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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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war zu erkennen, dass die brutale tierhafte Kraft des Homunkulus dennoch allmählich versiegte. Den Hieben und Schwüngen mit denen er seine tödlichen Netze wob, fehlte die Wucht. In die unheimliche Schnelligkeit seiner Hiebe und Stiche stahl sich eine zunächst fast unmerkliche Mattigkeit.
    Auric sah, wie die Nüstern der breiten, schnauzenartigen Nase bebten und pumpten, in einem fieberhaftem, unsteten Rhythmus. Die Kreatur bleckte die Lefzen und wischte mit dem Unterarm über die Brauen, um das Blut aus den Schädelwunden von der bleich glühenden Oberfläche der Augenmonde fern zu halten. Das war der Moment, den eine Kutte nutzte, um auch von der Front in die Blöße einzudringen, die diese Reaktion des Homunkulus geschaffen hatte. Seine Klingenspitze pflügte vom Ohr an abwärts in das Fleisch der Kreatur, hinterließ eine klaffende Halswunde. Die Kutte musste schwer für ihren Treffer bezahlen. Die Hand der Kreatur schoss von den Brauen zurück und beschrieb einen blitzschnellen Abwärtsschwung, die aus dem Unterarm wachsende Klinge mit ihr, und durchtrennte sauber den Waffenarm der Kutte. Der Stumpf pumpte Blut, die Kreatur preschte vor und ihre stiefelbewehrte Pranke zerquetschte den abgetrennten Arm, dessen Hand noch den Fechtspeer hielt.  
    Eine grausig nutzlose Geste , dachte Auric. Aber an ihr sah man, dass die Kreatur nun verzweifelt war. Wenn ein solches Gefühl wie Verzweiflung überhaupt im Bereich ihrer Möglichkeiten lag. Auric preschte vor, da die Kreatur, gerade seine Gegenüber angreifend, nun ihm die Blöße bot. Sein Schwerthieb traf durch die heftige Bewegung der Kreatur nur leicht ihren Hinterkopf. Ihr Klingenarm schoss zur Seite, und Auric konnte nur knapp den Schlag abwehren.
    Normalerweise hätte mich dieser Schlag zur Seite gefegt. Normalerweise hätte das Vieh nicht, um einen unmaßgeblichen aber lästigen Angriff zu erwidern, ihren Abwehrschirm vernachlässigt. Ihre animalisch unerbittliche Disziplin ließ nach. Auric bemerkte, während der wilde Aufruhr ihres Ringens mit der Kreatur weiter hin- und her durch das Gewölbe tobte, dass die Kreatur in sich zusammensackte, sich krümmte, dass ihre ursprüngliche urwüchsige Körperspannung nachließ.  
    Im flackernden Fackellicht wogte der Ring von Körpern um die fauchende, rasende Kreatur hin und her, zuckende Reflexionen sprangen im Gestrüpp hackender und stechender, den Kampfhomunkulus malträtierender Waffen von Klinge zu Klinge. Etwas brach den Rhythmus des grimmigen Kampfes, etwas, das Aurics Aufmerksamkeit unweigerlich und unerbittlich wie ein Splitter im Fleisch anzog.  
    Ein Schatten in den Nebenräumen, die man durch zusammengebrochene Mauertrümmer sah. Ein wie von einer Mechanik betriebenes Auseinanderklappen weidengleich dürrer Glieder. Er fiel zurück, brach aus dem Radius des Kampfes aus, ließ seine Blicke fieberhaft suchend umher huschen. Wo war es? Wie am Rande nur nahm er wahr, wie der Kampfhomunkulus zum ersten Mal zusammenbrach und die Kutten auf ihn eindrängten wie Ameisen auf eine todgeweihte Spinne.  
    Wo war die Form, die diesen bizarren Schatten warf?  
    Ein öliges Glänzen auf gelblich straffer Krötenhaut.  
    Dort.  
    Sein Blick fiel auf die Gestalt. Weit auseinander liegende Augen am Ende von Auswüchsen, die einem lederartigen Stummelschädel entsprangen. Ein Maul aus knotigen Muskelringen. Spinnenbeingleiche Finger spreizten sich weit. Ein blaues, sich bäumendes Wabern knisterte im Netz fächelnd suchender Fingerglieder auf.
    „Deckung! Alles in Deckung!“, brach der Schrei aus ihm heraus, während im gleichen Augenblick die Erkenntnis seiner Nutzlosigkeit ihm in eiskaltem Entsetzen durch den Körper fuhr.
    Eine Ramme grellen Lichts fuhr in den wirren Kampfesknäuel aus Homunkulus und Kutten. Verkohlte, zerborstene Körper klapperten zu Boden. Ein widerlicher Geruch, eine Verbindung eines scharf beißenden Hauchs und der Ausdünstung von verbranntem Fleisch stieg in der Kammer auf. Eine Bresche war in die Reihe der Kuttenkämpfer getrieben. Eine tödliche sengende Ernte war unter sie gefahren. Die Überlebenden waren unter der Wucht des Einschlags auseinander gestoben. Der Homunkulus war als halbverkohlter Kadaver wie in der Mitte eines Kratereinschlags zusammengebrochen.
    Sich klappende Spinnenglieder zuckten, Arme falteten sich ein. Ein Fauchen und das Huschen einer dürr monströsen Gestalt.  
    Der Kyprophraig floh.
    „Hinterher!“, hörte er Kelam brüllen. Seine Stimme trug durch die

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