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Der Kapuzenmörder

Der Kapuzenmörder

Titel: Der Kapuzenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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die rotweiße Seidendecke auf dem Bett. Immer wieder nickte er ein, geplagt von grausigen Alpträumen, bevölkert von Folterknechten und den wandelnden Leichen junger Mädchen mit durchschnittenen Kehlen, Adam von Warfields haßerfüllten Augen und dem Zorngebrülle seines königlichen Herrn. Corbett erwachte und starrte auf den Wandbehang, auf dem Salomes Schleiertanz vor Herodes abgebildet war. Warum hatte Maeve ihn hier aufgehängt? Er wälzte sich hin und her und dachte an den Tod der letzten Hure, Hawisa. Warum war sie ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt ermordet worden? Corbett hatte damit gerechnet, daß der nächste Mord irgendwann Mitte Juni geschehen würde. Er dachte an Lady Mary Neville, die genauso liebreizend lächelte wie seine erste Frau, und er versank in einen ruhigeren Schlaf, aus dem Maeve ihn mit einem Schulterrütteln weckte.
    »Hugh! Hugh! Das Abendessen ist fertig!«
    Corbett schwenkte gähnend die Beine vom Bett.
    »Komm schon, Schreiber!« neckte Maeve mit gespielter Strenge. »Du liegst im Bett, und dabei gibt es genug Arbeit. Und, was noch wichtiger ist, der Tisch ist gedeckt und das Essen aufgetragen.«
    Maeves Späße rissen ihn schließlich aus seiner finsteren Niedergeschlagenheit. Zudem bestand seine Frau entschlossen darauf, daß er sich jetzt um bestimmte Haushaltspflichten zu kümmern habe. Von der Verwaltung ihres Landguts zu Leighton in Essex waren Briefe gekommen, und sie wollte die Vorbereitungen für Lord Morgans Aufenthalt mit ihm besprechen. Ob Hugh sich nicht ein paar Tage freimachen könnte?
    Also verbrachte Hugh auf Beharren seiner Frau die nächsten Tage zu Hause. Er spielte mit seiner Tochter Eleanor. Er saß mit seinem Verwalter Griffin im Garten und ging die Haushaltsbücher durch, und noch einmal versuchte er, den ungestümen Ranulf von seinem Liebeswerben um Lady Mary Neville abzubringen. Aber Ranulf war bis über beide Ohren verliebt, und Corbett spürte die Veränderung. Das rote Haar seines Dieners war jetzt gekämmt und säuberlich eingeölt; Wams, Hose und Stiefel waren vom Feinsten, das die Cheapside zu bieten hatte, und insgeheim lächelte Corbett über die schwer parfümierten Öle, mit denen Ranulf seine Haut einrieb. Maeve genoß jede Einzelheit, und als Ranulf einen Trupp Musikanten anheuerte, um Lady Mary ein Ständchen zu bringen, bekam sie einen heftigen Kicheranfall.
    Aber Maltotes Rückkehr aus Winchester machte solcher Häuslichkeit ein Ende. Er war aschgrau und sehr nervös, als Corbett und Ranulf sich in der Privatkanzlei des Sekretärs mit ihm trafen.
    »Du hast dem König meine Nachricht überbracht?«
    »Jawohl, Master.«
    »Und was hat er gesagt?«
    »Er zog den Dolch, und wenn Lord de Warenne nicht dabeigewesen wäre, hätte er ihn nach mir geworfen.«
    »Und dann?«
    »Die meisten Möbel in dem Gemach gingen zu Bruch. Der König nahm eine große Keule von der Wand und zerschlug alles ringsumher. Master, ich dachte, er sei in Raserei verfallen! Er fluchte und wetterte und wollte jeden verdammten Mönch in der Abtei aufhängen.«
    »Und ich?«
    »Ihr werdet auf die Insel Lundy verbannt, aller Ämter enthoben und auf Brot und Wasser gesetzt.«
    Corbett stöhnte und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Die Wutanfälle des Königs waren fürchterlich, und wahrscheinlich meinte Edward jedes Wort ernst, zumindest, bis er sich beruhigt hatte.
    »Und was jetzt?«
    »Ich habe Winchester noch am selben Abend verlassen. Der König war im Schloßhof und schrie alles an, Pförtner, Knechte, Soldaten und Hofbeamte. Man solle die Truhen packen, die Saumtiere beladen, Boten ausschicken. Morgen früh wird er in Sheen sein, und er befiehlt Euch, dort zu erscheinen.« Corbett sah Ranulfs boshaftes Grinsen.
    »Du wirst mitkommen, Ranulf!« bellte er. »Gütiger Gott!« murmelte er dann. »Morgen der König, und übermorgen Lord Morgan! Glaube mir, Ranulf, die Heilige Mutter Kirche hat recht, wenn sie sagt, die Ehe sei ein Stand, in den sich nur die Toren stürzen.«
    »Was sollen wir denn nun machen, Master?«
    Ranulfs Schadenfreude über die Bestürzung unter den Edlen des Landes verflog zusehends. Außerdem behielt er den König stets wachsam im Auge, und wenn er dachte, daß die Laufbahn seines Herrn in Gefahr sei, wurde er immer besonders fürsorglich. Corbett starrte aus dem Fenster. Die Sonne ging unter, und er hörte von ferne die Glocken der Stadt, die zur Vesper läuteten.
    »Wir werden ausgehen«, antwortete er. »Wir werden über die Stränge schlagen,

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