Der Kapuzenmörder
verstecken. »Glaubt Ihr, die kleiden sich immer so?« wisperte Ranulf. »Das bezweifle ich«, antwortete Corbett leise. »Nur bei ihren Zusammenkünften.«
»Warum tuschelt Ihr? Was sucht Ihr hier?« Eine alte, weißhaarige Lady am Kopfende des Tisches stand auf und hielt eine Hand hinters Ohr. Sie stellte die Frage noch einmal, und eine hochgewachsene Dame zu ihrer Rechten wiederholte sie ebenfalls.
»Ihr Herren, dies ist eine Versammlung unserer Schwesternschaft. Ihr habt nicht angeklopft oder um Einlaß gebeten.«
»Mylady«, antwortete Corbett, »wir sind hier auf Befehl des Königs.«
Gemurmel erhob sich unter den versammelten Damen, aber die alte Lady oben am Tisch klatschte schweigengebietend in die Hände, während die hochgewachsene Frau an ihrer Seite aufstand und durch den Saal herangerauscht kam. Corbett ließ seinen Blick rasch über den Kreis der Frauen wandern und zählte siebzehn.
»Ich bin Lady Catherine Fitzwarren«, sagte die große Frau. »Meine Oberin, Lady Imelda de Lacey, hat Euch eine Frage gestellt. Wer seid Ihr?«
Corbett musterte sie; er sah, daß graues Haar unter der Haube hervorlugte, doch die Haut in ihrem Gesicht war glatt und klar und faltenlos, und hohe Wangenknochen betonten Augen, die grau wie Schiefer waren. Nur die spröde geschürzten Lippen verliehen ihr einen säuerlichen Ausdruck.
»Nun, wer Ihr seid, weiß ich.« Lady Fitzwarren streifte die beiden Mönche mit einem verachtungsvollen Blick. »Und Ihr«, sie deutete mit einem langen, knochigen Finger auf Cade, »seid der Untersheriff, der anscheinend außerstande ist, den Schlächter der armen, unglücklichen Mädchen auf frischer Tat zu ertappen.«
Während sie sprach, schaute Corbett die Dame an, die oben am Tisch saß. Ich muß mich vorsehen, dachte er. Diese de Lacey muß mindestens siebzig sein; sie ist die Witwe eines der großen Mentoren Edwards. Und der Gemahl der Fitzwarren war einer der erfolgreichsten Generäle des Königs in Wales gewesen. Corbett holte tief Luft und warf Ranulf einen warnenden Blick zu.
»Mylady.« Er trat vor. »Ich bin Sir Hugh Corbett, Bewahrer des Geheimsiegels und oberster Sekretär der Staatskanzlei.«
Lady Catherine streckte Corbett sofort ihre weiße, schmale Hand entgegen, damit er sie küssen könnte, was der Sekretär auch tat, ohne auf Ranulfs unterdrücktes Kichern zu achten. »Der König hat mich selbst hergeschickt, damit ich den Tod von Lady Somerville und der anderen Unglücklichen, die Ihr erwähnt habt, untersuche«, stammelte er.
»Nun, Sir Hugh«, blaffte sie, »dann seid Ihr willkommen. Aber brauchen wir tatsächlich die Mönche hier?«
Adam von Warfield und Bruder Richard benötigten keine zweite Aufforderung; wie verängstigte Kaninchen flüchteten sie aus dem Raum.
»Nun?« Lady Catherine wandte sich mit gekünsteltem Lächeln um. »Wir brauchen noch ein paar Stühle.« Sie klatschte in die Hände, und Dienerinnen, die in einer dunklen Fensternische saßen, beeilten sich, ihrem Befehl nachzukommen, f Corbett mußte sich bemühen, keine Miene zu verziehen, als die Frauen murmelnd und ächzend drei hochlehnige Stühle von der Wand zum unteren Ende des langen, ovalen Tisches schleiften. Er befahl Ranulf und Cade, ihnen zu helfen. Lady Catherine schwebte zu ihrem Platz zurück, und die drei Männer nahmen befangen Platz.
»Vielleicht ist es das Beste«, verkündete die alte Lady de Lacey mit überraschend klarer Stimme, »wenn wir dem Sonderbeauftragten des Königs« — die Worte hatten einen sarkastischen Unterton — »etwas über die Schwestern der Hl. Martha erzählen. Wir sind eine Gruppe von Laienfrauen«, fuhr sie mit kräftiger Stimme fort, »Witwen, die dem Ratschlag des hl. Paulus folgen und sich nun guten Werken widmen. Wir geloben dem Bischof von London feierlich Gehorsam, und unsere Arbeit führt uns zu den Frauen auf den Straßen und Gassen der Stadt. Frauen« — ihre Augen richteten sich auf Corbett wie zwei Nagelbohrer — , »die ihren Körper verkaufen müssen, um die schmutzige Lust der Männer zu befriedigen.«
Sie schwieg und starrte Corbett an, als sei er persönlich verantwortlich für jede einzelne Hure in London.
Corbett biß sich auf die Unterlippe, um das Lächeln zu unterdrücken. Ranulf senkte den Kopf und bekam unter dem Tisch einen Tritt.
»Ranulf, wenn du lachst«, zischte Corbett aus dem Mundwinkel, »dann breche ich dir eigenhändig den Hals!«
»Was sagt Ihr? Was?« Lady de Lacey legte wieder die Hand hinters
Weitere Kostenlose Bücher