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Der Keim des Verderbens

Der Keim des Verderbens

Titel: Der Keim des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Stuhl.
    »Ist es wirklich nötig, daß er Handschellen trägt?« fragte ich den Deputy. »Er ist doch nur wegen eines Verkehrsdelikts hier.«
    »Ma'am, er befindet sich außerhalb des Sicherheitsbereichs. Deshalb trägt er Handschellen. Ich bin in zwanzig Minuten wieder da«, sagte er und ging.
    »So was ist mir wirklich noch nie passiert. Stört es Sie, wenn ich rauche?« Pleasants setzte sich und lachte dabei mit einer Nervosität, die an Hysterie grenzte.
    »Nur zu.«
    Seine Hände zitterten dermaßen, daß ich ihm Feuer geben mußte.
    »Sieht nicht so aus, als hätten die hier einen Aschenbecher. Vielleicht darf man hier oben gar nicht rauchen.« Besorgt schoß sein Blick hin und her. »Die haben mich mit einem Drogendealer in eine Zelle gesteckt. Der ist über und über tätowiert. Er hat es total auf mich abgesehen. Hackt ständig auf mir rum und beschimpft mich als Schwuchtel.« Er inhalierte eine große Menge Rauch und schloß kurz die Augen.
    »Ich wollte überhaupt nicht fliehen.« Er sah mich an.
    Ich entdeckte einen Styropor-Kaffeebecher auf dem Fußboden und holte ihn, damit er ihn als Aschenbecher benutzen konnte.
    »Danke«, sagte er.
    »Keith, erzählen Sie mir, was passiert ist.«
    »Ich fuhr gerade ganz normal von der Deponie nach Hause, und plötzlich ist so ein ziviler Polizeiwagen mit Sirene und Blaulicht hinter mir. Ich bin gleich rechts rangefahren. Es war dieses Bullenarschloch, das mich die ganze Zeit schon verrückt macht.«
    »Ring.« In meinem Kopf pochte es vor Zorn.
    Pleasants nickte. »Er sagte, er sei mir seit über einer Meile gefolgt, und ich hätte nicht auf seine Lichtsignale reagiert. Das ist eine ausgemachte Lüge, das können Sie mir glauben.« Seine Augen leuchteten hell. »Er hat es doch schon geschafft, daß ich total schreckhaft geworden bin. Da wäre es mir doch nie im Leben entgangen, daß er hinter mir herfährt.«
    »Hat er sonst noch irgend etwas gesagt, als er Sie angehalten hat?« fragte ich.
    »Ja, Ma'am, hat er. Er meinte, es würde noch viel schlimmer für mich kommen. Das hat er wörtlich so gesagt.«
    »Warum wollten Sie mich sprechen?« Ich glaubte die Antwort zwar bereits zu wissen, aber ich wollte sie aus seinem Munde hören.
    »Ich sitze total in der Klemme, Dr. Scarpetta.« Wieder kamen ihm die Tränen. »Meine Mama ist alt und hat außer mir niemanden, der sich um sie kümmert. Und da gibt es Leute, die mich für einen Mörder halten! Ich hab' nie im Leben auch nur das kleinste Tier umgebracht! Die Leute bei der Arbeit gehen mir schon aus dem Weg.«
    »Ist Ihre Mutter bettlägerig?« fragte ich.
    »Nein, Ma'am. Aber sie ist fast siebzig und hat ein Emphysem. Von diesen Dingern hier.« Er sog wieder an seiner Zigarette. »Sie kann nicht mehr autofahren.«
    »Wer kümmert sich jetzt um sie?«
    Er schüttelte den Kopf und wischte sich die Tränen aus den Augen. Er hatte die Beine übereinandergeschlagen, und ein Fuß zuckte, als würde er gleich abheben.
    »Sie hat niemanden, der ihr Essen bringt?« fragte ich.
    »Nur mich«, schluchzte er.
    Wieder blickte ich mich suchend um. Diesmal brauchte ich etwas zum Schreiben, und ich fand einen violetten Buntstift und ein braunes Papierhandtuch.
    »Geben Sie mir ihre Adresse und Telefonnummer«, sagte ich. »Ich verspreche, daß jemand nach ihr sehen wird.«
    Ungeheuer erleichtert gab er mir die Adresse, und ich kritzelte sie nieder.
    »Ich habe Sie angerufen, weil ich nicht wußte, an wen ich mich sonst wenden sollte«, ergriff er wieder das Wort. »Kann nicht irgend jemand was tun, damit ich hier rauskomme?«
    »Soweit ich weiß, ist Ihre Kaution auf fünftausend Dollar festgesetzt.«
    »Das ist es ja grade! Das ist zehnmal soviel, wie es in so einem Fall üblich ist, sagt der Typ in meiner Zelle. Ich hab' kein Geld und weiß auch nicht, wo ich welches herbekommen soll.
    Das heißt, daß ich bis zur Verhandlung hierbleiben muß, und das können Wochen sein. Monate.« Wieder stiegen ihm die Tränen in die Augen. Er hatte eine Todesangst.
    »Keith, benutzen Sie das Internet?« fragte ich.
    »Das was?«
    »Computer.«
    »Auf der Deponie schon. Wissen Sie noch, ich hab' Ihnen doch von unserem Satellitensystem erzählt.«
    »Dann benutzen Sie also das Internet.«
    Er schien nicht zu wissen, was das war.
    »E-Mail«, versuchte ich es noch mal.
    »Wir arbeiten mit dem GPS.« Er wirkte verstört. »Können Sie sich noch an den Lkw erinnern, der die Leiche abgeladen hat? Ich bin mir inzwischen ziemlich sicher, daß er Cole

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