Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
Vom Netzwerk:
schleifenden Ketten und Rollen kam es in Bewegung, langsam, viel zu langsam.  
    Laute Rufe hinter ihm, dass man ihn entdeckt habe. Er legte sich mit aller Kraft, die in ihm war, gegen das massige Ungetüm ins Zeug. In seinen Schläfen pochte es, sein Herz wummerte ihm bis zum Hals, und ein roter Schleier der Anstrengung legte sich vor seine Augen. Allmählich bekam das Fass etwas Schwung. Die Rufe hinter ihm waren zu einem vielstimmigen Brüllen geworden, Schritte trommelten auf den Boden.  
    Er war sich klar darüber, er bot ihnen, wie er da an dem Fass rackerte, seinen ungeschützten Rücken dar, sein Schwert stak in der Rückenscheide, und er musste beide Hände gegen das Fass stemmen, damit die geringste Hoffnung bestand, es genügend in Bewegung zu bringen. Der Schrecken, der ihn bei diesem Gedanken erfasste, ließ den Schweiß, der ihm in Strömen den Körper hinablief, zu einem Eisbach werden. Er spürte das Brüllen der ersten Verfolger als wären sie dicht in seinem Nacken, als schrieen sie ihm direkt ins Ohr. Gleich mussten sie ihn erreichen.  
    Das Fass nahm unter seinem Stemmen, Wuchten, Schieben jetzt tatsächlich Fahrt auf. Es wurde schneller, endlich. Seine Beine stemmten sich gegen die Bohlen, fassten Tritt, fanden einen Rhythmus.  
    Das rhythmische Poltern laufender Füße, leises Scharren, Singen von Metall, sie waren fast neben ihm. Die Rollen surrten das Seil entlang.  
    Wenn jetzt die Zündzange durch die Fahrt einen Stoß abbekommt, ein Funke fliegt …  
    Die Rolle rumpelte über eine Verstrebung, schlingerte. Der Feuerball, der rasend schnell anwuchs und ihn verschlang, blieb aus. Das Fass gewann an Fahrt. Weiterstemmen, weiterlaufen. Der Rhythmus laufender Füße, angestrengte rasselnden Atemstöße, seine eigenen und fremde. Die Gewissheit traf ihn, dass seine Verfolger schon fast neben ihm waren, dass sie –
    Dass die Planken zu Ende waren.
    Die Wand des Fasses entglitt vorwärts rasend seinen Händen, er stemmte die Beine abbremsend zu einem letzten, entscheidenden Schwung gegen den festen Halt des Bretterbodens. Und sprang.
    Packte das in scharfem Knick abwärts laufende Seilbündel.
    Und baumelte in der Luft, nur noch Leere unter seinen austretenden Füßen.
    Es schwang ihn herum und er blickte an beiden Händen vom Seil herabhängend, in die wutverzerrten Gesichter eines satten Dutzends Galgenvögel und zweier Quâ-tsunja. Ihre Schwerter stachen von der Kante des Laufsteges nach ihm konnten ihn aber nicht erreichen.  
    Der Schwung der Bewegung ließ ihn abermals um seine Achse pendeln, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie, vor dem Hintergrund aufgeregt am Hallenboden durcheinander laufender Bewacher des Hinterausgangs, das Fass über den weiteren Buckel eines Strebepfeilers holperte und …
    Die Halle war in grelles Licht getaucht.
    Eine zorniger Feuerstoß schoss aus der Flanke des Fasses. Dessen Wucht riss es in seiner Fahrt an seiner Verankerung in steilem Winkel empor. Die Rollen wurden aus den Seilzügen gerissen, während es das Fass aus seiner Bahn warf, es höher empor geschleudert wurde.
    Wie in Augenblickssplittern eingefroren sah er das Entsetzen in den Gesichtern der Mörderbande unten in der Halle – erst im grellen Licht des Feuerstoßes, dann verborgen von der schlagartig wiederkehrenden Düsternis beim Erlöschen des Flammenblitzes.
    Eine Düsternis, die nur Sekundenbruchteile dauerte.
    Das Fass donnerte im Flug in die Rückwand des Gebäudes.  
    Zerbarst.  
    Ein sich blähender Ball aus Feuer.  
    Trockener Donner fuhr mit drängender Macht in die Tiefen der Backsteinhallen. Auric sah durch den rasend anwachsenden Wirbel eines irren Tobens aus Flammen und Rauch, wie die Tore aus den Angeln gerissen wurden, wie Mauerwerk zerbrach und nach draußen geblasen wurde, als ihn gleichzeitig auch schon selber die Druckwelle erreichte.
    Thyrin Drachenvater hilf mir!  
    Ein glutheißer Hammerschlag ergriff ihn, in dem sich seine Finger in verzweifeltem Griff um das Seil, an dem er hing, krallten, in dem sein Körper eine bloße Wetterfahne vor der geballten Gewalt war.  
    Brocken, von der Druckwelle hoch geschleudert, prasselten auf ihn ein. Um ihn herum stürzte alles in sich zusammen, brechende Streben, einknickendes Gebälk.  
    Etwas traf ihn an der Schläfe. Das Seil entglitt seinen Fingern.  
    Eine graue Faust schlug auf ihn ein und löschte alle Bilder von Feuer.

    Sein Rücken war aus Blei. Irgendetwas drückte sich schmerzhaft hinein, und es fühlte sich an,

Weitere Kostenlose Bücher