Der Kardinal im Kreml
wir an.«
Ryan öffnete seine Mappe und legte ein Foto auf den niedrigen Tisch. Daneben kam eine Planzeichnung. »Mr. President, dies ist ein Satellitenbild der Anlagen, die wir Bach und Mozart nennen. Sie befinden sich auf einem Berg südöstlich der Stadt Duschanbe in der Tadschikischen Sowjetrepublik, rund siebzig Meilen von der afghanischen Grenze entfernt. Der Berg ist ungefähr zweitausenddreihundert Meter hoch. Wir überwachen ihn seit zwei Jahren. Dies hier â« er legte ein zweites Bild hin, »ist Sari Schagan, wo die Russen seit dreiÃig Jahren an Abwehrsystemen gegen ballistische Raketen arbeiten. Wir nehmen an, daà wir mit dieser Anlage hier auf dem ersten Bild eine groÃe Laser-Testanlage
vor uns sehen. Es wird vermutet, daà den Russen hier vor zwei Jahren ein bedeutender Durchbruch auf dem Gebiet der Laserleistung gelang. AnschlieÃend wurde auf Bach Raum für die weitere Erprobung geschaffen. Vergangene Woche fand ein Test mit voller Leistung statt. Diese Konfiguration hier auf Bach ist ein Lasersender.«
»Und damit haben sie einen Satelliten zerstört?« fragte Jeff Pelt.
»Jawohl, Sir«, antwortete Major Gregory. »Sie haben ihn angekokelt, wie wir im Labor sagen; so viel Energie in ihn hineingepumpt, daà ein Teil des Metalls schmolz und die Sonnenzellen total zerstört wurden.«
»Und wir bringen das noch nicht fertig?« fragte der Präsident Gregory.
»Nein, Sir. So viel Leistung holen wir aus unseren Lasern noch nicht heraus.«
»Wie kommt es, daà sie uns voraus sind? Wir haben doch eine Menge Geld in die Laserentwicklung gesteckt, oder, General?«
General Parks waren die neuesten Entwicklungen unangenehm, aber sein Ton blieb sachlich. »Das haben die Russen auch getan, Mr. President, und im Zusammenhang mit ihren Anstrengungen auf dem Gebiet der Kernfusion Fortschritte gemacht. Seit Jahren beschäftigen sie sich mit der Entwicklung von Fusionsreaktoren und haben viel in die Hochenergiephysik-Forschung investiert. Vor fünfzehn Jahren wurde dieses Vorhaben mit dem Raketenabwehrprogramm zusammengelegt. Wer soviel Zeit und Geld in Grundlagenforschung investiert, kann mit Resultaten rechnen. Sie erfanden den RFQ â den Radio-Frequenz-Quadropol  â, den wir bei unseren Experimenten mit Neutronen-Korpuskularstrahlen verwenden. Sie erfanden das Tokomak, ein Gerät zur Erzielung der Kernfusion durch magnetische EinschlieÃung eines Plasmas, und das Gyrotron stammt auch von ihnen. Das sind also drei bedeutende Durchbrüche auf dem Gebiet der Hochenergiephysik, über die wir informiert sind. Teilaspekte haben wir bei unserer
eigenen SDI-Forschung eingesetzt, und es ist sicher, daà auch die Russen diese Anwendungsmöglichkeiten gefunden haben.«
»Gut, und was wissen wir über diesen neuen Test?«
Wieder gab Gregory die Antwort. »Sir, wir wissen, daà die Strahlen von Duschanbe kamen, weil die beiden anderen Hochenergielaser-Anlagen, Sari Schagan und Semipalatinsk, zum fraglichen Zeitpunkt unterm Horizont lagen, den Satelliten also nicht âºsehenâ¹ konnten. Ein Infrarotlaser kann es nicht gewesen sein; dessen Strahl müÃten die Sensoren an Bord der Cobra Belle erfaÃt haben. Ich würde eher auf einen freien Elektronenlaser tippen â«
»Korrekt«, merkte Richter Moore an. »Das haben wir inzwischen bestätigen können.«
»Also den Typ, an dem wir auch bei Tea Clipper arbeiten und der das gröÃte Potential für eine Waffenapplikation zu haben scheint.«
»Und warum, wenn ich fragen darf?« lieà sich der Präsident vernehmen.
»Eine Frage des Wirkungsgrades, Sir. Der eigentliche Lasing-Prozeà findet in einem Strom freier Elektronen â die nicht wie sonst an Atome gebunden sind â in einem Vakuum statt. Mit Hilfe eines Linearbeschleunigers erzeugt man einen Strom von Elektronen, den man dann in die Brennkammer leitet, entlang deren Längsachse ein Laserstrahl verläuft. Die Idee ist nun, mit Hilfe von Elektromagneten die Elektronen in Schwingungen zu versetzen, was zur Ausstrahlung von Photonen radioaktiver Energie führt. Durch Justierung des Magnetfeldes und Veränderung der Elektronenstrahlenergie lassen sich praktisch Strahlen beliebiger Wellenlängen erzeugen. Dann kann man die Elektronen sozusagen im Recyclingverfahren zurück in den Linearbeschleuniger führen und dann erneut in
Weitere Kostenlose Bücher