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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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Überzahl bestand, und blieben in größerer Mannstärke beisammen. Ein Blick über die Schulter, und er sah die zwei verbliebenen Quâ-tsunja, ebenfalls in einiger Entfernung, wie Schatten zwischen den Blöcken zweier Schneidemaschinen heraus gleiten.
    Eine Konfrontation mit diesen Gegnern, die ihn aus zwei Richtungen in die Zange nahmen, war Selbstmord. Er drehte sich nach einem Ausweg suchend um seine eigene Achse, entdeckte eine aufwärts führende Stiegenflucht. Er stürzte hin und hinauf, fand sich oben auf einem Zwischenstockwerk mit unregelmäßig und löchrig verlegten Dielenbahnen wieder und floh hinein in die Dunkelheit, in der Hoffnung seinen Verfolgern für kurze Zeit darin entkommen zu können.
    Doch schon Sekunden später hörte er in seinem Rücken wieder das Holpern ihrer Schritte in dem hohlen, niedrigen Raum dicht unter der Erdgeschossdecke.
    Verflucht, dies war nicht seine Art von Kampf. Vielleicht lag in diesen Gerüchten um ominöse Schattenkämpfer tatsächlich ein Funken Wahrheit, und es gab sie wirklich, aber er war bestimmt keiner von ihrem Schlag. Er war kein in der Kunst des lautlosen, schnellen Tötens ausgebildeter Einzelkämpfer, als die sie immer wieder durch die Lagerfeuergeschichten der Soldaten geisterten, die sich umgeben von Feinden in blitzschnelle präzise und effiziente Tötungsmaschinen verwandelten. Er war einfach nur ein Frontkrieger, der gelernt hatte in Einzelkämpfen und auf dem Schlachtfeld zu bestehen. Was für ein Segen wäre das, wenn er tatsächlich, jeden Schatten als Deckung nutzend, wie eine Viper unter sie fahren und sie unerbittlich einen nach dem anderen hätte ausschalten können. Schattenkämpfer … hah – so etwas lag außerhalb seiner Möglichkeiten. Was er hier konnte, war kämpfen, wenn die Situation es forderte, und fliehen, wenn sie sich hoffnungslos darstellte. Und nur immer hoffen, lange genug durchzuhalten und dabei immer richtig einzuschätzen, ob jetzt gerade Kämpfen oder Fliehen angesagt war.
    So lief er weiter, die Geräusche der Verfolger in seinem Rücken, bis der durchgehende Boden des Zwischengeschosses aufhörte und in ein bloßes Gerüst mit Balken, Streben und verbindenden Laufstegen überging, zwischen an Kettenzügen beweglichen Zubern und Fässern hindurch, die hier oben auf Befüllung, Entleerung oder Weitertransport warteten. Ein kurzer Blick über die Schulter zeigte ihm, wie sich die Gestalten seiner Verfolger aus der tiefen Düsternis herausschälten, die sich wie träger Nebel unter der niedrigen Decke sammelte.
    Entfernt vor sich erkannte er die solide Dunkelheit der Rückwand des Gebäudes, in der sich als kleine Quadrate von mondscheingetränkter Himmelshelligkeit die Fenster über den großen Außentoren, die auf die Docks hinausführten, abzeichneten. Irgendwo vor ihm musste das Gerüstwerk der Zwischenetage enden und Raum geben für eine die gesamte Höhe des Untergeschosses einnehmende Verladehalle.
    Er sprang, solange seine Verfolger noch nicht seinen genauen Standort ausgemacht hatten, auf den ihm am nächsten liegenden Balken und balancierte so schnell er konnte auf ihm entlang und zwischen die Reihen der Fässer. Zwischen ihren bauchigen Leibern würde es schwer sein ihn auszumachen. Solange er sich nicht durch Geräusche verriet. Hinter sich hörte er verwirrte Rufe. Wenn er voran blickte, erhaschte er entfernt unter sich, zwischen den Balken, Fässern und Stegen hindurch, bruchstückhafte Eindrücke von Menschen, die sich auf dem Boden am Ende der Halle zusammenscharten und mit ihren Waffen hantierten. Die Gruppe, die ihm den Weg nach draußen verstellte.
    Und nach draußen musste er. Dieses Gebäude war eine Falle. Sich hier verstecken zu wollen, war nur ein Spiel auf Zeit, die Hoffnung nacheinander alle Gegner ausschalten zu können, war bei ihrer Anzahl absolut tollkühn, geradezu vollkommen verrückt. Man mochte ein trainierter Kämpfer sein und man mochte das Glück auf seiner Seite haben, aber für alles gab es Grenzen.
    Erst einmal draußen dagegen, mit dem Gewirr von Kais, Brücken und Gassen vor ihm, standen seine Chancen gut, den Attentätern irgendwie entwischen zu können.
    Nur wie nach draußen gelangen? Die Gruppe, die seinen Ausweg abschnitt war eindeutig in der Überzahl, beherrschte strategisch den Raum, schon dadurch, dass sie jede Annäherung sofort bemerken konnte.
    Mit vorsichtigen Schritten tastete er sich auf dem Balken weiter vor, tiefer hinein in die Schatten zwischen den Fässern. Auf

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