Der Kater der Braut: Roman (German Edition)
so trieb. Und wenn ich’s mir recht überlegte, wollte ich es auch lieber gar nicht wissen. Aber ich ging morgens gewöhnlich erst mal aufs Klo. Pullern. Ein höchst menschliches Bedürfnis – trotzdem hatte ich nicht die geringste Lust, die Schwächen und Gewohnheiten meiner Blase im Radio auszudiskutieren.
Gott sei Dank kam in diesem Moment der rettende Geistesblitz: »Zahnbürste!«, rief ich. »Ich hab die Zahnbürste vergessen.«
»Herzlichen Glückwunsch, Belinda!« Der Rhein-Radio-Jingle erklang. »Du hast gewonnen. Pack schon mal die Koffer, in ein paar Tagen geht’s ab in die Sonne!«
»Klasse!«, jauchzte ich. Juhu, Griechenland, ich komme! Plötzlich stutzte ich. »Und die Reise gehört wirklich mir? Ich kann’s noch gar nicht glauben. Ich hab noch nie was gewonnen!«
»Tja, dann hattest du wohl heute zum ersten Mal den richtigen Glücksbringer.«
»Glücksbringer?« Der Mann sprach in Rätseln. Jenny konnte er nicht meinen; ich hatte sie mit keiner Silbe erwähnt. »Was für einen Glücksbringer meinst du denn?«
»Na mich natürlich!«, antwortete Philipp so empört, als wäre die Frage an sich schon eine Beleidigung. »Wie gut, dass ich nächste Woche frei hab«, flachste er nun schelmisch. »Wenn du also noch eine Reisebegleitung suchst – ich stelle mich gerne zur Verfügung.«
Der Typ klang zwar ausgesprochen sympathisch, aber das taten die Mitarbeiter der Telefonseelsorge auch. Allerdings war das noch lange kein Grund, mit ihnen gemeinsam in Urlaub zu fahren.
»Ich weiß dein selbstloses Angebot wirklich zu schätzen«, ging ich gut gelaunt auf Philipps Späße ein. Zu meiner eigenen Überraschung stellte ich fest, dass ich zunehmend lockerer und mitteilungsfreudiger wurde. »Kommen eigentlich alle Hörer, die bei euch eine Reise gewinnen, in den Genuss dieses Begleitservice?«
»Nur die weiblichen«, kam es wie aus der Pistole geschossen zurück. »Und nur, wenn sie so hübsch und charmant sind wie du.«
Potz Blitz, versuchte der Spaßvogel etwa gerade mit mir zu flirten? Auf jeden Fall war es ihm gelungen, mir das Gefühl zu vermitteln, wir wären bei diesem kleinen Schwätzchen ganz unter uns. Auf einmal hatte ich es gar nicht mehr so eilig, das Gespräch zu beenden. Im Gegenteil, ich hätte noch stundenlang mit Philipp quatschen können.
»Woher willst du wissen, dass ich hübsch bin?«, versuchte ich ihn in die Enge zu treiben. »Vielleicht hab ich ja eine ekelige dicke Warze auf der Nase, wiege drei Zentner oder schiele ganz fürchterlich.«
»Das Risiko würde ich eingehen. Auf meine Intuition war bisher immer Verlass. Außerdem – wie heißt es doch gleich? – die Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Na, wie dem auch sei, du hast jedenfalls eine sehr angenehme Stimme.«
Ein äußerst fragwürdiges Kompliment. Ob ich Philipp in meine Holzfällersteak-Fleischklöpschen-Theorie einweihen sollte? Nein, besser nicht, am Ende fühlte er sich noch persönlich angesprochen.
»Hallo, Belinda, bist du noch dran?«
»Äh … ja. Klar.« Ich räusperte mich und nahm den Gesprächsfaden wieder auf: »Und was hätte ich davon, wenn ich dich mit nach Griechenland nehmen würde?«
»Das kann nur eine Frau fragen, der ich noch nie den Rücken eingecremt habe.« Philipp lachte. Nicht so ein albernes, aufgesetztes Radiolachen, sondern richtig tief aus dem Bauch heraus. Zumindest bildete ich mir das ein. »Aber natürlich würde ich dich nicht nur vor Sonnenbrand bewahren. Auch aufdringliche Verehrer und Insekten schlage ich in null Komma nichts in die Flucht.«
»Das klingt zwar sehr viel versprechend, aber ich fürchte, ich muss dir trotzdem einen Korb geben.«
»Wirklich schade«, bedauerte Philipp. »Also, dann mal raus mit der Sprache, wer fliegt mit nach Griechenland?«
»Der liebste Mensch auf der Welt.« Das hörte sich zwar etwas pathetisch an, entsprach aber durchaus der Wahrheit.
»Wer immer das auch ist – deine Reisebegleitung ist echt zu beneiden.«
Nachdem Philipp mir einen schönen Urlaub gewünscht und sich herzlich von mir verabschiedet hatte, wurde ich mit seiner Assistentin verbunden, die meine Daten aufnahm und mich mit dem organisatorischen Ablauf und den Details der Reise vertraut machte. Kommenden Montag sollte ich bereits im Flieger gen Süden sitzen. Schluck, so bald schon! Ergo blieb mir nicht viel Zeit, um mich – und vor allem meinen Chef! – mental auf den Griechenlandtrip vorzubereiten.
Wie auf Kommando bimmelte in diesem Moment die Türglocke
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