Der Keim des Verderbens
sich hier um einen nationalen Notstand der Stufe eins.«
»Das ist mir klar«, sagte ich ungeduldig. Bürokratie brachte uns jetzt nicht weiter. »Kommen Sie zur Sache.«
»Alles außer den Patienten wird verbrannt. Die Leichen werden eingeäschert. Das Haus der Pruitt wird abgefackelt.«
Fujitsubo versuchte uns zu beruhigen. »Ein USAMRIID-Team ist unterwegs. Wir werden mit den Bewohnern reden und versuchen, ihnen die Lage begreiflich zu machen.«
Ich dachte an Davy Crockett und seinen Sohn, daran, wie die Menschen dort in Panik geraten würden, wenn Wissenschaftler in Raumanzügen ihre Insel okkupierten und anfingen, ihre Häuser in Brand zu stecken.
»Steht denn fest, daß der Pockenimpfstoff nicht wirkt?« fragte Wesley.
»Nein, noch nicht«, antwortete Martin. »Die Tierversuche werden noch Tage oder Wochen dauern. Aber selbst wenn die Impfung im Tierversuch Schutz bietet, heißt das nicht, daß das gleiche für den Menschen gilt.«
»Da die DNS des Virus verändert worden ist«, gab Fujitsubo zu bedenken, »habe ich nicht viel Hoffnung, daß das Vacciniavirus dagegen wirkt.«
»Ich bin zwar kein Arzt«, sagte Martinez, »aber ich frage mich, ob Sie nicht trotzdem jeden impfen könnten, in der Hoffnung, daß es vielleicht doch wirkt.«
»Zu riskant«, sagte Martin. »Wenn es keine Pocken sind, warum sollte man Menschen absichtlich damit infizieren und dabei die Möglichkeit in Kauf nehmen, daß die Krankheit bei einigen ausbricht? Und wenn wir den neuen Impfstoff entwickelt haben, wollen wir doch nicht ein paar Wochen später wieder losgehen und die Leute noch einmal impfen, diesmal mit einem anderen Pockenvirus.«
»Das heißt«, sagte Fujitsubo, »wir können die Leute von Tangier nicht als Versuchsobjekte mißbrauchen. Wenn wir sie auf der Insel festhalten und dann so bald wie möglich einen Impfstoff zu ihnen hinausschaffen, müßten wir in der Lage sein, die Krankheit in Schach zu halten. Das Gute an Pocken ist, daß es sich dabei um kein besonders intelligentes Virus handelt. Es tötet seinen Wirt so schnell, daß der Krankheit bald die Luft ausgeht, wenn es gelingt, sie lokal einzugrenzen.«
»Alles klar. Eine ganze Insel wird ausgelöscht, und wir sitzen da und sehen zu«, sagte Miles wütend zu mir. »Es ist nicht zu fassen. Verdammter Mist.« Er schlug mit der Faust auf den Tisch. »Und das in unserem Staat!«
Er erhob sich. »Meine Herren. Ich würde gern wissen, was wir tun sollen, wenn auch in anderen Teilen des Landes Menschen erkranken. Schließlich hat der Gouverneur mich dafür eingesetzt, für die Gesundheit der Bürger von Virginia zu sorgen.« Sein Gesicht war puterrot, und er schwitzte. »Sollen wir etwa wie die Yankees anfangen, all unsere Städte niederzubrennen?«
»Wenn die Sache sich ausbreiten sollte«, sagte Fujitsubo, »müssen wir die Patienten natürlich in unsere Krankenhäuser stecken und spezielle Krankenstationen einrichten, genau wie wir es in früheren Zeiten getan haben. Die CDC und meine Leute sind bereits dabei, die Mediziner und das Pflegepersonal vor Ort zu alarmieren. Wir werden eng mit ihnen zusammenarbeiten.«
»Das Krankenhauspersonal ist bekanntlich den meisten Risiken ausgesetzt«, fügte Martin hinzu. »Es wäre wirklich schön, wenn der Kongreß endlich diese verdammte Haushaltssperre aufheben würde, damit mir nicht noch länger die Hände gebunden sind.«
»Sie können mir glauben, daß der Präsident und der Kongreß sich dessen bewußt sind.«
»Senator Nagle hat mir versichert, daß es morgen früh vorbei ist.«
»Die machen doch immer bloß leere Versprechungen.«
Die frische Impfnarbe an meinem Arm war geschwollen und juckte und erinnerte mich ständig daran, daß ich vermutlich für nichts und wieder nichts geimpft worden war. Auf dem Weg zum Parkplatz klagte ich Wesley mein Leid.
»Erst diese Impfung, und jetzt bin ich auch noch krank. Das heißt, wahrscheinlich ist jetzt zu allem Überfluß auch noch mein Immunsystem geschwächt.«
»Woher willst du eigentlich wissen, daß du es nicht hast?« fragte er behutsam.
»Ich weiß es nicht.«
»Du könntest womöglich andere anstecken.«
»Nein, kann ich nicht. Das erste Symptom ist Ausschlag, und daraufhin untersuche ich mich täglich. Beim geringsten Anzeichen würde ich mich wieder in Quarantäne begeben.
Dann würde ich weder dir noch sonst jemandem auch nur einen Schritt zu nahe kommen, Benton«, sagte ich. Unsinnigerweise heizte seine Unterstellung, ich riskierte möglicherweise,
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