Der Keim des Verderbens
Blue Crabs hinüber.
Ohne mich zu fragen, suchte sie ein Pfund Krabbenfleisch zusammen und legte es in einen Karton.
»Frisch von Tangier Island. Von mir selbst handverlesen. Wenn Sie auch nur das kleinste Stückchen Knorpel oder Schale finden, sagen Sie mir Bescheid. Sie essen doch nicht allein, oder?«
»Nein.«
»Freut mich zu hören.«
Sie zwinkerte mir zu. Ich war schon einmal mit Wesley hiergewesen.
Sie suchte sechs geschälte und von ihren Därmen befreite Riesengarnelen aus und wickelte sie ein. Dann stellte sie ein Glas ihrer selbstgemachten Cocktailsauce neben die Kasse auf den Tresen.
»Beim Meerrettich ist mir ein bisschen die Hand ausgerutscht«, sagte sie. »Ihnen werden die Augen tränen, aber die Sauce ist gut.« Sie begann, meine Einkäufe in die Registrierkasse einzugeben. »Die Garnelen braten Sie so kurz an, daß ihre kleinen Ärsche kaum die Pfanne berühren, verstanden? Dann stellen Sie sie in den Kühlschrank und servieren sie später als Vorspeise. Die Garnelen und die Sauce gehen übrigens auf Kosten des Hauses.«
»Das wär' doch nicht nötig .«
Sie winkte ab. »Und jetzt zu den Krabben. Hören Sie gut zu, meine Liebe. Ein leicht geschlagenes Ei, ein halber Teelöffel Senfpulver, ein oder zwei Spritzer Worcestersauce, vier zerbröselte ungesalzene Cracker. Hacken Sie eine Zwiebel - eine Vidalia, wenn Sie noch welche vom Sommer übrig haben.
Eine grüne Paprika, ebenfalls gehackt. Ein oder zwei Teelöffel Petersilie, und dann mit Salz und Pfeffer abschmecken.«
»Klingt phantastisch«, sagte ich dankbar. »Bev, was würde ich nur ohne Sie machen?«
»Dann vermischen Sie das alles vorsichtig und formen flache Klopse daraus.« Sie führte mir die Handbewegung vor. »Die braten Sie bei mittlerer Hitze in Öl, bis sie leicht gebräunt sind. Vielleicht machen Sie ihm noch einen Salat oder nehmen etwas von meinem Coleslaw mit. Mehr Aufwand würde ich für keinen Mann betreiben.«
Ich beherzigte ihren Rat. Zu Hause angekommen, machte ich mich gleich an die Arbeit. Kurze Zeit später standen die Garnelen im Kühlschrank, ich legte eine Platte auf und stieg in die Badewanne. Ich schüttete ein Aromatherapie-Badesalz gegen Streß ins Wasser und schloss die Augen, während mir der Dampf die beruhigenden Düfte in Atemwege und Poren trug. Ich dachte an Wingo, und mein Herz wurde schwer und begann zu flattern wie ein Vogel in Not. Ich vergoß ein paar Tränen. Er hatte hier bei mir angefangen, dann aber die Stadt wieder verlassen, um weiterzustudieren. Nun war er wieder zurück und hatte nicht mehr lange zu leben. Es war zum Verzweifeln.
Um sieben Uhr stand ich wieder in der Küche, als Wesley pünktlich wie immer seinen silbernen BMW in meine Auffahrt lenkte. Er hatte noch denselben Anzug an wie vorhin.
In der einen Hand hielt er eine Flasche Cakebread-Chardonnay, in der anderen eine Flasche irischen BlackBush-Whiskey. Der Regen hatte endlich aufgehört, die Wolken zogen weiter an die nächste Front.
»Hi«, sagte er, als ich die Tür öffnete.
»Du hattest recht mit deiner Wettervorhersage.« Ich gab ihm einen Kuß.
»Ich verdiene ja nicht ohne Grund soviel Geld.«
»Das Geld stammt von deiner Familie.« Ich lächelte, während er mir ins Haus folgte. »Ich weiß, was das FBI dir zahlt.«
»Wenn ich so gut mit Geld umgehen könnte wie du, bräuchte ich keins von meiner Familie.«
In meinem Wohnzimmer ging ich gleich hinter die Bar, denn ich wusste bereits, was er trinken wollte.
»Black Bush?« vergewisserte ich mich.
»Wenn ich den bei dir kriegen kann. Du hast es doch tatsächlich geschafft, mich danach süchtig zu machen.«
»Solange du ihn aus Washington herschmuggelst, kriegst du ihn bei mir, wann immer du willst«, sagte ich.
Ich servierte den Whiskey auf Eis mit einem Schuß Selters.
Dann gingen wir in die Küche und setzten uns an einen gemütlichen Tisch vor einem Panoramafenster, aus dem man einen Blick auf meinen bewaldeten Garten und den Fluß hatte. Ich hätte ihm gern von Wingo erzählt und davon, wie ich mich seinetwegen fühlte. Aber ich durfte Wingos Vertrauen nicht enttäuschen.
»Kann ich zuerst etwas Dienstliches mit dir besprechen?«
Wesley zog sein Jackett aus und hängte es über eine Stuhllehne.
»Ich hätte da auch noch was auf dem Herzen.«
»Du zuerst.« Er nippte an seinem Drink und schaute mir dabei in die Augen.
Ich erzählte ihm, was der Presse alles zugetragen worden war, und fügte hinzu: »Ring ist wirklich ein Problem. So geht das nicht
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