Der Kapuzenmörder
ist mir wohl auch gekommen. Ich frage mich in der Tat, ob man dem guten alten Prior nicht geholfen hat, dieses Tal der Tränen zu verlassen. Aber nun kommen wir zu Adam von Warfield. Er merkte, daß das Silber verschwunden war. Er hörte auch von den Festen, die William im Schloß veranstaltete, und er verlangte, an diesen frevelhaften Vorgängen beteiligt zu werden; sonst werde er geradewegs zum König gehen. Master William und Puddlicott waren einverstanden. Warfield bekam ein Drittel des Geldes, das bei dem Verkauf des Abteisilbers herausgesprungen war. Dann kam ihnen die brillante Idee, den Kronschatz zu berauben.« Der Schreiber blätterte in den Pergamenten in seiner Hand. »Die Sache war gut geplant. Vor sechzehn Monaten erließ Adam von Warfield ein Zugangsverbot für den Friedhof und verstreute eine Unmenge von schnellwachsender Hanfsaat, und Puddlicott begann mit seinen Tunnelarbeiten. Vor zehn Tagen brach er in die Krypta ein. Das Silbergeschirr wollte er nicht, das verkaufte unser guter Sakristan.« Der Schreiber lächelte. »Ich vermute, Master Corbett, daß es in unserer Stadt Goldschmiede gibt, die genau wissen, daß das Geschirr, das sie gekauft haben, Diebesgut war.«
Er schwieg, und Corbett pfiff ungläubig durch die Zähne. »Wann hat Puddlicott denn an seinem Tunnel gegraben?«
»Warfield sagt, nachts, aber weil der Friedhof verlassen war, manchmal auch tagsüber.«
Corbett hob die Hand an den Mund. »Gütiger Gott!« hauchte er.
»Sir Hugh«, fragte Limmer, »was ist denn?«
Corbett schüttelte nur den Kopf. Er wollte nicht zugeben, daß er Puddlicott wahrscheinlich gesehen hatte; er dachte an seinen ersten Besuch in der Abtei und an den alten Gärtner mit der Kapuze, der ihm den Rücken zugewandt hatte. Kein Gärtner, dachte Corbett erbittert, sondern Master Puddlicott in einer seiner raffinierten Verkleidungen.
»Und weiter?« fragte er scharf. »Konnten sie uns noch etwas über Puddlicott sagen?«
»Nein. Der Schurke war ein Meister der Schatten. Er kam zu ihnen; sie wußten nie, wo er zu finden war. Entweder kam er spät oder sehr früh, und immer verschwand er, ohne jemandem etwas zu sagen. Eine Zeitlang kam er regelmäßig, dann wieder war er wochenlang abwesend.«
»Und das gestohlene Gold und Silber?«
»Sie bekamen ihren Anteil, aber natürlich behielt Puddlicott das meiste für sich.«
»Und die Morde?«
»Ah.« Der Protokollant schüttelte den Kopf. »Sie bestreiten, mit irgendeinem der Todesfälle etwas zu tun zu haben, seien es Lady Somerville, Pater Benedict oder die Huren in der Stadt.« Er zog einen Federkiel hinter dem Ohr hervor und klopfte auf das Pergament. »Aber Warfield«, fuhr er hoffnungsvoll fort, »Warfield ist ein Mörder. Ein Mann Gottes ist er ebensowenig wie die Kreaturen in der königlichen Menagerie, Sir Hugh. Ich war bei vielen Verhören dabei.«
Corbett schaute in die steinharten Augen und glaubte es sofort. »Ich habe viele ähnliche Vernehmungen erlebt«, fuhr der Mann fort. »Warfield ist ein Mörder. Er hat schon getötet. Ich bin sicher, daß er beim Tod des Priors die Hand im Spiel hatte. Ihr kennt den Lauf der Welt, Sir Hugh. Einer, der einmal gemordet hat, wird es immer wieder tun.« Er rollte sein Pergament zusammen. »Darüber hinaus«, schloß er nüchtern, »kann ich Euch nichts sagen.« Er lächelte düster. »Natürlich sind wir mit Bruder Adam noch nicht fertig.«
Corbett dankte ihm, und der kleine Mann watschelte davon, zurück zu seinen Pflichten.
»Was können wir jetzt noch tun?« fragte Limmer.
»Wie gesagt: Überstellt Bruder Richard in den Gewahrsam der Kirche. Verhört Warfield. Auch möchte ich, daß eine Nachricht an die Sheriffs und Zunftherren überbracht wird’ Im Namen des Königs soll man die ganze Stadt durchsuchen. Man soll nach Silbergeschirr mit den königlichen Insignien suchen und jeglichen Zustrom von frischgeprägten Münzen melden. Die Sheriffs sollen mir einen umfassenden Bericht über ihre Untersuchungsergebnisse nach Hause in die Bread Street bringen. Habt Ihr das alles verstanden?«
Corbett wartete ab, während der Soldat getreulich alle Anweisungen wiederholte; dann verabschiedete er sich und verließ den Tower.
Als er in der Bread Street ankam, war auch Ranulf von seinem Botengang zurück. Maeve war mit ihrer kleinen Tochter und der Magd Anna zu einem Kaufladen nach Cornhill gegangen. Müde und niedergeschlagen stieg Corbett hinauf in seine Schlafkammer. Er streifte die Stiefel ab und legte sich auf
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