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Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Titel: Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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antreibt.«
    »Bei Gott.« Er schaute nun auf und lachte leise. »Hast du etwa vor, jedes gottverlassene Geschöpf zu retten, das an deine Küste gespült wird, Serena?«
    Er hatte einen scherzhaften Ton angeschlagen, aber Serena fühlte sich verletzt. Es fiel ihr schwer, seinem spöttischen Blick standzuhalten, daher schaute sie auf ihre Hände und gab vor, ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Beeren zu lenken. Sorgsam pflückte sie die tiefblauen Früchte und legte sie in das Körbchen. Rand fuhr mit der Rasur fort und tauchte den Dolch in den Bach. Serena hörte, wie die Klinge noch einige Male über seine Haut schabte, doch dann wurde es still, als er den Dolch zur Seite legte und sein Gesicht mit dem Saum seiner Tunika trocknete.
    »Und?«, fragte er. »Was hältst du davon?«
    Widerwillig hob sie den Blick und schaute zu dem Bach hinüber, wollte Rand allerdings am liebsten sagen, was für ein starrköpfiger Kerl er doch sei. Stattdessen schaute sie voller Erstaunen zu ihm auf.
    »Du siehst … ganz anders aus.« Sie legte die Stirn in Falten und schüttelte den Kopf. »Aus der Ferne würde ich dich nicht einmal erkennen.«
    Er lächelte gerissen und fuhr sich mit der Hand über das glatte Kinn. »Genauso war es gedacht.«
    Serena konnte nicht widerstehen, ihn genauer zu betrachten. Sie stellte das Körbchen zur Seite, erhob sich und trat neugierig zu ihm. Der feine Schnitt seiner Wangen und die markanten, beinahe streng wirkenden Linien seiner Mundpartie traten ohne die Barthaare deutlicher hervor. Sein Gesicht war eher schmal, die Züge unversöhnlich und doch eindrucksvoll. Er hatte ein Grübchen am Kinn, wie sie mit kaum verhohlenem Lächeln feststellte. Wie gern hätte sie ihn berührt, um herauszufinden, ob sich seine Haut, die so lange unter dem Bart verborgen gewesen war, weich anfühlte. Und jetzt, da die dunklen Haare nicht mehr vorhanden waren, wirkten seine Augen unter den dunkelbraunen, geschwungenen Brauen noch durchdringender.
    »Du hast ein hübsches Gesicht«, verkündete sie, von diesem neuen Anblick zu überwältigt, um ihre Bewunderung für sich zu behalten.
    Er schnaubte leise, und der Anflug eines Lächelns umfing seine Mundwinkel. »Elspeth sagte immer, dass ich ohne den Bart zu wild aussehe. Für ihren Geschmack war meine Kinnpartie zu kräftig. Du wirkst zu grimmig, sagte sie dann.«
    Zu ihrem Verdruss verspürte Serena plötzlich eine stechende Eifersucht, die sie nicht ohne Weiteres abschütteln konnte. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und zuckte die Schultern. »Ein ansprechendes Gesicht. Gut aussehend, würde ich sagen.«
    »Wirklich?«
    »Ja«, sagte sie, wobei sie sich bemühte, möglichst gleichgültig zu klingen. Sie wandte sich von ihm ab, um ihr plötzliches Erröten zu verbergen.
    »Gut aussehend«, wiederholte er und schien leicht verwirrt zu sein, aber auch sehr mit sich zufrieden.
    »Das sagte ich.« Serena wandte sich ganz von ihm ab und kehrte zu den Beerensträuchern zurück. Sowie sie wieder im Moos kniete, hielt sie inne und warf ihm einen nachdenklichen Blick zu. »Obwohl ich nicht sicher bin. Ich kenne ja sonst niemanden, den ich mit dir vergleichen könnte.«
    Er hatte sie wieder vor den Kopf gestoßen.
    Dabei hatte er sie für ihre hartnäckige Behauptung, es stecke etwas Wertvolles in ihm, nur necken wollen. Aber er merkte gleich, dass sein Scherz eine unbeabsichtigte Spitze in sich getragen hatte. Er hätte sich bei ihr entschuldigen sollen und hatte es noch vor, aber jetzt schien ihm Serena keine Beachtung mehr schenken zu wollen. Eigentlich hätte er erleichtert sein müssen, kam sich stattdessen aber wie ein ungehobelter Klotz vor. Wenn er mit Serena zusammen war, stellte er sich selbst infrage, seine Absichten – einfach alles.
    Und sie fand ihn gut aussehend.
    Womöglich hielt sie ihn auch noch für ein Untier. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, sie an diesem Morgen zu den Beerensträuchern zu begleiten. Nach der qualvollen Nacht, die er mit ihr in der Hütte verbracht hatte, schien es ihm in vielerlei Hinsicht unklug, jetzt schon wieder in Serenas Nähe zu sein.
    Doch schon bald wäre auch das bedeutungslos, denn es traf doch zu, dass er in wenigen Tagen den Wald in Richtung Egremont verlassen wollte. Er musste aufbrechen, ehe ihm die Sache mit Serena aus den Händen glitt.
    Rand entfernte sich von dem schmalen Bachlauf und setzte sich auf den moosigen Waldboden, während Serena schweigend mit ihrer Arbeit fortfuhr, mit ihren zierlichen Händen

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