Der Kelim der Prinzessin
so deutlich, weil sie sich selber zwang, keinen Laut von sich zu geben. Das Tier kannte seinen Weg, es tastete nicht vorwärts - was Yeza zweifellos vorgezogen hätte -, sondern schob sich zielsicher wie ein Python durch das fremde unterirdische Reich. Yeza ärgerte es zwar, mit dieser Selbstverständlichkeit in Besitz genommen zu werden, aber sie harrte erwartungsvoll des Augenblicks, in dem sich die perfide Schlange häutete und sich in den Feuer speienden Drachen verwandelte. Sein
unberechenbares, sie immer wieder überraschendes Toben - gekonnt unterbrochen von zitterndem Innehalten, gedehntem Gleiten und kurzen schnellen Stößen - würde sie für alles entlohnen. Yeza hielt die Luft an, weil das Gefühl der sich anbahnenden Ohnmacht erfahrungsgemäß ihr Glücksgefühl noch steigerte. Sie wartete - nicht lange, doch vergebens! Rog schien es sich anders überlegt zu haben, der Python mutierte blitzschnell zur Blindschleiche, der schwarze Panther schnurrte zu einer Maus zusammen, die, ohne eine, wenn auch noch so törichte, Erklärung abzugeben, sich im Schutz der kratzigen Decke davonstahl. Yeza biss die Zähne zusammen und zwang sich, kein Wort zu sagen. Sie rollte sich zusammen, presste stumm vor Wut die Fäuste in den Schoß, bis ihre Erregung verklungen war, und suchte den Schlaf zu finden. Es war nicht das erste Mal, dass Rog sie schnöde um ihre Lust betrog und sich jeder Aussprache verweigerte. Yeza lag noch lange wach. Die verglimmenden Lagerfeuer der Beduinen leuchteten im Dunkeln wie glühende Augen.
Am nächsten Morgen brachen sie schon in aller Frühe auf, um die kurze Zeit der Frische zu nutzen, bevor die Hitze wieder einsetzte. Als Yeza einen letzten Blick zurückwarf auf das verlassene
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Lager, sah sie schon die ersten der über ihnen kreisenden Geier flatternd niederfahren, grad' auf die Stelle zu, wo zwischen den Felsen das verblutete Kamel lag.
KHAZAR UND DER KNABE BAITSCHU, die ständigen Begleiter des Gesandten, hatten den Bretonen zum
Rastplatz des Il-Khan gebracht, wo eine Wagenburg die Zelte Hulagus, seiner Frauen und seines Hofstaats hufeisenförmig umringte. Durch Wachen und Wartende wurde Yves ins Audienzzelt geführt, wo ihm ein Platz zugewiesen wurde, bis die Reihe an ihm sei. Während Khazar sich diszipliniert an das Redeverbot hielt, ließ es sich der junge Baitschu nicht nehmen, den Fremden flüsternd mit Erläuterungen zu versorgen zu dem, was sich gerade vor dem erhöhten Sitz des Herrschers abspielte. Die rundliche Matrone auf dem kleineren, leicht zurückgesetzten Thronsessel, das war natürlich Dokuz Khatun, die >Erste Gemahlin<, die Christin. Einem Pagen oblag es, eilfertig die Audienzsuchenden, Ankläger, Beschuldigten, Beschwerdeführer und Bittsteller, den Wünschen des erhabenen Hulagu entsprechend herbeizuholen, dem Oberhofmeister des Herrschers ihre Namen ins Ohr zu flüstern, den dieser dann dem Ersten Sekretär weitergab. Der hin und her hastende schlanke Page, der die Abgefertigten - nach wiederholtem Kotau - an ihren Platz zurückzugeleiten hatte, wenn sie nicht den Wachen übergeben wurden, hingegen schien Baitschu eines belustigten Kommentars wert.
»El-Aziz ist unsere Geisel! Sein Vater, der Sultan von Damaskus, hat ihn uns unaufgefordert hergeschickt wie ein Gastgeschenk, samt Bediensteten, Kämmerlingen und Leibköchen«, Baitschu konnte ein helles Lachen kaum unterdrücken, »damit es dem Prinzlein bei uns Barbaren an nichts mangelt.« Er blinzelte zu Yves, um sich dessen Einverständnisses sicher zu sein. Der Bretone hob jedoch nur die buschige Augenbraue, was alles bedeuten konnte, den Knaben aber ermunterte fortzufahren. »Dabei zeigt es nur, dass ihm am Leben seines Sohnes wenig liegt - und Damaskus nehmen wir uns sowieso!«
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Die Aufmerksamkeit des Gesandten richtete sich längst auf einen wohlbeleibten Würdenträger, der jetzt wie eine gewaltige Kugel vor den Thron rollte. Seine kurzen Beinchen waren kaum zu sehen.
Ein Herold verkündete: »Zur Huldigung ist erschienen: Der großmächtige Badr ed-Din Lulu, seines Zeichens Atabeg von Mossul!«
Der Dicke ließ sich ächzend auf den Bauch fallen, gestützt von zwei jungen Männern. Kaum hatten sie den Schnaufenden wieder aufgerichtet, warfen sie sich selbst zu Boden, während der Atabeg sich heftig atmend für sie verwandte.
»Die Prinzen Kaikaus und Alp-Kilidsch, Söhne des Sultans der Seldschuken, habe ich auf Wunsch ihres kranken Vaters mitgebracht, der diese weite Reise nicht überlebt
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