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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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nickten sich einverständig zu.
    »Euer wacher Filius Baitschu«, vertraute der Bretone ihm beiläufig an, »hat natürlich auch von der Strafexpedition vernommen und wollte partout mit gen Kurdistan ziehen. Ich habe mir erlaubt, es ihm auszureden.«
    »Recht habt Ihr getan, Herr Yves«, bestätigte ihm dankbar der
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    Vater, »der Knabe ist viel zu jung, um an einer solch unschönen -wenn auch unvermeidlichen - Aktion teilzunehmen.«
    Das forderte den Widerspruch Sundchaks heraus. »Wieso unschön? ! Verträgt ein junger Mongole nicht den Anblick der Köpfe auf den Mauern des besiegten Feindes?!«
    Yves enthob Kitbogha der Antwort. »Die Schönheit blutig aufgespießter Schädel ist letztlich eine Frage des Arrangements«, überforderte er geschickt den General, der sich geschmeichelt fühlte. »Doch für das Gemüt eines Knabens ist der vorausgehende Vorgang des Abschneidens nicht sonderlich zuträglich.«
    Sundchak grummelte Unverständliches über die mangelnde Härte und Ertüchtigung mongolischer Jugend und stapfte hinaus.
    »Wisst, Ihr, Herr Yves, was Ihr im Gemüt eines Fleischerhundes anrichtet«, Kitbogha ließ seiner Häme freien Lauf, »wenn Ihr ihm seinen Lieblingsknochen bepinkelt?«
    Aus der Chronik des William von Koebruke
    Ich hatte das Manuskript meiner Chronik sorgfältig im Glockenturm von Montjoie verborgen, war von Odoaker ungesehen aus dem Gemäuer entschlüpft - der Gute rupfte andächtig grummelnd die letzten frischen Kräuter im Küchengarten - und verbarg mich hinter einem der Grabsteine, bis er zufrieden wieder seinem Herd zustrebte, dann eilte ich hastig wie ein Dieb den von der Küche nicht einsehbaren Pfad hinab, bemüht, alsbald die schützenden Laubbäume des Tals zu erreichen.
    Es war gar nicht so einfach gewesen, ein geeignetes Versteck zu finden, die Zerstörung des Glockenstuhls hatte den Turm auch seiner vielleicht geeigneten Balkenkonstrukton beraubt, aber dann entdeckte ich, dass eines der Löcher in der Wand, die einst als Auflager dienten, tief genug in das Mauerwerk hineinragte, um meinen mit gewachstem Tuch umwickelten Batzen aufzunehmen. Ich verschloss die Höhle mit einem unauffälligen Stein, ließ die verschlüsselte Anweisung für Lorenz von Orta auf meinem Tisch
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    zurück und konnte nur hoffen, dass Odoaker sie ihm - trotz Kummer oder Wut über mein schnödes Verhalten -
    aushändigte. Ohne mich noch einmal umzudrehen, schritt ich munter fürbass, dem mit dem Roten Falken und den Freunden aus Jerusalem vereinbarten Treffen entgegen.
    Ich hatte schon den größten Teil meines Weges zurückgelegt, als nach einer Wegbiegung einige Ritter vor mir auftauchten, in lange schwarze Umhänge gehüllt, die Gesichter hinter Topfhelmen verborgen. Ich war spontan geneigt, sie für Templer zu halten, leuchtete doch das rote Tatzenkreuz auf ihrer Brust, zwar trugen gemeinhin Mitglieder dieses Ordens ihr Emblem groß und weithin sichtbar auf weißer Clamys und nicht wie diese dezent, kaum Handteller breit über dem Herzen. Doch als ich dann die schwarze Sänfte gewahrte, die im Hintergrund stand, wusste ich, dass sie zu den ausgewählten Dienern jener Macht gehörten, der auch ich mich verpflichtet hatte und vor der es anscheinend kein Entkommen gab - zumindest nicht für einen unbedarften Minoriten wie mich! Die »Schwarzen Templer« befanden es nicht einmal für nötig, mich anzusprechen. Stumm hielten sie den Schlag der Sänfte auf, ich fügte mich und bestieg ebenso wortlos das enge Gehäuse. Der Zug setzte sich mit mir in Bewegung. An meiner Lage hatte sich eigentlich wenig verändert, die geheime Macht, für die ich an der Chronik von den königlichen Kindern schrieb, hatte meinen kleinen Ausbruchsversuch vereitelt, den unzuverlässigen William abgefangen. Sie würde auch dafür sorgen, dass ich wieder auf den rechten Pfad geriet und meine Pflicht erfüllte. Hatte es Lorenz mir nicht schon warnend angekündigt?!
    DAS KLEINE MONGOLISCHE EXPEDITIONSHEER unter dem General Sundchak zog quer durch die
    nordsyrische Wüste gen Osten. Mit dem französischen Gesandten hatte der bullige General ein gewisses, von ihm mehr als Duldung gesehenes Einvernehmen hergestellt. Wie er dem neben ihm reitenden Bretonen kundtat, verließ er sich als

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    verantwortlicher Stratege auf die in diesem Gebiet verstreuten Oasen und die zahlreichen Burgen, deren Besitzer sich beizeiten unterworfen hatten und jetzt bereitwillig Wasser und Proviant zur Verfügung stellten. Die Hauptkarawanenstraße, deren

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