Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Katalysator

Der Katalysator

Titel: Der Katalysator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles L. Harness
Vom Netzwerk:
ist noch nicht alles“, rief Paul anklagend. „Erzähl mir nicht, daß du ein richtiges, echtes Hologramm bist. Die Laser können unmöglich dort drüben ein Interferenzmuster formen.“
    „Aber Pud, natürlich können sie das nicht. Das brauchen sie auch nicht. Hast du noch nie von Ionentransfer gehört? Weißt du eigentlich überhaupt nichts?“ Mit einer ungeduldigen Bewegung wischte er sich das Haar aus der Stirn, und die Geste war derart schmerzlich vertraut, daß Paul nach Luft schnappte.
    Und da war noch mehr. „Du hast Pud zu mir gesagt“, flüsterte Paul. Dieser Name kam aus seiner frühen Kindheit.
    „Du würdest wohl P. Henry Blandford, Esquire, bevorzugen?“ Gelassen kam die Gestalt zurück zum Computerterminal und stützte sich mit den Ellbogen auf das Visi-Gehäuse. „Ich verspreche, ich werde mich nicht wieder einmischen. Erzähl mir die ganze Geschichte.“
    In Pauls Kopf drehte sich alles. Wo sollte er anfangen? „Du bist an Novarella gestorben.“
    „Das sagst du.“
    „Dies hier wird ein neues Trialin ergeben. Vielleicht kann man damit Novarella heilen.“
    „Verstehe.“
    „Wir haben den Ammoniten zerkleinert und die Stücke mit deiner Asche aktiviert. Stört dich das?“
    „Nein.“
    „Erinnerst du dich an den Ammoniten?“
    „Erzähl mir davon.“
    „Alles?“
    „Ja.“
    „Es beginnt bei Black Bridge. Du erinnerst dich an Black Bridge, die Eisenbahnbrücke bei Damascus. Wir beide sind immer mit dem alten Malibu hinausgefahren, zum Picknick. Im Bachbett haben wir nach Fossilien gesucht. Die Fundamente der Widerlager für die Brücke bestanden großenteils aus riesigen Ammoniten – aus Schalentieren aus der Kreidezeit. Sie waren zu festem Stein geworden.“ Er verstummte unsicher. „Billy, bist du es wirklich!“
    „Wir haben nicht viel Zeit. Mach weiter mit deiner wilden Geschichte.“
    „Wir stritten uns, ob es möglich sei, daß ein poröser Ammonit die Jahrmillionen seit der Kreidezeit habe überstehen können. Ich sagte: Ja. Du sagtest: Nein. Und eines Abends …“
    „Ja? Eines Abends …?“
    „Etwa einen Monat nach deinem Tod ging ich hinaus nach Black Bridge. Ich kam gegen Mitternacht dort an.“
    „Und was geschah dann?“
    „Ich hob drei faustgroße Steine auf, ging ein paar Meter weit auf die Brücke hinaus und lauschte. Ganz schwach hörte man allerlei nächtliche Geräusche. Das war alles. Ich warf einen der drei Steine zwischen den Trägern hindurch in den Abgrund. Von tief unten hörte ich das Klatschen, klar und deutlich. Ich steckte die anderen beiden Steine in meine Jackentasche.
    Jetzt wollte ich die Brücke überqueren. Noch einmal lauschte ich – ich wollte nicht, daß mich mitten auf der Brücke ein Zug erwischte. Aber ich hörte keinen Laut. Nichts. Ich ging los und blieb wieder stehen. Irgend etwas stimmte nicht. Es war zu still. Ich lauschte wieder.
    Die Welt war plötzlich völlig still. Ich spürte, wie meine Haut kribbelte. Ich spähte über die Brücke hinweg ins Mondlicht. Die Gleise waren nur bis zur Hälfte der Brücke sichtbar, danach schienen sie in einem schwarzen Nebel zu verschwinden.
    Ich weiß noch, daß ich dachte: Dies ist immer noch eine Brücke, aber es ist nicht mehr die Brücke, die die Züge der Southern Pacific über Sticks Creek nach Corsicana und zu anderen Orten im Süden trägt. In diesem Augenblick war sie der Schnittpunkt zweier Welten.
    Die Schwellen schienen wie Treppenstufen zu mir herunterzukommen und mich einzuladen. Ich zog den zweiten Stein aus der Tasche und warf ihn in die Finsternis. Er schlug nirgends auf. Ich hörte kein Platschen von unten. Ich dachte: Wie kann das sein?
    Ich spähte über die Schwellen hinweg in die Ferne. Etwas … jemand … eine Gestalt … schien dort zu stehen, vom Mondlicht bestrahlt. Die Umrisse dieses … Dings verschwammen und schimmerten in diesem Licht. Ich flüsterte: ‚Billy?’, aber die Gestalt antwortete nicht. Da war nichts als diese Stille. Ich tat einen Schritt auf die Gestalt zu, dann noch einen. Ihre Umrisse schienen zu verblassen, je näher ich kam.
    Die Nacht veränderte sich. Die Wolkendecke lichtete sich. Ich sah jetzt mehr von der Brücke. Ich rief dir zu: ‚Warte! Geh nicht! Noch nicht!’
    Aber die Wolken verzogen sich, und das gegenüberliegende Ende der Brücke schien wiederaufzutauchen, fast als sei es aus dem Nichts erschaffen worden. Die Geräusche aus dem Tal erhoben sich wieder. Frösche. Grillen. Nachtvögel. Der Bach selbst rauschte hörbar. Der

Weitere Kostenlose Bücher