Der Keil des Himmels
die beiden Wesen, die sich ihm auf seiner Flucht angeschlossen hatten. Da war reifkaltes, verzehrendes Gären in der Luft. Da waren Quâ-tsunja – Aurics umher suchender Blick fand sie. Sein Blick, der sie zunächst nur gestreift hatte und über sie hinweg geglitten war, zuckte zu ihnen zurück. Er fand zwei starre, leblose Körper, in Behältern, die Särgen glichen, an der Wand aufgereiht wie menschengroße Puppen, daneben allerlei bizarres Gerät, aus dem er sich keinen Reim machen konnte. Die Fechtspeere der Kutten zuckten in ihre Richtung, doch die Gestalten dort waren offensichtlich ohne Leben. Aurics Blick wanderte wieder zu dem Kyprophraigen hin.
Denn das Bild, das sich ihnen etwa zwanzig Meter entfernt vor ihren Augen bot, brannte sich in ihn ein.
Die Spinnenglieder der Hände des Kyprophraigen streckten und krümmten sich rhythmisch, tasteten in die Luft, als griffen sie die Enden eines unsichtbaren Gewebes, woben sie und spannten sie auf. So wie er, um Blitze zu verschießen, Energien, die von jenseits der Schleier dieser Realität kamen, mit einer Hand wie in einem Netz sammelte, so schien er jetzt mit beiden Händen in diese Fasern und Gewebe zu greifen, schien den leeren Raum zu falten, zu riffeln und zu spleißen. Die beiden anderen Wesen drängten sich dabei eng an ihn. Jetzt aus der Nähe war zu erkennen, dass sie zwar kleiner als der Kyprophraig aber immer noch größer als ein Mensch waren. In ihren knöchern wirkenden segmentierten Panzern glichen sie einer auf Menschenform langgezogenen, riesigen Kreuzung zwischen Käfer und Krustentier. Der Kopf war ebenfalls ein Panzer, über den, wie die Merkmale von Zügen imitierend, die Fugenlinien von Panzersegmenten liefen. Nur runde fischgleiche Augen schoben sich leicht aus Löchern in diesem Kopfpanzer vor.
Auric war es, als sei der Ort, an dem der Kyprophraig dort den leeren Raum webte, die Quelle all der seltsamen untergründigen Anmutungen, die er seit dem Betreten der großen Halle empfunden hatte. Dieser Ort sog das seltsame Strömen und Flirren ein und strahlte es wieder ab wie ein Herz.
Sie näherten sich mit zum Töten bereiten Waffen den drei Wesen, und Auric bemerkte, wie die überlebenden Kutten ihre Linie auseinander zogen, um ein weniger leichtes Ziel zu bieten.
Die Arbeit des Kyprophraigen zeigte inzwischen Wirkung, denn zwischen den Fingern seiner Hände erschien in der Luft vor ihm etwas wie ein Spalt, durch den ein blaues Glühen waberte. Um ihn herum schien die Luft zu Schaum zu gerinnen, der um die aufklaffenden Ränder in die Strömungen des Risses gesogen wurde, wie die schäumende Flut eines Stromes über die Felskante eines Wasserfalls. Der Kyprophraig spürte wohl ihre Annäherung, denn der Kopf mit den Augenfortsätzen, drehte sich ihnen in einer Weise zu, wie keine andere – menschliche oder tierische – Anatomie es erlaubte. Der Mund mit den Muskelrringen schnellte auf, in einer einzigen pumpenden, schraubenden Bewegung, und entblößte das strudelnde Mahlwerk des Schlunds, die hochschnappenden Reihen nadelspitzer, reißender Zähne. Ein glühender Schwall fauchte aus dem Schlund, dessen Hitze Auric selbst bis zu sich hin spürte. Die linke Spinnenhand des Kyprophraigen löste sich von dem in der Luft entstandenen Spalt, indem sie einen Schweif aus tiefblauem Knistern und zu Schaum geronnener Luft hinter sich her zog. Ein blaues Wüten erblühte in den Käfig ihrer zur Klaue gespreizten Hand hinein. Der Kyprophraig ließ es frei, ließ es als einen Keil irren Gleißens in die Welt schmettern. Der Blitzhammer fuhr in eine der Kutten, ließ den Steinboden um ihn bersten und splittern, ließ die Trümmer pfeifend durch die Luft sausen. Wie ein messerscharfes Sirren schrammte einer der Splitter an Aurics Wange vorbei. Inmitten einer kochenden Wolke von Steinstaub fiel was von der Kutte übrig war als verkohlter Kadaver zu Boden.
Als wäre damit der Vergeltung Genüge getan, wandte der Kyprophraig sich ab, sammelte die zwei gepanzerten Krustentieren ähnlichen Wesen um sich und ging mit ihnen in den Sog des Spalts. Auric sah die Art ihres Verschwindens als etwas, dass er weder ganz erfassen noch beschreiben konnte. Am ehesten glich es Funken, die aus einem Feuer durch den Luftsog in den Schacht eines Kamins hineingezogen werden und verschwinden. Der Raum ihrer Passage, in den er für einen kurzen Moment blicken konnte, erschien ihm wie eine feine Fuge zwischen einem Hier und einem Anderswo, in der unerforschliche
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