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Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition)

Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition)

Titel: Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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äußerster Rücksichtslosigkeit zerstört worden war. Aber noch etwas anderes lauerte hier. Etwas jenseits des Todes und der Asche, etwas, das sich besser verborgen hielt als ein streunender Aasfresser, der inmitten der Ruinen auf Essbares gehofft hatte. Und dieses Etwas besaß üppiges, leuchtend rotes Haar und das schönste Antlitz, das Kenrick jemals erblickt hatte.
    Und so sicher er sich war, die Frau gesehen zu haben – wo auch immer sie hingelaufen sein mochte – , so sicher war er sich auch, dass sie nicht weit gekommen war.

2
    Bei Einbruch der Dunkelheit ließ der heftige Regen nach. Die Luft war feucht und salzig, da die Regenwolken vom Meer gekommen waren. Kälte drang in den leeren Wohnturm, als Kenrick die Steintreppe zu den verlassenen Gemächern hinaufstieg. Er war jetzt ohne Begleitung. Den alten Mann hatte er bereits vor Stunden fortgeschickt, denn nur so konnte er sich ungestört in der Burg umsehen, in der auch noch nach vierzehn Tagen ein stechender Brandgeruch hing. Allein die Steinmauern hatten den Flammen widerstanden.
    Kenricks Fackel flackerte im kalten Luftzug auf der gewundenen Treppe und warf lange, unheimliche Schatten auf die runden Wände. Wäre er für solche Dinge empfänglich gewesen, er hätte auch glauben können, dass ihn Geistererscheinungen umgaben, so lebendig war seine Erinnerung an die geliebten Menschen, die einst in diesem bescheidenen Wohnturm gelebt hatten. Am oberen Treppenabsatz hielt er inne, aufs Neue bestürmt von Bildern und Geräuschen aus glücklicheren Tagen.
    Fröhliches Lachen hallte in seiner Erinnerung wider. Die liebevollen Blicke, die Mutter und Sohn und die Ehepartner untereinander getauscht hatten, erschienen vor seinem geistigen Auge, als er das leere Familienzimmer im zweiten Stockwerk erreichte.
    Umgestürzt lag ein kleiner Tisch vor dem Austritt zum Söller, die Beine versengt. Sorgsam stellte Kenrick ihn wieder hin, wobei er versuchte, möglichst kein Geräusch zu machen, denn er wollte die heilige Stille des Ortes nicht stören. Vor dem Fenster, das mit Läden versehen war, standen noch immer Elspeths geliebter Lehnstuhl, der Webrahmen und das Tischchen mit ihrem Nähzeug. Alles lag so da, als sei die Dame des Hauses nur kurz weggegangen. Das Licht der Fackel fiel auf das entworfene Muster im Webrahmen, das eine ländliche Szene zeigte, halb fertig und nun von Rauch geschwärzt. Niemand würde diese Arbeit je zu Ende bringen.
    Traurig wandte sich Kenrick ab und warf einen Blick auf das große Bett, das die gegenüberliegende Wand der Kammer beherrschte. Leer und zerwühlt stand es noch immer so da wie in jenem Augenblick des großen Schreckens, als der Wohnturm von den Mordbrennern überfallen worden war. Offenbar war Rand aus dem Schlaf hochgefahren und gleich aus dem Bett gesprungen, um sich den Eindringlingen tapfer entgegenzustellen. Seine halb verbrannten Stiefel lagen noch vor dem kalten Kamin, aber sein Schwert und sein Dolch befanden sich nicht mehr in den Scheiden, die auf dem verkohlten Bett lagen, als habe er sie in der Eile dorthin geworfen und schließlich vergessen. Elspeth mochten nur wenige Augenblicke geblieben sein, um sich anzukleiden und den kleinen Todd zu holen, ehe ihr Zuhause in beißendem Qualm, Feuer und Tod untergegangen war.
    Sie alle mussten zutiefst erschrocken gewesen sein.
    Gebe Gott, dass sie nicht lange hatten leiden müssen.
    Plötzlich kam sich auch Kenrick wie ein Eindringling vor, als er in dem Gemach stand, in dem seine Freunde friedlich schlummernd in ihrem Bett gelegen hatten.
    Der Geruch des kalten Rauchs hing auch jetzt noch im Raum und an den rußgeschwärzten Wänden. Kenrick wandte sich wieder dem geschlossenen Fenster zu und löste den Riegel, um frische Luft hereinzulassen. Die kühle Nachtbrise umwehte ihn bald, herb und salzig.
    Kenrick lehnte sich ein wenig aus dem Fenster und atmete die frische Seeluft ein, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Der Drang, seinen Zorn in die Stille der Nacht hinauszuschreien, war einfach zu stark – selbst für einen Mann, der sich stets zu beherrschen wusste. Er musste sich die Wut und den Kummer von der Seele schreien, und so stieß er einen lauten Fluch aus.
    Die bitteren Worte hallten in seinen Ohren nach, und der Zornesschrei gellte durch die Nacht.
    Unten am Waldrand schlug sie die grünen Augen auf, der Blick war glasig und von Mattigkeit umwölkt. Der Schrei, von Kummer und Wut beladen, hatte die Stille der Nacht durchschnitten und sie aus dem Schlaf

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