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Der Kardinal im Kreml

Der Kardinal im Kreml

Titel: Der Kardinal im Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clancy Tom
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Stimme oder ein Wort, das nicht zur Stimmung des Abends paßte. Eine leichte Aufgabe war das nicht. Ein Streichquartett in der Ecke spielte Kammermusik, der offenbar niemand zuhörte; doch auch dies gehörte zu diplomatischen Empfängen.
Hinzu kam das Gewirr der Stimmen der über hundert Anwesenden. Jene, die in der Nähe des Streichquartetts standen, mußten laut sprechen, um sich überhaupt verständlich zu machen. Die resultierende Kakophonie war gefangen in dem sechzig Meter langen und zwanzig Meter breiten Ballsaal mit Parkettboden und Stuckwänden, die den Schall reflektierten. Und die Spione nutzten ihre Unsichtbarkeit und den Krach, um sich zu den Gespenstern des Festes zu machen.
    Aber sie waren gegenwärtig. Das wußte jeder. Jedermann in Moskau hat etwas über Spione zu erzählen. Wer sich einigermaßen regelmäßig mit jemandem aus dem Westen traf, meldete das. Kam es nur zu einem Treffen, und ein vorbeigehender Beamter der Moskauer Miliz oder Offizier der Armee bemerkte es, wurde die Sache zur Kenntnis genommen. Seit Stalins Zeiten hatte sich zwar einiges geändert, aber Rußland war noch immer Rußland, und sein Argwohn Fremden und ihren Ideen gegenüber war viel älter als jede Ideologie.
    Die meisten Anwesenden dachten nur am Rande daran – abgesehen von denen, die aktiv mit diesem Spiel befaßt waren. Die Diplomaten und Politiker, in vorsichtiger Ausdrucksweise geübt, machten sich im Augenblick nicht übermäßig viele Gedanken. Die Reporter sahen darin lediglich ein amüsantes Spiel, das sie nicht direkt anging. Am meisten dachten die Militärs darüber nach. Sie kannten die Bedeutung von Geheiminformationen, schätzten und begehrten sie – und verachteten jene, die sie mit List und Tükke sammelten.
    Selbstverständlich gab es auch eine Handvoll Leute, die sich nicht so leicht in eine Kategorie einordnen ließen – oder in mehr als eine paßten.
    Â»Und wie hat Ihnen Moskau gefallen, Dr. Ryan?« fragte ein Russe. Jack drehte sich um.
    Â»Ich fand es leider nur kalt und dunkel«, antwortete Ryan nach einem Schluck Champagner. »Wir bekamen wenig Gelegenheit, uns etwas anzusehen.« Das sollte sich auch kaum ändern. Das amerikanische Team war erst seit
gut vier Tagen in der Sowjetunion und sollte nach Abschluß der der Plenarsitzung vorausgehenden technischen Verhandlungen am nächsten Tag heimfliegen.
    Â»Das ist sehr schade«, bemerkte Sergej Golowko.
    Â»Ja«, stimmte Jack zu. »Wenn der Rest Ihrer Architektur so stilvoll ist wie dieses Gebäude, würde ich gerne noch ein paar Tage dranhängen.« Er nickte anerkennend zu den schimmernd weißen Wänden, der gewölbten Decke und dem Blattgold hin.
    Â»Jaja, die dekadenten Romanows«, stellte Golowko fest. »Für diese Pracht mußten die Bauern schwitzen und bluten.« Ryan lachte.
    Â»Nun, wenigstens wurde aus ihren Steuern etwas Schönes, Harmloses und Unsterbliches. Wenn Sie mich fragen, ist das besser als häßliche Waffen, die in zehn Jahren technisch überholt sind. Ist doch eine großartige Idee, Sergej Nikolajewitsch. Lenken wir unseren politisch-militärischen Wettstreit auf das Gebiet der Schönheit um.«
    Â»Sie sind also mit den Fortschritten zufrieden?«
    Zurück zum Geschäft. Ryan hob die Schultern und setzte seine Inspektion des Raumes fort. Ȇber die Tagesordnung sind wir uns wohl einig. Nun müssen die Herren da drüben am Kamin die Details ausarbeiten.«
    Â»Und halten Sie auch die Frage der Verifizierbarkeit für befriedigend geregelt?«
    Damit ist es bestätigt, dachte Ryan und lächelte dünn. Golowko ist von der GRU. ›Nationale Technische Mittel‹, ein Begriff, der Spionagesatelliten und andere Methoden der Überwachung fremder Länder bezeichnete, gehörte in den USA überwiegend zum Gebiet der CIA, fiel aber in der Sowjetunion in den Zuständigkeitsbereich des militärischen Nachrichtendienstes GRU. Eine vorläufige Vereinbarung über die Vorortinspektion war zwar im Prinzip erzielt worden, doch die Hauptlast der Verifizierung würde die Satellitenaufklärung zu tragen haben – Golowkos Bereich.
    Daß Jack Ryan für die CIA arbeitete, war kein besonderes Geheimnis. Seine Teilnahme an den Abrüstungsverhandlungen
war ein Gebot der Logik. Sein gegenwärtiger Auftrag war die Überwachung bestimmter

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