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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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Tumults von Blut und Morden etwas Wesenhaftes vor ihn getreten war. Dann stärker seit seine Heilung hier fortschritt. Seit durch die Behandlung Siganches etwas in ihm gestürzt war und sich neu fügte.
    Er blieb stehen, sah sich um, ließ die Reihen der Ninraé, die ihre Schwertübungen ausführten, in den Hintergrund treten, konzentrierte sich und versuchte in sich die Region zu finden, in der diese vagen Anmutungen ihre Schatten warfen. Er brauchte einige Zeit, doch da war sie, ihre Vorgänge gespinsthaft und leise, fast so wie der feine Film des Schweißgeruchs der Ninraé, den man fast in der Luft zu sehen glaubte.
    Er fand die Vorgänge dieses Bereichs, die sich in der Halle abzeichneten, gespenstisch und verwirrend. Fragmentarisch, überreich. Diese Halle hier war gesättigt von etwas. Die Eindrücke waren für ihn wie ein Hauch, sie schlüpften ihm durch die Finger. Mit dem wenigen, was er davon wahrnahm und verstand, konnte er es nur so ausdrücken: Diese Halle war erfüllt. Irgendetwas Besonderes ging an diesem Ort vor.
    Er schüttelte das Befremden dieser Empfindungen ab und konzentrierte sich wieder auf die mit seinen gewöhnlichen Sinnen fassliche Umgebung um sich herum. Diese Ninraé nahmen ihre Lektionen ernst, also sollte auch er das tun und ihnen seine ganze Aufmerksamkeit schenken.
    Also sollte er auch nicht grinsen, wenn er ein Beispiel dafür vor sich sah, was für die Art, wie die Ninraé fochten, symptomatisch war. Nun gut, er stellte sich also vor, wie er reagieren würde, wenn er nicht einen nichtmenschlichen Mann mit hochgewachsener, überfein ausgebildeter Erscheinung vor sich gehabt hätte, der mit dem Eifer und Ernst eines Kindes die ihm vorgegebenen Übungen durchführte, sondern einen durchschnittlichen unrasierten, verdreckten und verschwitzten Soldaten der Sechzehnten, irgendjemanden aus Willukra, VaiKhor oder Chiai-Nantraz.
    „Dangrail, kürzere Bewegungen. Nicht so betont, nicht so ausdrucksvoll. Große, durchgeführte Schwünge lassen dem Gegner viel Zeit, dich mit kurzen, hässlichen Stichen zu erwischen.“
    Der Ninra wirkte betroffen und gab sich einen merklichen Ruck, die Übungen diesmal knapper, pointierter und kraftvoller auszuführen. Gut: Sie waren bemüht und lernten erstaunlich schnell. Trotzdem sah er noch immer keinen absehbaren Zeitpunkt vor sich, an dem man diese Gruppe in einen wirklichen Kampf führen konnte, ohne sofort in den ersten Sekunden den Großteil von ihnen zu verlieren. Eine Bande von Strauchdieben mit Äxten und Keulen hätte die meisten von ihnen in kürzester Zeit auf ziemlich plumpe und brutale aber effektive Art niedergeknüppelt. Gut, dass sie auch nicht gezwungen waren, in einem solchen Kampf zu bestehen.
    Aber er sah auch ein Potential. Wenn man diese Eleganz, wenn man diese Fähigkeit, Bewegungsabläufe bis zur Perfektion durchzuführen, in die richtigen Bahnen lenken konnte …  
    Natürlich, in ihrem Eifer sahen sie nicht nur wie Kinder aus. Was den wirklichen Kampf mit dem Schwert betraf, waren sie tatsächlich auf dem Erfahrungsstand eines Kindes. Das musste er sich immer wieder vor Augen führen. Die Handhabung dieser Waffe war für sie etwas, was mit reiner Tradition zu tun hatte, deren Lebenswirklichkeit weit von ihnen entfernt war. Für sie handelte es sich, nachdem, was er von ihnen erfahren hatte, beim Umgang mit dem Schwert nur um so etwas wie rituelle Bewegungen, tatsächlich nicht viel mehr als eine Art von Tanz, die Erzählungen aus ferner Vergangenheit aufklingen ließ.
    Er war gespannt auf die anschließenden Übungskämpfe. Dies hier war nur ein Aufwärmtraining. Bei tatsächlichen Übungen Mann gegen Mann würde sich zeigen, was die Einzelnen tatsächlich gelernt hatten.

    Nicht nur, dass er keinen der Pfade nahm, sondern den direkten, kürzesten Weg, jetzt musste er sich schon geradezu zügeln, um nicht im Eilschritt durch die Gänge von Nincavaer zu stürmen. Darachel presste seinen Fund an sich, verlangsamte den Laufschritt, bei dem er sich ertappt hatte, und verwandelte ihn in ein eher gemessenes, wenn auch immer noch eiliges Schreiten. Gut, dass es sich um wenig benutzte Bereiche von Himmelsriff handelte, sonst hätte sein Benehmen gewiss Aufsehen erregt. Und irgendjemand hätte gewiss irgendwann Anklänge davon in seinen Enthravanendiskurs einfließen lassen. Er konnte sich gut vorstellen, wie sein Verhalten in aller Unschuld in der Konklavsphäre eines Reverenznodus, irgendwo an einer einsamen Webschaftsvortriebsachse

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