Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)
lachte.
»Ich behaupte nicht, ein trefflicher Barde zu sein, und es war gewiss keine Lüge, dass es dir in den Ohren wehtun könnte, wenn ich zu singen anhebe. Aber es gab eine Zeit, da habe ich es versucht. Als ich noch ein Junge war, zog ich oft in Erwägung, zur Laute zu singen, anstatt die Kunst der Schwertführung zu erlernen.«
»Wirklich?« Serenas Augen weiteten sich vor Erstaunen.
»Natürlich habe ich es nicht gewagt, meinem Vater davon zu erzählen. Wir entstammen einer langen Linie von Rittern und anderen kriegserprobten Schurken. Mein Vater war ein guter Mann, aber er hätte mir Beine gemacht, hätte er erfahren, dass ich genauso viel Zeit auf meine Lieder wie auf meine Schwertübungen verwandte.«
Serena lächelte. »Dein Geheimnis ist bei mir sicher aufgehoben.«
Rand erwiderte das Lächeln. In ihrer Nähe fühlte er sich gelöst und entspannt. Es war ein eigenartiges Gefühl für ihn. In seiner Ehe hatte er diese Zufriedenheit nicht verspürt, nicht einmal in den ersten Wochen. Elspeths Gemüt hatte stets rasch zwischen Unbekümmertheit und tiefer Schwermut geschwankt, sodass er nie wusste, wie er ihre Stimmung einschätzen sollte. Stets war er auf der Hut gewesen, rastlos und angespannt.
»Was ist?«, fragte Serena und sah ihn mit ihren leuchtenden Augen an.
Sie war wie Balsam für seine Seele, diese unschuldige Waldnymphe mit den Händen einer Zauberin. Und sie verzauberte ihn wahrlich. Ihre Schönheit wurde noch durch das prachtvolle Grün des Waldes hervorgehoben. Behutsam liebkoste Rand ihr hübsches Antlitz, wobei er ihre lilienweiße Haut nur mit sanften Fingerspitzen streichelte. Mit einem Seufzer schmiegte sie ihre Wange in seine Handfläche, küsste ihn dort und hieß ihn wortlos willkommen.
Sie sprach stets so offen und selbstlos auf seine Zuwendung an. Wenn er ihr in die schönen Augen sah, fiel ihm die Vorstellung so leicht, für immer bei ihr zu bleiben und niemals diesen friedvollen Garten Eden an Englands Westküste zu verlassen.
»Ich habe versucht, Abstand zu wahren, Serena, aber jedes Mal ziehst du mich wieder an.« Rand folgte mit dem Daumen den feinen Linien ihrer Wange. »Und diese Hände sind zu rau für so viel Unschuld.«
»Nein«, wisperte sie, und ihre Lippen waren warm an seinen Fingern.
Sie küsste abermals seine Handfläche, worauf sich Rands Leib vor Verlangen verspannte. Er bewegte sich nicht und hielt den Blick gesenkt, denn er wollte Serena nicht anschauen und das Begehren in ihren Augen entdecken müssen. Es verlangte ihn mehr nach ihr, als ihm zustand, und er vermochte nicht zu sagen, wie lange er sich noch würde beherrschen können.
Ich bin verloren, dachte er.
Wenn sie ihn jetzt nicht abwies, wäre er verloren.
Serena legte die Hand auf seine glatt rasierte Wange. Ihre Berührung entflammte ihn. Er stöhnte auf, versuchte indes, sich ihrer Zärtlichkeit zu entziehen.
»Nein«, hauchte sie – es war nur ein Wispern in der Stille des Waldes. »Versuch nicht, mich zu schützen. Ich bin stark – das hast du selbst gesagt, weißt du noch?«
Jetzt hob er den Blick, unfähig, seinem Vorsatz treu zu bleiben. Sie lächelte ihn an, während ihr geschwungener roter Mund ihn in Versuchung führte, von ihren Lippen zu kosten. Ihr meerblauer Blick war unschuldig und doch weise.
»Wenn du verloren bist, dann bin ich es auch.«
Sie strich mit den Fingern über seine Wange, als müsse sie im Gedächtnis behalten, wie er sich anfühlte. Sie berührte seine Lippen, da konnte Rand sein Verlangen nicht mehr unterdrücken.
»Serena«, raunte er mit warnender Stimme. »Verflucht, was tust du?«
Rand vergrub seine Finger in ihrem losen Haar und umschloss ihren Nacken mit einer Hand. Ihre Lippen begegneten sich, zurückhaltend erst, dann drängender, und schließlich erwachte eine brennende Begierde in Rand.
Er musste ihren Leib an seinem spüren. Die Hand in ihre Rückenbeuge gelegt, drückte er sie sacht auf das weiche Moos. Das Körbchen mit den Beeren kippte um, und sogleich vermischte sich der Duft der Früchte mit der Hitze des aufflammenden Begehrens.
Rand ertastete eine der überreifen Früchte und steckte sie sich zwischen die Zähne. Dann beugte er sich mit der Gabe zu Serena hinab und schob sie ihr zwischen die Lippen. Die Beere zerplatzte unter dem Kuss, saftig und von betörender Süße. Serena sog die Beere ein und schluckte sie herunter. Rand vermochte kaum noch zu atmen. Nie hatte er etwas so Verführerisches gesehen wie Serenas volle Lippen, die
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