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Der Keim des Verderbens

Der Keim des Verderbens

Titel: Der Keim des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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geschickt«, sagte sie. Jess war die Rezeptionistin.
    »Also ist vorn niemand.« Ich schaute zur Lobby.
    »Oh doch, da sind genug Leute«, sagte meine Sekretärin wutschnaubend, während in einer Tour die Telefone klingelten.
    »Ich wollte nicht, daß da draußen bei all diesen Geiern jemand sitzt. Trotz der kugelsicheren Scheiben.«
    »Wie viele Reporter sind in der Lobby?«
    »Fünfzehn bis zwanzig, als ich das letzte Mal nachgesehen habe«, antwortete mein Verwalter. »Ich bin einmal rausgegangen und habe sie gebeten, das Haus zu verlassen. Sie sagten, sie würden nicht eher gehen, bevor sie nicht eine Stellungnahme von Ihnen bekämen. Ich dachte mir, wir könnten vielleicht irgendwas zu Papier bringen und .«
    »Die sollen ihre Stellungnahme kriegen«, fiel ich ihm ins Wort.
    Rose legte ihre Hand auf meinen Arm. »Dr. Scarpetta, ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist .«
    Auch sie ließ ich nicht ausreden. »Überlassen Sie das mir.«
    Die Lobby war klein, und eine dicke Glastrennwand versperrte Unbefugten den Zutritt. Als ich um die Ecke bog, konnte ich kaum fassen, wie viele Menschen sich in dem Raum drängelten. Der Fußboden war voller Fußabdrücke und Dreckpfützen. Sobald die Journalisten mich sahen, flammten Scheinwerfer auf. Reporter begannen zu brüllen und mir Mikrofone und Kassettenrecorder vors Gesicht zu halten. Blitzlichter blendeten mich.
    Ich überschrie den Lärm. »Ruhe bitte!«
    »Dr. Scarpetta .«
    »Ruhe!« brüllte ich noch lauter und starrte blind in die wütende Meute, ohne irgend jemanden erkennen zu können.
    »Also - ich möchte Sie höflichst bitten zu gehen«, sagte ich.
    »War es wieder der Schlächter?« übertönte eine Frauenstimme die anderen.
    »Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen«, sagte ich.
    »Dr. Scarpetta.«
    Mit Mühe erkannte ich die Fernsehreporterin Patty Denver, deren hübsches Gesicht in der ganzen Stadt auf Plakaten zu sehen war.
    »Wir wissen aus zuverlässiger Quelle, daß Sie diesen Fall erneut dem Serienmörder zuschreiben«, sagte sie. »Können Sie das bestätigen?«
    Ich gab keine Antwort.
    »Stimmt es, daß das Opfer asiatischer Herkunft ist und vermutlich noch nicht die Pubertät erreicht hat, und daß der Lkw, mit dem es transportiert wurde, hier aus der Gegend stammt?« fuhr sie zu meinem Entsetzen fort.
    »Und müssen wir davon ausgehen, daß der Mörder sich derzeit in Virginia aufhält?«
    »Treibt der Schlächter jetzt in Virginia sein Unwesen?«
    »Steckt möglicherweise eine Absicht dahinter, daß die Leichen alle hier gelandet sind?«
    Ich hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. »Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt für Spekulationen«, sagte ich.
    »Ich kann Ihnen nur sagen, daß wir diesen Fall als Mordfall behandeln. Das Opfer ist eine nicht identifizierte Weiße. Es handelt sich nicht um ein junges Mädchen, sondern um eine alte Frau, und wir bitten Personen, die uns möglicherweise mit Hinweisen dienen können, sich an uns oder das Sheriffs Department von Sussex County zu wenden.«
    »Was ist mit dem FBI?«
    »Das FBI ist eingeschaltet.«
    »Dann halten Sie also den Schlächter .«
    Ich drehte mich um, tippte eine Zahlenkombination in ein Tastenfeld ein, und das Schloß öffnete sich klickend. Ich ignorierte die fordernden Stimmen und schloss die Tür hinter mir. Entnervt stürmte ich den Flur hinunter. Als ich mein Büro betrat, war Wesley fort. Ich setzte mich hinter meinen Schreibtisch und wählte die Nummer von Marinos Pieper. Er rief mich sofort zurück.
    »Herrgott noch mal, irgend jemand gibt ständig Informationen an die Medien weiter. Das muss aufhören!« brüllte ich ins Telefon.
    »Wir wissen verdammt gut, wer das ist«, sagte Marino gereizt.
    »Ring.« Daran bestand für mich kein Zweifel, nur beweisen konnte ich es nicht.
    »Ich war mit der Pfeife auf der Deponie verabredet. Das ist jetzt fast eine Stunde her«, fuhr Marino fort.
    »Die Presse hatte offenbar keine Schwierigkeiten, ihn zu finden.«
    Ich erzählte ihm, was das Fernsehteam angeblich »aus zuverlässiger Quelle« wußte.
    »Dieser gottverdammte Idiot!« sagte er.
    »Treiben Sie ihn auf und sagen Sie ihm, er soll den Mund halten«, sagte ich. »Die Reporter haben uns heute praktisch den ganzen Tag von der Arbeit abgehalten, und jetzt werden die Leute in der Stadt auch noch glauben, daß ein Serienmörder unter ihnen weilt.«
    »Tja, damit könnten sie bedauerlicherweise sogar recht haben«, sagte er.
    »Ich kann's einfach nicht glauben.«

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