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Der Kannibalenclan

Der Kannibalenclan

Titel: Der Kannibalenclan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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junges Mädchen zu vergewaltigen. Als man seine Papiere durchsuchte, stellte sich heraus, dass dieser junge Mann Sascha Spesiwtsew war. Fast hätte man ihn wieder freigelassen, denn niemand hatte diesen Namen mit den Haftbefehlen verglichen.
    Es war nur unserem Chef zu verdanken, dass er nicht wieder die Zelle verlassen konnte. Mein Chef sollte gerade die Entlassungspapiere unterschreiben, als ihm der Name auffiel und ihm klar wurde, wen er vor sich hatte. Ab diesem Zeitpunkt kümmerte nur er sich um den Gefangenen. Selbstverständlich teilte er der vorgesetzten Behörde mit, es sei nur seinem kriminalistischen Feingefühl zu verdanken, dass man Sascha überhaupt festnehmen konnte. Sofort wurde eine Pressekonferenz einberufen. Dort erzählte man den Journalisten, dass der Haupttäter nur aufgrund intensivster Ermittlungsarbeiten dingfest gemacht werden konnte.«
    So weit die Schilderung des Beamten Gurjew F.

    Nur wenige Tage nach der Verhaftung von Sascha Spesiwtsew wird bekannt, dass sich sowohl die Schwester als auch die Mutter Saschas freiwillig bei der Polizei gestellt haben. Sie geben an, dass sie sich in einer Zweitwohnung von Nadeschda aufhielten und den Rummel um sich gar nicht verstehen könnten, da sie völlig unschuldig seien. Man habe nur klarstellen wollen, dass sie mit den ihnen zur Last gelegten Straftaten nichts zu tun hätten.
    Alle drei werden schließlich dem Untersuchungsrichter vorgeführt. Der Sohn gibt zwei Morde zu, vom Tode Olgas weiß er noch nicht. Die Mutter bestreitet alles, doch das hilft ihr nichts – sie kommt wie ihr Sohn in Untersuchungshaft. Die Tochter Nadeschda dagegen vernimmt man separat. Sie, die hübsche junge Frau im Dienste eines hohen Richters, wird unverzüglich einem Psychiater zur Untersuchung vorgeführt.
    Nach knapp zwei Stunden lässt man sie wieder frei.

    Einiges könnte man über Nadeschda Spesiwtsew berichten. Die Nachbarn des Horrorhauses bestätigen, dass sie sich die meiste Zeit in der Wohnung aufhielt, in der die grässlichen Dinge geschehen sind. Doch diese Zeugen werden nicht von der Staatsanwaltschaft und dem Untersuchungsrichter vorgeladen.
    Nadeschda Spesiwtsew bleibt auf freiem Fuß. Eine Angestellte des örtlichen Gerichts untersteht offenbar nicht der staatlichen Gerichtsbarkeit.
    Jedem, der es nur wagte, dieser Frau nach ihrer Entlassung durch das Gericht Fragen zu stellen, wäre es schlecht bekommen, weiterhin Gast in dieser Stadt zu sein.
    »Sie kommen hier nicht lebend raus, wenn Sie sich schlau machen wollen über das Leben von Nadeschda Spesiwtsew.
    Selbst wenn Sie es schaffen sollten, das Land zu verlassen –
    der Arm der russischen Mafia reicht auch bis in Ihr Heimatland«, erhält man als Antwort, wenn man sich nach Nadeschda erkundigt. Hartgesottene Journalisten – so ist nach einiger Zeit zu erfahren – haben schon oft fluchtartig die Stadt verlassen, als sie in ihren Nachforschungen ein Stück vorangekommen waren. Und diejenigen, die blieben und weitersuchten, fanden Nadeschda nicht – sie ist wie vom Erdboden verschluckt.
    Spekulationen werden laut: »Die hat sich bestimmt in einer der Kasernen des Militärs verkrochen – immer noch besser als im Gefangenenlager.«
    Eine amerikanische Reporterin, die ebenfalls auf den Fall aufmerksam wurde, macht sich auf die Suche nach Nadeschda.
    Doch bald bemerkt sie, wie gefährlich diese Suche ist. Noch einmal versucht sie, den ermittelnden Staatsanwalt zu sprechen. Aber, so wird sie später schreiben: »Die Sekretärin des Staatsanwalts hat zu mir gesagt, ich käme nur über ihre Leiche durch die Tür.«
    Daraufhin verlässt sie die Stadt. Zu Hause schreibt sie in ihrem Artikel (Auszüge): »Anderswo wären die Brutalität der Morde und schon die bloße Vorstellung von Kannibalismus eine Sensation – wie 1991 im Fall von Jeffrey Dahmer*, einem Serienmörder und Kannibalen aus Milwaukee. Aber in Russland gab es keinen Aufschrei. Hier passiert so etwas überraschend häufig, vor allem in abgewirtschafteten Provinzstädten, und fast immer sind die Täter Arbeitslose, schwere Trinker oder Ungebildete.«

    * Anm.: Jeffrey Dahmer wurde verurteilt des 17-fachen Mordes. Er hatte seinen Opfern Drogen in Drinks gemischt und ihnen, wenn sie bewusstlos waren, Löcher in den Kopf gebohrt. Dann schüttete er ihnen Säure ins Gehirn, um sie »zu Sexzombies zu machen«, so Dahmer selbst dazu. Er wollte, dass seine Opfer das Leben mit ihm teilten, bei ihm waren und ihm stets als Sexspielzeug zur Verfügung

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