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Der Keim des Verderbens

Der Keim des Verderbens

Titel: Der Keim des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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können sie mehrere Monate bis zu einem Jahr überleben.
    Sie sind lichtempfindlich, aber das spielt in den Sprühdosen ja keine Rolle. Und sie sind empfindlich gegen Hitze, was leider heißt, daß diese Jahreszeit ideal für sie ist.«
    »Dann kann es also sein«, sagte ich, »daß, je nachdem, was die Leute damit anstellen, wenn sie so eine Probe erhalten, eine Menge Blindgänger dabei sind.«
    »Möglich wär's«, erwiderte Martin hoffnungsvoll.
    Wesley sagte: »Offensichtlich kennt sich unser Täter mit Infektionskrankheiten bestens aus.«
    »Allerdings«, sagte Fujitsubo. »Das Virus muß herangezüchtet und vermehrt werden. Wenn es sich hier tatsächlich um einen terroristischen Anschlag handelt, dann ist der Täter mit den elementaren Labortechniken außerordentlich gut vertraut. Er wußte, wie er mit einer solchen Substanz umzugehen hat, ohne sich selbst dabei zu gefährden. Gehen wir eigentlich davon aus, daß es sich nur um eine Person handelt?«
    »Meiner Theorie zufolge schon, aber die Antwort lautet: Wir wissen es nicht«, sagte Wesley.
    »Er nennt sich deadoc«, sagte ich.
    »Also Doktor Tod?« Fujitsubo runzelte die Stirn. »Will er damit sagen, daß er Arzt ist?«
    Auch das ließ sich nur schwer beantworten, doch die entscheidende Frage war die, die uns am schwersten von den Lippen ging.
    »Dr. Martin«, sagte ich, während Martinez sich schweigend in seinem Stuhl zurücklehnte und zuhörte. »Ihr Institut und ein Labor in Rußland sind, soweit wir wissen, die einzigen beiden Einrichtungen, in denen Pockenvirenisolate gelagert sind.
    Haben Sie irgendeine Vorstellung, wie sich jemand Zugriff darauf verschafft haben könnte?«
    »Richtig«, sagte Wesley. »So unangenehm der Gedanke auch sein mag - wir müssen ihre Personalliste überprüfen. Ist in letzter Zeit jemand gefeuert worden? Hat in den letzten Monaten und Jahren jemand von sich aus gekündigt?«
    »Unser Variola-Virenbestand wird so peinlich genau kontrolliert und inventarisiert wie Plutonium«, antwortete Martin mit Nachdruck. »Ich habe das bereits persönlich überprüft und kann Ihnen versichern, daß nichts angerührt wurde. Es fehlt nichts. Und für jemanden, der nicht entsprechend autorisiert ist und die Alarmcodes nicht kennt, ist es unmöglich, die Verriegelung der Gefriergeräte zu öffnen.«
    Einen Moment lang waren alle still.
    Dann sagte Wesley: »Ich glaube, es wäre gut, wenn wir eine Liste der Leute hätten, die in den letzten fünf Jahren eine entsprechende Berechtigung hatten. Vorläufig würde ich den Täter aufgrund meiner Erfahrung als männlichen Weißen einschätzen, möglicherweise Anfang vierzig. Er lebt höchstwahrscheinlich allein, aber falls nicht oder falls er wechselnde Beziehungen hat, dann ist ein Teil seiner Wohnung off limits und dient ihm als Labor.«
    »Das heißt, wir sprechen hier vermutlich von einem ehemaligen Laboranten«, sagte der S.A.C.
    »Oder von jemand Vergleichbarem«, erwiderte Wesley. »Jemand, der eine Schul- und Berufsausbildung hat. Er ist introvertiert. Dafür gibt es mehrere Anzeichen, nicht zuletzt die Tatsache, daß er gern in Kleinbuchstaben schreibt. Seine Weigerung, sich der Zeichensetzung zu bedienen, ist ein Indiz dafür, daß er glaubt, er sei anders als andere Menschen und unterliege nicht den gleichen Regeln wie sie. Er ist nicht sehr gesprächig und wird von seinen Kollegen möglicherweise für unnahbar oder schüchtern gehalten. Er hat viel Zeit, und vor allem fühlt er sich vom Staat schlecht behandelt. Er glaubt, die Spitze des Staates, die Regierung, habe sich bei ihm zu entschuldigen, und das ist meiner Ansicht nach der Schlüssel zum Motiv unseres Täters.«
    »Dann ist es also Rache«, sagte ich. »Ganz schlicht und einfach.«
    »Ganz einfach ist es nie. Schön wär's«, entgegnete Wesley.
    »Aber ich glaube tatsächlich, daß Rache der Schlüssel ist. Daher ist es sehr wichtig, daß alle Regierungsbehörden, die mit Infektionskrankheiten befaßt sind, uns die Akten aller Mitarbeiter herausgeben, die in den letzten Monaten und Jahren abgemahnt, gefeuert oder zwangsbeurlaubt wurden oder ähnliches.«
    Fujitsubo räusperte sich. »Dann lassen Sie uns jetzt über die Logistik sprechen.«
    Nun war die Küstenwache an der Reihe. Martinez stand auf und befestigte große Landkarten an Flipcharts, während die Kameras so ausgerichtet wurden, daß unsere viele Meilen entfernten Gäste etwas sehen konnten.
    »Kriegen Sie das rein?« fragte Martinez die Agentin am

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