen zusammen, und immer näher kommt die Fracht des Schreckens. Kleine und große Knochen, und es werden immer mehr. Doch eine Großschlächterei gibt es nicht am Ufer des Flusses. Woher also kommen diese Knochen?
Den Frauen stockt der Atem. Entsetzt treten sie von der Steinplatte zurück, als sie – wie in einem Horrorfilm – einen menschlichen Kopf auf sich zutreiben sehen. Die Wellen lassen den Kopf an der Wasseroberfläche erscheinen und wieder verschwinden. Ein grauenvolles Szenario ohnegleichen.
Totenstille.
Die Frauen fassen sich an den Händen. Sie suchen Schutz vor dem Unerklärlichen. Aufgeregt fuchteln sie mit den Armen und schreien sich die Angst aus dem Leibe. Auf der nahe gelegenen Brücke kann sich niemand ihr Verhalten erklären.
Sie wollen sich bemerkbar machen, doch der Straßenlärm auf der Brücke lässt ihre Rufe verhallen. Wie versteinert stehen sie eng beieinander auf der dem Ufer am nächsten gelegenen Steinplatte und können nicht fassen, was sie sehen. Nur wenige Meter von ihnen entfernt haben sich die langen schwarzen Haare an einem tief ins Wasser reichenden Busch verfangen.
Es gibt keinen Zweifel mehr: Was sie da mit großen schwarzen Augen ansieht, ist der Kopf eines Mädchens ohne Körper. Wie ein Schleier treiben die dunklen Haare an der Oberfläche, als wollten sie das Fehlen des Körpers verbergen.
Die Frauen rennen die Uferböschung hinauf und versuchen so schnell wie möglich die Brücke zu erreichen. Der Schock sitzt ihnen tief in den Gliedern, sie wollen das Gesehene mitteilen, es loswerden. Sie rennen, ohne nach links oder rechts zu blicken, auf die stark befahrene Brücke.
Der Verkehr kommt zum Erliegen. Reifen quietschen, wütende Fahrer steigen aus ihren Fahrzeugen und wollen die Frauen beschimpfen. Im Nu sind die Frauen von zornigen Männern umringt, die ihr Verhalten nicht verstehen können.
Verärgert gehen sie auf die Frauen zu.
»Seid ihr verrückt geworden«, ruft man ihnen entgegen.
»Nein, schauen Sie zum Flussufer, dort schwimmen lauter Leichen«, bringt eine der Frauen heraus.
»Ihr seht wohl Gespenster, ihr verrückten Weiber«, ist die einzige Antwort. Doch die Neugierde siegt bei den Leuten der Stadt, und so treibt sie die Ungewissheit zum Brückengeländer.
Weit nach vorne gebeugt, suchen sie den Fluss ab. Zunächst können sie nichts Ungewöhnliches erkennen, außer den vielen am Ufer zum Trocknen ausgelegten Teppichen. Sie wollen sich schon abwenden, um die Frauen zu verhöhnen. Plötzlich tritt eine Frau hervor und deutet, ohne ein Wort zu sagen, auf eine Uferstelle. Voller Aufregung, mit hochrotem Kopf, ruft ein älterer Herr in die Menge: »Um Gottes willen, da… da ist alles voller Leichen«, und tritt geschockt einige Schritte vom Geländer zurück.
Längst ist ein riesiger Menschenauflauf auf der Brücke entstanden, wild gestikulierend stehen die Menschen herum und schauen zum Ufer des Flusses. Der Verkehr auf der Brücke und im näheren Umfeld ist mittlerweile zusammengebrochen. Die zur Brücke führenden Straßen sind verstopft.
Es gibt kein Weiterkommen mehr, und so dauert es nicht lange, bis die erste Polizeistreife auf den Menschenauflauf aufmerksam wird.
Zunächst lachen die Beamten, als man ihnen den Sachverhalt vorträgt. Zu unvorstellbar ist auch für sie, dass Teile menschlicher Leichen in diesem Fluss angeschwemmt wurden.
Hätten die Frauen von einer einzigen Leiche gesprochen, hätte man es glauben können. Aber gleich mehrere Leichen, das lässt die Männer doch stark an der Glaubwürdigkeit dieser Aussagen zweifeln.
»Kommen Sie, zeigen Sie uns die Stelle, wo die Leichen sind«, sagt ein Beamter mit ironischem Unterton.
»Nein, da gehe ich nicht mehr hin. Sie brauchen nur
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