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Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Titel: Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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etwas Glück finde ich in Egremont auch ein Boot, das mich nach Schottland bringt.«
    »Schottland?«, wiederholte Serena und fragte sich, was Rand in dem Land, das ihr ganz unbekannt war, zu tun gedachte. »Ist es weit bis nach … Schottland?«
    Er zuckte die Schultern und beugte sich wieder über den Bach, um sein Gesicht anzufeuchten. »Vielleicht zehn Tagesreisen von hier. Ich werde schneller sein, wenn ich entlang der Küste segle, anstatt zu Fuß durch das Land zu streifen.«
    Serena entging nicht, dass seine Bewegungen plötzlich steif wirkten. Seine Verletzungen sahen nicht mehr ganz so schlimm aus, waren aber noch nicht völlig verheilt. »Bist du sicher, dass du wieder so weit hergestellt bist, um die lange Reise in Angriff zu nehmen?«
    »Ich werde es schon schaffen«, sagte er. Das Wasser tropfte aus seinem Bart, als Rand ihr einen entschlossenen Blick zuwarf.
    Dieser kurze, harte Blick sagte ihr alles: Wenn es sein müsste, würde er nach Schottland kriechen , denn sein Verlangen, endlich Vergeltung zu üben, wurde allmählich übermächtig. »Dieser Ort, an den du gehen willst – wolltest du ursprünglich schon dorthin, bevor dich der Sturm an unsere Küste brachte?«
    Er schwieg einen Moment und nickte dann kurz.
    »Wartet dort dein Feind auf dich?«
    »Könnte sein. Ich hoffe nur, dass ich eher dort eintreffe als er.« Rand strich sich mit der flachen Seite der Klinge über den Oberschenkel und setzte sie dann an der Wange an. »Das ist meine einzige Hoffnung.«
    Serena sah zu, wie er die scharfe Klinge langsam über seine Wange zog, unterhalb des Ohrs bis seitlich hinab zum Hals. Die dunklen Barthaare klebten an der Klinge, die eine helle, glatte Bahn hinterließ. Rand spülte die Haare von der Klinge und setzte erneut an, wobei er weiterhin in den Bach schaute, der ihm als Spiegelfläche diente.
    »Warum hat dieser Mann deine Familie ermordet, Rand?«
    Die Schneide des Dolchs rutschte ein wenig ab und ritzte Rands Haut, doch das kümmerte ihn nicht. Er setzte die Klinge in einem anderen Winkel erneut an und zog eine weitere glatte Bahn auf seiner Wange. Ein dünnes Rinnsal schlängelte sich über sein Gesicht. Serena blickte auf die feine Blutspur, während sich das Schweigen in die Länge zog.
    Endlich antwortete Rand, aber er sah Serena dabei nicht an. »Er suchte etwas, das ich besaß, etwas von großem Wert. Ich hatte einem Freund versprochen, dass ich es mit meinem Leben schützen werde.«
    »Der Kelch, den du verloren hast«, mutmaßte Serena.
    »Nein, es ging um einen kleinen Gegenstand, der ihn zu dem Kelch geführt hätte.«
    »Aber den hast du ihm nicht überlassen?«
    »Ich hatte einen Eid geleistet«, sagte er mit leiser Stimme. »Ich stand zu meinem Wort.«
    Auffallend ruhig drehte er den Kopf ein wenig zur Seite und rasierte sich nun die andere Wangenpartie. Gleichmäßig glitt die glitzernde Klinge nach unten. Rand befeuchtete die Partien erneut, die ihm noch vom Bart geblieben waren. Dann hielt er inne und kniete mit gesenktem Kopf über dem Bach, das von der Strömung gebrochene Spiegelbild vor Augen.
    »Letzten Endes tat es nichts zur Sache. Die Angreifer, die in jener Nacht in meinen Wohnturm eindrangen, hatten nicht vor, einen von uns am Leben zu lassen. Kaum dass sie das Tor überwanden und die Brände legten, erkannte ich ihre bösen Absichten.«
    Serena schloss die Augen und spürte, wie die Gefühle jener schrecklichen, in Rauch gehüllten Nacht durch die Kraft der Ahnung wieder von ihr Besitz ergriffen.
    »Das tut mir leid«, flüsterte sie. Sie fühlte mit ihm, wollte die Hand nach ihm ausstrecken, fürchtete sich allerdings auch davor. Mehr von seinem Schmerz wagte sie nicht aufzunehmen, aber stärker als alles andere befürchtete sie, Rand werde ihr Mitgefühl zurückweisen. Es wäre nicht das erste Mal, dass er ihr über den Mund fuhr, wenn sie ihm Verständnis entgegenbrachte.
    »Es gibt Tage«, sagte er verbittert, »an denen ich bete, mein jetziges Leben möge nur ein Traum sein. Und dann wünsche ich mir, ich wäre in jener Nacht mit meiner Frau, meinem Jungen und all den Bediensteten, die auf meinen Schutz bauten, gestorben. Es erscheint mir nicht richtig, dass ich noch hier bin, es sei denn, um den Mann seiner gerechten Strafe zuzuführen, der für diese Morde verantwortlich ist.«
    »Du bist mehr wert, Rand, als nur, um dafür da zu sein, dies zu tun. Weißt du das denn nicht? Ich bin mir sicher, dass es mehr für dich gibt als die Rache, die dich

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