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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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Auric zu und streckte ihm die Hand entgegen.
    Was ist das für ein Senphore? , durchschoss es Auric. Wollen mich diese asketischen, salbungsvollen Wichtigtuer beleidigen, indem sie mir ihr schwarzes Schaf zuteilen?
    Dieser Senphore war gewiss alles andere als asketisch. Zwar trug er den Kopf geschoren wie alle anderen Senphoren, so dass man die Tätowierung erkennen konnte, die sich sonst unter dem Haaransatz verloren hätte, doch trug er ein keckes, wenn auch ein wenig zerzaust wirkendes Jägerbärtchen um den Mund, in dem noch ein Rest Bratensoße klebte. Seine Wangen waren straff gespannt, ein wenig von feinen roten Äderchen durchzogen, sein Gesicht wirkte insgesamt etwas breit und eckig. Er war nicht feist, er war füllig. Seine Statur war kompakt – er war nicht groß –, und sein Ornat wirkte gut gefüllt.
    „Seien Sie gegrüßt, General Morante“, sprach er Auric an, während er mit beiden Händen Aurics zögernd hingestreckte ergriff. „Ich bin ihr persönlicher Senphore.“
    Er zwinkerte ihm zu. „Mein Name lautet Haburanian, jedenfalls in seiner offiziellen idirischen Form, aber sie würden mit eine große Freude machen, wenn Sie mich einfach Hubbarb nennen würden.“ Nach einer kurzen Pause fuhr er lächelnd fort. „Schließlich sind wir doch ohnehin nach Norgond unterwegs.“
    Geistesbote Hubbarb. Ja. Klar.
    „Stammen Sie von dort her?“, fragte Auric trotzdem höflich.
    „Ja, ich wurde in Norgond geboren“, antwortete Hubbarb. „Ich bin ein Norgond-Junge, von rechtem Wuchs und Kraft, wie man dort oben bei uns sagt. Wahrscheinlich hat man mich deshalb ihnen und ihrem Feldzug zugeteilt. Ich kenne mich dort im Land aus und bin erst vor kurzer Zeit einmal wieder nach Idirium … einberufen worden.“ Auric bemerkte, wie sich Hubbarbs Gesicht beim Suchen nach dem rechten Wort etwas betreten verzogen hatte.
    „Vielleicht zu meinem Glück“, fuhr er aber sogleich wieder ungerührt fort. „Vielleicht läge ich sonst schon starr und kalt in heimatlicher Erde. Armer Fenarn. Sie haben bestimmt von dieser Sache gehört. Schrecklich. Und jetzt schon wieder. Als wären zwei ermordete Senphoren nicht schon genug. Aber man will uns in den Norden auch nicht mehr die angemessene Zahl von Skopai zu unserem Schutz mitgegeben. Ich habe schon immer gesagt, dort oben herrschen besondere Bedingungen. Aber nein, nein, der Osten ist das gefährdete Gebiet, in dem Senphoren besonderen Schutz brauchen, und wir stellen nur Ansprüche, weil wir uns schnell an den Luxus südlichen Lebens gewöhnt haben und die Skopai in Wahrheit nur als Bedienstete zu unserer Bequemlichkeit wollen.
    Na, in der Beziehung habe ich ja Glück. Im Heer ihrer Soldaten werde ich jetzt wohl genügend Schutz um mich herum haben.“
    „Es ist wieder ein Senphora in Norgond getötet worden?“
    „Zwei.“
    „Dann schickt man wohl den Ersatz für diese Senphoren zusammen mit ihnen und unserem Zug nach Norden?“
    „Nein, die Gilde schickt zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Senphoren mehr nach Norgond. Das ist die offizielle Haltung.“
    „Dann werden wir aber doch in Norgond weitere Senphoren für die Mission der Sechzehnten zugeteilt bekommen?“
    „Von weiteren Senphoren speziell für die Armee weiß ich nichts. Da die Verteilung durch die Todesfälle etwas ausgedünnt ist, sollen alle dort stationierten Senphoren auf ihren Posten verbleiben.“
    Hubbarb lächelte Auric freundlich an.
    „Ich bin der einzige, den Sie bekommen.“

Eröffnungen

    Ein feiner herber Geruch, wie von Kräutern und Blumen des Frühlings hing in der Luft der Halle. Fast konnte man glauben, ihn in den Bahnen hellen Lichts, die von den hohen Fenstern der Längsseite einfielen, wie einen dünnen Film sehen zu können.  
    Auric sog die Luft durch seine Nüstern ein. Ein weiteres Indiz, das ihn daran erinnerte, dass er sich hier unter Wesen einer fremden Rasse befand. Denn der Geruch kam vom   Schweiß der Ninraé, der, hervorgerufen durch die körperliche Anstrengung der Waffenübungen, sich mit der Luft der weiten hohen Halle mischte.
    Er war mit den Gerüchen des Soldatenlebens vertraut. Dieser hier unterschied sich deutlich von allem, was er in ähnlichen Situationen erwartet hätte. Waffenübungen in geschlossenen Räumen hatten zwar vorher nicht zu den Umständen gepasst, in denen sein Training mit der Sechzehnten stattgefunden hatten, doch kannte er den herben, sauren Geruch der Kasernen und Unterkünfte gut genug, um sich den Mief eines Trainingsraums

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