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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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Logos in die Wildnis tragen“. Zwar hatte er sich bisher nie so sehr mit den Strömungen der idirischen Ausprägungen des Inaim-Glaubens beschäftigt, doch hörte sich das für ihn sehr nach Aidiras-Mysterium an. Nach den Gewändern und der Disziplin zu schließen, musste das eine Versammlung von Anhängern des Einen Weges sein.
    Plötzlich wurde sein Blick eingefangen von einer Bewegung, die sich abseits der Gruppe des Einen Weges aus der Menge der Versammelten löste. Ein drahtiger, hochgewachsener Mann mit wildem, schwarzem Haarbusch machte sich dort von Armen, die versuchten ihn zurückzuhalten, frei und trat laut rufend ins Freie.
    Dabei schrie er etwas von „Nieder mit Expansionswahn und Imperialismus!“ und „Kein Krieg gegen freie Völker!“
    Augenblicklich entstand ein Aufruhr im Lager der Versammlung des Einen Weges, in deren Richtung der Mann strebte. Wohl ein Dutzend der Weißgekleideten stürmte auf ihn zu und packte ihn. Ein wildes Gerangel entstand. Wütend brüllend ging der Mann zu Boden.
    „Das ist wohl ein Selbstmörder“, hörte er Kudai ruhig an seiner Seite bemerken.
    Tatsächlich sah Auric, dass es da vorne keinesfalls um eine harmlose Rauferei ging. Die Anhänger des Einen Weges prügelten mit ungehemmter Aggression auf den Mann am Boden ein. Blut blitzte auf. Die Schreie des Drahtigen wurden zu panischem Aufbrüllen. Er krallte sich in den Stoff der Gewänder um hochzukommen, doch er wurde erbarmungslos zurück zu Boden getreten, wo ein Hagel von weiteren Tritten auf den Hilflosen einprasselte.  
    „Thyrinsdonner, die bringen ihn um!“, hörte er Jag an seiner anderen Seite sagen.
    Von dort, wo der Drahtige sich aus der Menge gelöst hatte, wollten ihm andere zu Hilfe eilen, doch von der Versammlung des Einen Weges spaltete sich ein Keil von Menschen ab und vertrat ihnen den Weg. Sie bildeten eine menschliche Barriere zwischen ihnen und der Prügelei und ließen keinen Zweifel an ihrer Gewaltbereitschaft. Die Schreie des Geprügelten wurden abgerissener und gellender.
    „Los, wir müssen eingreifen“, rief Auric. „Jetzt.“
    Jag, der die Situation genau wie er erfasst hatte, drehte sich schon im Sattel zur Schar Berittener um, welche die Kolonne anführte, und bellte ihnen knappe Befehle zu, die Menge zu zerstreuen, den Drahtigen dort herauszuholen und die Straße zu räumen. „Wenn nötig, flache Seite der Klinge!“
    Die erste Schar Berittener trabte an ihnen vorbei, die Schwerter zur Drohung erhoben. Die Gruppe des Einen Weges, die sich in einen Lynchmob verwandelt hatte, sah die Masse aus Pferden und Reitern mit blitzenden Klingen auf sich zustürmen und wandten sich kopflos zur Flucht. Das eben noch zu äußerster Gewaltanwendung entschlossene Menschenknäuel brach auseinander. Die Reiter fuhren zwischen ihre Reihen und zerstreuten sie weiter. Die den Marschweg säumenden Scharen wichen verängstigt zurück. Verwirrung und Tumult breitete sich in der Menge zu beiden Seiten aus.
    Auric sah mit Erleichterung, wie einige Leute von dort, wo der Drahtige aus der Menge hergekommen war, dem am Boden zusammengebrochenen zu Hilfe eilten. Er blutete zwar stark und schien zunächst aus eigener Kraft nicht stehen zu können, aber er schien, als man ihn forttrug, nicht in akuter Lebensgefahr zu sein. Diesmal traute sich kein Anhänger des Einen Weges mehr ihnen entgegenzutreten. Gut dass diese Leute nur diszipliniert skandieren können, aber sonst reagieren wie jeder andere Mob auch.
    Aus ihrer Versammlung reckten sich ihrem Heerzug jetzt lediglich Fäuste wütend entgegen. Ihr Enthusiasmus für jene, die sie als Kreuzritter ihres Symbols und Logos im wilden Norden gefeiert hatten, war wütenden Flüchen und Beschimpfungen gewichen.
    „Wie lange, sagtest du, musst du noch in diesem Irrenhaus bleiben?“, fragte ihn Jag auf seinen Sattelknauf gestützt von der Seite her.
    Auric seufzte. Er wusste ihm standen in den Tagen vor seinem Aufbruch noch einige Unterredungen bevor, die ihn in verschiedene Kreise des komplizierten Geflechts der Macht bringen würden.

    Das Gildenhaus der Senphoren türmte sich, jenseits des schmalen noch zu durchmessenden Wasserstreifens, vor ihm als dunkler und steiler Umriss aus den Fluten des Flusses auf.
    Es wirkte harsch und abweisend wie eine Festung, ein hoher gedrängter Klotz aus Türmen, engen Bollwerken und miteinander verzahnten Gebäudetrakten mit nur wenigen sich an die steinerne Hauptmasse kauernden Giebeln. Glatt und schroff ragten seine Mauern

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