Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kaufmann von Lippstadt

Der Kaufmann von Lippstadt

Titel: Der Kaufmann von Lippstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Maria Fust
Vom Netzwerk:
unangebrachten Vorladung zu tun hat. Ob Plange und Buersmeyer gemeinsame Sache machen, schließlich sind sie beide Kaufmannsdiener? Der eine bei der Witwe Heistermann und der andere bei Overkamp.
    »Herr Bernhard Buersmeyer, ist es richtig, dass Sie beobachtet haben, dass die beiden toten Burschen dem jungen Thiemeyer Pulver zum Kauf angeboten haben?«, beginnt Dr. Johann Conrad Rose die Befragung.
    »Nein, Herr Bürgermeister«, antwortet Buersmeyer.
    »Sie stehen unter Eid!«, ruft Stadt-Syndicus Clüsener und springt von seinem Pult auf. »Sie müssen dem Herrn Bürgermeister und mir die Wahrheit sagen!«
    »Ich sage die Wahrheit, Herr Bürgermeister«, gibt Bernhard Buersmeyer zurück und blickt Dr. Rose an.
    »Sie sagen, Sie haben weder den Hirten Musculus vom Stadtdiener Küchenmeier noch den Burschen vom Stadtdiener Pape – wie heißt er gleich …«, fragt Clüsener mit hochrotem Kopf. Er kann nicht glauben, was er hört.
    »Hermann aus Bockenforde«, liest Dr. Rose aus seiner Akte. »Der zweite tote Bursche heißt Hermann aus Bockenforde.«
    »Ja, ja, Hermann aus Bockenforde«, wiederholt Clüsener fahrig, »… nie zusammen gesehen? Nie zusammen mit Johann Diethrich Thiemeyer gesehen?« Er rauft sich die Haare. »Hier erzählt jeder, was er will.« Clüsener schüttelt den Kopf.
    »Die beiden Hirten habe ich des Öfteren gesehen. Ich bin ja oft für den gnädigen Herrn Overkamp in Lippstadt unterwegs. Botengänge. Die Burschen sah ich mal hie und mal da, Herr Bürgermeister«, gibt sich Buersmeyer unschuldig.
    »Ich frage jetzt ein letztes Mal«, sagt Dr. Rose ruhig. »Haben Sie gesehen, wie die beiden toten Burschen irgendjemandem Pulver zum Kauf angeboten haben?«
    »Nein, Herr Bürgermeister!«, gibt Bernhard Buersmeyer abschließend zu Protokoll.
    Clüsener schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch. »Das darf doch nicht wahr sein! Dr. Rose, hier wird gelogen, dass sich die maroden Balken des Rathauses biegen.«
    »Herr Buersmeyer, Sie dürfen gehen«, erlaubt Bürgermeister Dr. Rose.

    Der Stadtdiener Pape ist sichtlich überrascht, als er Bernhard Buersmeyer und nicht Johann Peter Ernst Plange aus der Amtsstube kommen sieht.
    »Hermann Pape, schwören Sie, uns nur die Wahrheit zu sagen? An Eides statt müssen Sie uns Auskunft geben«, beginnt Dr. Rose die Befragung.
    »Ich schwöre, Herr Bürgermeister«, sagt Stadtdiener Pape feierlich.
    »Hat Ihr Hirte Hermann aus Bockenforde ständig in Gesellschaft des Kuhhirten Johann Diethrich Musculus das Vieh gehütet?«, möchte Dr. Rose wissen.
    »Ja, Herr Bürgermeister«, lautet Papes Antwort.
    »Wie alt war er?«, fragt Stadt-Syndicus Clüsener, um alle Angaben für das Protokoll zu haben.
    »So etwa 13 Jahre alt. Seit dem Unglück vorgestern habe ich den Hermann nicht mehr gesehen«, beginnt Pape.
    »Berichten Sie«, fordert Dr. Rose.
    »Mein Vieh ist gleich nach dem Unglück ohne Hermann nach Hause gelaufen. Es hatte wohl Lunte gerochen, Herr Bürgermeister. Die über die Hörner gebundenen Stricke waren an den Köpfen verbrannt. So kann ich nicht anders, als zu glauben, dass mein Bursche bei dem Feuer im Pulvermagazin mit draufgegangen sein muss«, berichtet der Stadtdiener Hermann Pape.
    Die Befragung zieht sich lange hin. Dr. Rose wünscht ganz genaue Angaben. Der Stadt-Syndicus Clüsener regt sich wegen jeder Kleinigkeit auf, wird laut und rauft sich seine Haare. Pape verflucht insgeheim den Kaufmannsdiener Plange. Hätte dieser sein loses Mundwerk gehalten, wäre der Vormittag ruhig gewesen. Jetzt hat er diese Unannehmlichkeiten.

    Als Letzter wird der Bäckerbursche Johann Diethrich Thiemeyer in die Amtsstube gerufen, und nachdem ihm die Lage erklärt worden ist, fragt Dr. Rose: »Wer hat dir das Pulver zum Kauf angeboten? Und wann und unter welchen Umständen?«
    Thiemeyer beantwortet die Fragen so gut wie möglich. »Vor sechs bis sieben Wochen ist mir ein unbekannter Bursche im Cappel Tor begegnet, Euer Hochwohlgeboren. Dieser hat mich im Geheimen und unter vier Augen gefragt, ob ich ihm Pulver abkaufen wolle …« Er stockt.
    »Sag: ›Herr Bürgermeister‹«, berichtigt Stadt-Syndicus Clüsener den Burschen.
    »Sprich weiter«, fordert Dr. Rose.
    »Ich fragte, woher das Pulver komme, Herr Bürgermeister. Der Bursche erwiderte: ›Das kann dir gleich sein, woher es kommt!‹ Ich sagte ihm, ich verlange und brauche auch kein Pulver.« Thiemeyer macht wieder eine Pause.
    »Kannst du mutmaßen, wer der Junge gewesen ist?«, will

Weitere Kostenlose Bücher