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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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voller Soldaten vorstellen zu können. Die Schulen, die es in den Städten gab, solche für wohlhabende idirische Bürger und ihre Brut, die um den Sitten und Moden ihrer Schicht zu genügen, sich etwas schicke Fechttechniken antrainieren ließen, oder für Beamtenoffiziere, die ihre praktischen Waffenkenntnisse auf ein Mindestmaß heben wollten, hatte er selber nie besucht. Sein Training mit Karan, der eine solche Schule besessen hatte, bevor er zur Armee ging, hatte er stets draußen im Feld in den Marschpausen absolviert. Nein, sowohl mit der Sechzehnten als auch früher während seiner Kindheit und Jugend in Valgarien hatten Waffenübungen stets im Freien stattgefunden.  
    Doch dies war wahrhaftig nicht der einzige Unterschied zu der jetzigen Situation und der Szenerie, die sich vor ihm eröffnete.
    Etwa dreißig feingliedrige Wesen standen in Reihen aufgestellt im Zentrum der Halle und gingen mit ihren Schwertern in der Hand durch die Bewegungsabläufe der Warten und Hiebe, die er ihnen aufgezeigt hatte. Sie führten die Übungen mit der gleichen ausgesprochenen Eleganz und Grazie aus, die allen ihren Bewegungen eigen war. Schritt nach vorn, linken Fuß nachziehen, Ausweichschritt nach rechts, nachziehend kreuzen, Ausfall und Stoß. Die Bewegungen, welche die ninraidischen Klingen durch die Luft beschrieben, fügten sich in perfekten schwirrenden silbernen Bahnen in die Harmonie dieses mal gemessenen, mal blitzschnell zustoßenden Tanzes ein. Mildes bleiches Licht fuhr die Länge der Klingen in einer Phalanx vollkommenen Einklangs der Bewegungen entlang. Ihre Gesichter waren dabei ernst und starr, kein Laut kam von ihren Lippen. An Schönheit fehlte es der Waffenführung seiner ninraidischen Schüler wahrhaftig nicht. Ihre Anwendbarkeit und Effektivität allerdings waren das, woran sie noch miteinander zu arbeiten hatten.
    Er ging ihre Reihen entlang und konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Dieser ernste Eifer, mit dem sie bei der Sache waren. Wie Kindern, ehrfürchtig vor dem Neuen und der Autorität ihres Lehrers auf dem neu zu erforschenden Gebiet. Da kommt kein Fluch von den Lippen, wenn die Bewegung nicht so gelingt, wie sie sollte. Da beschimpft keiner den anderen, was er da mit dem Schwert mache, sähe aus wie ein Trampeltier mit einer Forke; na aber du, du gehst mit deinem Stocher um, als würdest du ’ner Hure deinen Schwanz vor der Nase schwenken – und kannst genau so wenig damit umgehen. Nichts von der derben machohaften Verbissenheit und dem ruppigen Umgang miteinander, wie er ihn vom Waffentraining mit den Soldaten der Barbarenbataillone oder etwa den Kampflektionen im fernen Valgarien seiner Kindheit kannte.
    „Sekainen, den Aufwärtshieb weniger steil.“ Er streckte das Übungsschwert aus, das er in seiner Hand hielt, legte es auf den Arm der Ninra und korrigierte ihre Haltung. Sein Blick schwenkte einen Moment zu dem überdeutlich durchgestalteten, perfekten Profil ihres Gesicht, das sie ihm darbot. „So hoch landest du keinen effektiven Treffer mehr, aber du machst dich offen für eine Konterattacke deines Gegners.“  
    Sie veränderte ihre Haltung entsprechend, ihr Gesicht drehte sich auf dem schlanken, weißen Hals zu ihm hin. Sie blies eine Strähne fort, die ihr in die Stirn gefallen war, sah ihn mit einen eifrigen Augenaufschlag aus diesen seltsamen, fremdartigen Augen an.  
    Wie Seen von Pech und durch und durch nichtmenschlich. Aber ihr Blick geht dir geradewegs durch die Seele wie die Klinge eines Stiletts.
    „Ist es so richtig, Auric Cinrai?“ Merkwürdig, bisher hatte er gedacht, Cinrai wäre das Wort für eine Verwandtschaftsbeziehung. Aufsteigender Linie. Vielleicht bedeutete es aber auch so etwas wie Lehrer oder Pate oder vielleicht auch großer Bruder. Oder kleiner Bruder. Wer konnte das schon sagen?
    „Ja, genau so, Sekainen.“
    „Ich verstehe, Auric Cinrai“, sagte sie und führte die Bewegung langsam und kontrolliert durch. „Und es liegt so auch mehr Kraft in dem Stoß.“
    Er sah sie den Bewegungsablauf wiederholen, diesmal schneller. Er war gut. Sie hatte etwas verstanden. Vielleicht waren Umgangsformen und Benehmen der Ninraé etwas befremdlich – so gar nicht wie Soldaten, eher schon wie man es von ernsthaften Studenten erwarten würde –, aber hier gab es eindeutig Hoffnung.
    Einige der Ninraé waren wirklich gut mit dem Schwert. Béal und Bruc zum Beispiel. Oder Darachel selber. Alle von ihnen waren sie mit großer Energie, Begeisterung und

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